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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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grüne Insel.
    Es war jedoch noch mehr zu sehen als in meinem Traum. Ich hatte schon beinahe mit der Ansammlung von Holzhütten gerechnet, die ich vom Dorf am See kurz gesehen hatte, aber das war Inis Witrin, die Insel der Mönche. Wo sie gestanden hatten, befanden sich auf der anderen Insel, auf Avalon, Steingebäude. Ich hatte schon römische Gebäude gesehen, die größer waren, doch keine, die derart massiv und anmutig zugleich waren, versehen mit pfeilgeraden Steinsäulen, die oben spitz zuliefen. Im segensreichen Licht der Frühlingssonne schienen sie von innen her zu leuchten.
    Wäre ich der Sprache mächtig gewesen, hätte ich darum gebeten, das Boot anzuhalten und mir zu sagen, was jedes Haus darstellte, um ihre Harmonie zu begreifen. Doch das Land kam zu rasch auf uns zu. Im nächsten Augenblick knirschte das Boot mit dem Kiel über Sand und glitt ans Ufer.
    Zum ersten Mal lächelte die junge Priesterin. Sie erhob sich und reichte mir die Hand.
    »Willkommen auf Avalon.«

    »Sieh nur, Rians Tochter«, lief ein Flüstern durch die Halle. Ich konnte es deutlich hören, als ich eintrat.
    »Das kann nicht sein. Sie ist zu groß, und Rian ist doch erst vor zehn Jahren gestorben.«
    »Sie schlägt wohl ihrem Vater nach…«
    »Das wird ihr bei der Herrin keine Sympathien einbringen«, lautete die lachende Antwort.
    Ich schluckte. Es fiel mir schwer genug, so zu tun, als hörte ich es nicht, umso schwerer war es, mit der stolzen Haltung einer Tochter aus edlem Stande einherzuschreiten, wie es mir meine Kinderfrau beigebracht hatte, hätte ich doch am liebsten die Halle der Priesterinnen wie eine Bäuerin angegafft, die zum ersten Mal unter dem großen Torbogen von Camulodunum steht.
    Ganz unwillkürlich drängten sich ein paar Eindrücke von meiner Umgebung ins Bewusstsein. Die Halle war rund, ähnlich der Häuser, welche die Britannier zu bauen pflegten, ehe die Römer kamen, doch dieses Gebäude war aus Stein. Die äußere Mauer war nur mannshoch, und das schräge Dach wurde gestützt von einem Kreis aus Steinsäulen, verziert mit Spiralen und dreifachen Blüten, Zickzackleisten und umwunden mit verschlungenen Farbstreifen. Die Dachbalken trafen nicht aufeinander, und durch die kreisrunde Öffnung in der Mitte flutete Licht herein.
    Die runde Galerie lag im Schatten, doch die Priesterinnen, die dort standen, strahlten. Als Suona das Boot durch die Nebel steuerte, hatte sie eine Tunika aus Hirschleder getragen. Hier war ich umgeben von einem Meer aus dem Blau der Priesterinnen. Einige Frauen trugen wie Suona einen langen Zopf, der über ihren Rücken herabfiel, andere hatten die Haare hochgesteckt oder ließen sie offen. Das Sonnenlicht fiel auf ihre unbedeckten Köpfe, die hell, dunkel, silbern und bronzefarben glänzten.
    Alle Altersstufen und Körpergrößen waren vertreten, nur der blaue Halbmond zwischen den Augenbrauen war bei allen gleich - das und etwas Undefinierbares in ihren Augen. Ich kam zu dem Schluss, dass es eine heitere Gelassenheit war. Derartiges wünschte ich mir selbst sehnlichst, denn mein Magen schlug Purzelbäume vor Beklemmung.
    Achte nicht auf sie , sagte ich mir streng. Du wirst dein Leben lang mit diesen Frauen zusammenleben. Du wirst diese Halle noch so oft zu sehen bekommen, dass sie dir gar nicht mehr auffällt. Du musst jetzt nicht herumgaffen und brauchst keine Angst zu haben.
    Gerade jetzt , gingen meine Gedanken weiter, während die Frauen vor mir zur Seite traten und ich die Hohepriesterin erblickte, die auf mich wartete. Doch meine Unsicherheit kehrte zurück, als sich der Feenhund an meiner Brust zu rühren begann. Jetzt wusste ich, dass ich den Welpen lieber im Haus der Jungfrauen hätte lassen sollen, doch Eldri hatte geschlafen, und ich hatte das Gefühl gehabt, wenn er in einer fremden Umgebung aufwachte, würde er erschrecken und davonlaufen. Darüber, was geschehen mochte, wenn der Hund während meiner formellen Begrüßung in Avalon aufwachte, hatte ich nicht nachgedacht.
    Ich verschränkte die Arme, drückte das warme Fellknäuel an meine Brust und versuchte, den Hund auf diese Weise zu beruhigen. Eldri war ein Zauberhund - vielleicht hörte er meine stumme Bitte, sich ruhig zu verhalten.
    Das Raunen der Frauen verebbte, und es wurde still, als die Hohepriesterin die Hand erhob. Die Frauen stellten sich im Kreis auf, wobei die älteren Priesterinnen ihrer Herrin am nächsten standen, und die Jungfrauen, die unterdrückt kicherten, am Ende. Ich glaubte fünf gezählt
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