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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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verhält, ist Avalon der Außenwelt nicht so unähnlich.«
    »Es gibt andere Unterschiede«, sagte die Priesterin, »über die ihr etwas lernen werdet, wenn ihr in eurer Ausbildung etwas weitergediehen seid. Bestimmte Arten der Magie fallen hier leichter, weil wir uns auf einer Kreuzung der Kraftlinien befinden und aufgrund der Struktur des Tor… Aber das, was du sagst, ist zum größten Teil richtig.«
    »Aber das Feenreich ist nicht dasselbe«, warf Tuli ein. »Die Zeit vergeht langsamer, und seine Bewohner sind Zauberwesen.«
    »Das ist richtig, aber selbst dort kann ein Sterblicher wohnen, wenn er bereit ist, den Preis dafür zu zahlen.«
    »Was für einen Preis?«, fragte ich.
    »Er verliert den wunderbaren Wechsel der Jahreszeiten und die langsam erworbene Weisheit der Sterblichkeit.«
    »Ist das denn so schlimm?«, fragte Roud, deren rote Haare glitzerten, als ihr Zopf nach vorn fiel. »Wenn man schon in jungen Jahren scheidet?«
    »Wärst du gern für immer neun Jahre alt geblieben?«, fragte Suona.
    »Als ich neun war, war ich noch ein Baby!«, sagte Roud mit der Würde ihrer vierzehn Jahre.
    »Jedes Alter hat seine Freude und seine Erfüllung«, fuhr die Priesterin fort, »und die fehlen dir, wenn du dorthin gehst, wo Zeit ohne Bedeutung ist, jenseits der Kreise der Welt.«
    »Natürlich will ich erwachsen werden«, murmelte Roud. »Aber wer will denn schon alt sein?«
    Alle, dachte ich, wenn man Suona Glauben schenken wollte. Es fiel schwer, ihr das abzunehmen, wenn man mit jungen Augen durch die Bäume das Spiel der Sonnenstrahlen auf dem Wasser betrachtete, wenn man mit jungen Ohren dem Lied der Lerche lauschte, die sich in die Lüfte erhob, und wenn ein junger Körper vor Ungeduld zuckte, weil er es nicht erwarten konnte, mit Eldri durch das hohe Gras zu streifen, zu tanzen und frei zu sein.
    »Deshalb unternehmen wir unsere Reisen meist nur im Geiste«, fügte Suona hinzu. »Und im Augenblick hüpfen eure herum wie Lämmer auf der Weide. Wenn ihr bitte so freundlich sein wolltet, euch noch ein wenig zu konzentrieren. Wir haben noch zu tun.«
    Schade, dachte ich, nichts war so aufregend wie eine Reise ins Feenreich. Die Bewohner von Avalon, Priesterinnen und Priester gleichermaßen, waren nicht unablässig mit Ritualen beschäftigt. Wolle und Flachs mussten gesponnen, die Gärten gepflegt, Gebäude repariert werden. Ein Teil der Arbeiten indes erforderte das Herz ebenso wie die Hände. Jetzt, da die Früchte ansetzten, war die Zeit, mit den Geistern der Bäume zu arbeiten.
    »Nun setzt euch still hin und ruht auf der Erde…« Während die Priesterin redete, nahmen wir gehorsam die Meditationshaltung ein und setzten uns in den Schneidersitz wie der Gehörnte, wenn er die Tiere segnet.
    Ich schloss die Augen, und mein Atem ging wie von selbst in den langsamen, regelmäßigen Rhythmus der Trance über.
    »Seht diesen Obsthain vor eurem geistigen Auge - das Rauhe und Glatte der Rinde an den Apfelbäumen, das Glänzen der Blätter, wenn der Wind hindurchstreicht. Und jetzt fangt an, mit anderen Sinnen wahrzunehmen. Öffnet euch und berührt den Geist des Baumes vor euch. Spürt die Kraft, die ihn wie ein goldenes Strahlen umgibt.«
    Während sie mit gleichmäßiger Stimme weitersprach, verfiel ich in jenen passiven Zustand, in dem ein Wort Gestalt annahm, sobald ich es hörte. Ob ich es spürte oder mir nur vorstellte, vermochte ich nicht zu sagen, aber ich wusste, dass ich den Geist des Baumes berührte.
    »Lasst eure eigene Kraft nach außen fließen - dankt dem Baum für die Früchte, die er gegeben hat, und bietet ihm einen Teil eurer Energie an, um ihm dabei zu helfen, noch mehr Früchte zu tragen…«
    Mit einem Seufzer atmete ich aus und spürte, wie ich immer tiefer sank, während der Baum einen noch helleren Glanz annahm. Bald erkannte ich, dass ich nicht mehr die lodernde Form eines Baumes vor mir sah, sondern den leuchtenden Umriss einer Frauengestalt, die mir lächelnd die Arme entgegenstreckte. Einen Augenblick lang sah ich ein anderes Land vor mir, das noch schöner war als Avalon. Daraufhin strömte Freude wie eine Woge durch mich hindurch, die alle Vorsicht mit sich fortspülte.
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Rücken im Gras. Suona beugte sich über mich. Hinter der Priesterin sah ich Aelia, die mit blassem Gesicht und besorgtem Blick auf mich herabschaute.
    »Du solltest nur einen Teil deiner Energie einsetzen…«, sagte Suona streng und richtete sich auf. Schweißperlen
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