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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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geschenkt!«
    »Ein seltenes und wunderbares Geschöpf«, mischte sich Cigfolla ein, noch ehe Ganeda Worte fand. »Solche Geschenke werden nicht leichtfertig gewährt.«
    Die anderen Priesterinnen murmelten zustimmend. Einen Moment lang hing das geistige Donnergrollen noch in der Luft. Dann, als klar wurde, dass die meisten Priesterinnen mir Zuneigung entgegenbrachten, bezwang Ganeda ihren Zorn und brachte ein mühsames Lächeln zustande.
    »In der Tat ein schönes Geschenk«, sagte sie dünnlippig. »Aber die Halle der Priesterinnen ist nicht der richtige Ort dafür.«
    »Tut mir Leid, Herrin«, stammelte ich, »ich wusste nicht, wohin…«
    »Das spielt keine Rolle«, fiel Ganeda mir ins Wort. »Die Gemeinschaft wartet. Geh und begrüße jetzt deine anderen Schwestern.«
    Obwohl der Welpe noch aus meiner Tunika lugte, ließ ich mich dankbar von Cigfolla umarmen und atmete den Lavendelduft ein, den ihr Gewand ausströmte. Die Frau, die neben ihr stand, sah aus wie eine blassere Kopie von Ganeda. Auf den Armen trug sie eine kleine Tochter, deren Haare wie Feuer leuchteten.
    »Ich habe dein Gesicht in einer Vision gesehen, Kleine, und ich bin froh, dich begrüßen zu können! Ich bin deine Kusine Sian, und das hier ist Dierna«, sagte sie leise. Das kleine Mädchen grinste und entblößte seine ersten Zähnchen. Sie war so hübsch und pummelig, wie man es sich nur wünschen konnte. Neben ihrem flammenden Haar schien die Mutter noch blasser, als hätte sie ihre ganze Kraft an ihren Abkömmling weitergegeben. Oder vielleicht , dachte ich, war es das Aufwachsen in Ganedas Schatten, das die Kraft von ihr genommen hatte .
    »Hallo, Dierna.« Ich drückte die Patschhand.
    »Ich bin zwei!«, verkündete das kleine Mädchen.
    »Aber gewiss doch!«, antwortete ich nach anfänglicher Verwirrung. Offenbar war es die richtige Antwort, denn auch Sian lächelte.
    »Herzlich willkommen in Avalon«, sagte sie dann und beugte sich vor, um mich auf die Stirn zu küssen.
    Wenigstens ein Mitglied der Familie meiner Mutter war froh, mich zu sehen, dachte ich, und wandte mich der nächsten Frau zu.
    Während ich den Kreis abschritt, hatten einige der Frauen auch ein Tätscheln für den Welpen übrig, andere ein Wort des Lobes für meine verstorbene Mutter. Die Mädchen, die sich gerade zur Ausbildung auf der heiligen Insel befanden, empfingen mich mit entzückter Ehrfurcht, als hätte ich die ganze Zeit vorgehabt, die Hohepriesterin an der Nase herumzuführen. Roud und Gwenna hatten die rötlich blonde Haarfarbe der Keltenkönige, und Heron die dunkle, schmale Gestalt der Menschen vom See. Aelia war fast so groß wie ich, ihr Haar jedoch von hellerem Braun. Tuli, die mit der Würde ihrer bevorstehenden Weihe über sie wachte, und ihre jüngere Schwester Wren hatten helles Haar, kurz geschnitten wie das der anderen, und graue Augen. Es war nicht gerade die Art, wie ich ihnen hatte imponieren wollen, doch ob gut oder schlecht, der kleine Hund schien ein mächtiger Talisman zu sein.
    Dann war die förmliche Begrüßung beendet, und die feierliche Reihe löste sich in eine Gruppe schwatzender Frauen auf. Doch als die Mädchen mich mit sich nahmen und ins Haus der Jungfrauen führten, sah ich, wie Ganeda mich beobachtete. Mir wurde bewusst, dass meine Tante, wenn sie mich zuvor schon nicht leiden konnte, mich jetzt wahrscheinlich hasste. Ich war am Hof eines Prinzen aufgewachsen, und ich wusste, dass keine Herrscherin sich damit abfinden konnte, in ihren eigenen Hallen zum Gespött zu werden.

2. Kapitel
    A. D. 262-263
    »Aber wohin gehen die Menschen, wenn sie das Feenland besuchen? Ist dann nur der Geist auf Reisen, wie in einem Traum, oder geht der Körper wirklich zwischen den Welten hin und her?«
    Ich lag auf dem Bauch, die Sonne wärmte mir den Rücken, und Wrens Worte schienen tatsächlich aus einer anderen Welt zu kommen. Teilweise war ich mir bewusst, dass ich auf der heiligen Insel mit den anderen Jungfrauen auf der Erde lag und Suonas Lehren lauschte, doch mein Geist befand sich in einem merkwürdigen Zwischenstadium, in dem es sehr leicht fiel, gänzlich abzuschweifen.
    »Du bist doch hier, oder nicht?«, fragte Suona scharf.
    »Nicht so ganz…«, flüsterte Aelia und kicherte. Sie hatte wie gewöhnlich den Platz neben mir eingenommen.
    »Du hast die Nebel durchquert, um hierher zu kommen, sonst wärest du auf Inis Witrin gelandet«, fuhr die Priesterin fort. »Es ist leichter, nur im Geist zu reisen, doch auch der Körper kann
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