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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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von innen heraus zu glühen.
    »Die Insel Glass…«, murmelte Korinthius und riss staunend die Augen auf.
    Aber nicht Avalon… . dachte ich und erinnerte mich an die Geschichten, die ich gehört hatte. Die Ansammlung von Hütten, die sich wie Bienenkörbe am Fuß des Tor zusammendrängten, gehörte zu der kleinen Christengemeinde, die dort lebte. Das Avalon der Druiden lag in den Nebeln zwischen dieser Welt und dem Feenland.
    »Und da ist das Dorf der Menschen vom See…«, sagte unser Führer und deutete auf die Rauchfahnen, die hinter den Weiden emporstiegen. Er klatschte die Zügel an den Hals seines Ponys, und alle Pferde setzten sich eifrig in Bewegung, da sie das Ende der Reise spürten.

    »Wir haben Barke, aber Überfahrt nach Avalon geht nur mit Priesterin. Sie sagt, ob ihr willkommen. Ist wichtig, jetzt hinzugehen? Wollt ihr, dass ich rufe?« Der Häuptling wählte respektvolle Worte, doch seine Haltung zeugte von wenig Ehrerbietung. Dieses Volk war seit nahezu dreihundert Jahren Torhüter von Avalon.
    »Heute Abend nicht«, antwortete Korinthius. »Die Jungfrau hat eine lange, beschwerliche Reise hinter sich. Wir wollen sie noch eine Nacht schlafen lassen, ehe sie die vielen neuen Menschen in ihrem neuen Zuhause kennen lernt.«
    Dankbar drückte ich ihm die Hand. Ich konnte es kaum erwarten, nach Avalon zu kommen, doch jetzt, da unsere Reise zu Ende war, kam mir die schmerzliche Erkenntnis, dass ich Korinthius nie wiedersehen würde, und mir wurde erst jetzt bewusst, wie sehr mir der alte Mann ans Herz gewachsen war. Ich hatte geweint, als meine Amme starb, und ich wusste, dass ich auch weinen würde, weil ich Korinthius verlor.
    Die Menschen vom See brachten uns in einer der Strohhütten unter, die auf Pfählen über dem Sumpfland standen. An der Seite war ein langes Flachboot festgebunden, und eine knarrende Brücke verband sie mit dem höher liegenden Gelände. Die Dorfbewohner waren klein und von zarter Gestalt, hatten dunkles Haar und dunkle Augen. Mit meinen zehn Jahren war ich bereits so groß wie ihre Erwachsenen, doch die dunkelbraune Haarfarbe hatte ich von ihnen. Ich betrachtete sie neugierig, denn ich hatte gehört, dass meine Mutter von ähnlicher Statur gewesen sei wie sie, vielleicht aber waren meine Mutter und die Menschen vom See auch wie das Feenvolk.
    Die Dorfbewohner bewirteten uns mit Dünnbier, einem Fischgericht, mit Knoblauch gewürzter Hirse und flachen, im Steinofen gebackenen Weizenfladen. Nachdem wir dieses einfache Mahl zu uns genommen hatten, saßen wir noch am Feuer. Wir waren zu erschöpft, um uns zu regen, aber in Gedanken noch zu aufgewühlt, um zu schlafen. So sahen wir zu, wie das Feuer bis auf die Glut herabbrannte, die wie die untergehende Sonne leuchtete.
    »Korinthius, wirst du noch an mich denken, wenn du deine Schule in Londinium hast?«
    »Wie könnte ich meine kleine Jungfrau vergessen, hell wie ein Sonnenstrahl von Apollos, wenn ich versuche, lateinische Hexameter in die Dickschädel von einem Dutzend Jungen einzuhämmern?« Seine faltigen Gesichtszüge verzogen sich zu einem Lächeln.
    »Hier im Norden musst du die Sonne Belenus nennen«, sagte ich.
    »Ich meinte Apollo von den Hyboreanern, mein Kind, aber es ist ohnehin dasselbe…«
    »Glaubst du das wirklich?«
    Korinthius hob eine Augenbraue. »Hier und in dem Land, in dem ich geboren wurde, scheint ein und dieselbe Sonne, wenn wir ihr auch verschiedene Namen geben. Im Reiche von Idea sind die Prinzipien hinter den Formen, die wir sehen, alle gleich.«
    Mit gerunzelter Stirn versuchte ich, seinen Worten einen Sinn abzugewinnen. Er hatte versucht, mir die Lehren des Philosophen Plato zu erklären, doch es fiel mir schwer, sie zu verstehen. Jedem Ort, an den ich kam, wohnte der ihm eigene Geist inne, und sie waren so unterschiedlich wie menschliche Seelen. Das Land hier, das Sommerland, überall nur Hügel und Wald und versteckte Teiche, war Welten entfernt von den weiten, flachen Feldern und niedrigen Wäldchen um Camulodunum. Und wenn die Geschichten stimmten, die ich von Avalon gehört hatte, war es dort noch seltsamer. Wie konnten ihre Götter dieselben sein?
    »Ich glaube eher, dass du, meine Kleine, die das ganze Leben noch vor sich hat, mich vergisst«, sagte der alte Mann. »Was ist, mein Kind?«, fügte er hinzu, beugte sich vor und hob eine Locke an, die meine Augen verbarg. »Hast du Angst?«
    »Was ist, wenn… wenn sie mich nicht mögen?«
    Korinthius strich mir kurz über das Haar, dann lehnte
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