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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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lang hatte der geduldige introvertierte Schotte Buchan mit der Regelmäßigkeit einer Tontaubenschußmaschine eine Idee nach der anderen hervorgebracht, und Wright, der Engländer, hatte fleißig eine Tontaube nach der anderen abgeschossen. Gerrard hatte sie beide satt. Der eine schien den anderen auszuschließen, keiner brachte eine Lösung des Problems.
    Was sonst anregend und kreativ war, schien diesmal lächerlich und ärgerlich. Gerrard fragte sich, was Kramer sich dabei gedacht hatte, zwei Männer, die in Temperament, Einstellung und wissenschaftlicher Methode so gegensätzlich waren, zu engagieren. Bis jetzt hatten sie nur an einem größeren Projekt mit bemerkenswertem Erfolg gearbeitet: an der Entwicklung einer sich selbst auflösenden Plastikflasche. Eine Reihe verschiedener Modelle dieser Fla sehe schmückten nun die Rückwand, um jeden Besucher, dem der Zutritt zum inneren Heiligtum gestattet wurde, zu beeindrucken.
    Wie diese Plastikflasche jemals erfunden werden konnte, das – so dachte Gerrard – war ein Wunder. Er blickte auf das dritte Mitglied des Teams, Jim Scanion.
    Scanion war jünger als die beiden anderen, hatte ein frisches Gesicht, war ein wenig übereifrig; ein guter, eigentlich gesichtsloser Techniker mit ziemlich wenig schöpferischem Geist. Er wäre ein guter Verkäufer geworden, sagte sich Gerrard. Nun schien es ihm Spaß zu machen, die Meinungsverschiedenheiten zwischen Wright und Buchan anzustacheln und die beiden gegeneinander zu hetzen. Fairerweise mußte man zugeben: wurde er mit einer komplizierten Laboraufgabe betraut, arbeitete er absolut zuverlässig und präzise – ein wenig wie eine Maschine. Gerrard fragte sich, ob er sich wohl sexuell ebenso verhielt.
    Betty, die Sekretärin, brachte ein Tablett mit Teetassen herein. Sie setzte das Tablett auf dem Mitteltisch nieder und schloß diese Routinehandlung wie immer mit ihrem Lieblingssatz ab: »Will jemand Kuchen?«
    Diese Frage war rein rhetorisch. Wright schien überhaupt nie etwas zu essen, seine pingelige Sorge um sein Gewicht hielt ihn davon ab, auch nur einen Blick auf die zuckrigen, kremigen Kuchenschnitten zu werfen, die Betty heranschleppte.
    Buchan wiederum, ein großer Gourmet vor dem Herrn, würde sich nie mit so etwas wie Kuchen zum Tee seinen Appetit aufs Abendessen verderben.
    Die Männer starrten verdrießlich auf Betty, die den Tee servierte.
    »Uns fällt im Augenblick nichts ein, wir hören besser auf«, sagte Wright und zwinkerte Buchan durch seine Brille an, als wolle er ihn zu einer Antwort herausfordern. Buchan, ausgelaugt und mürrisch, schüttelte nur seinen Kopf, zuckte mit den Achseln und brummte: »Zweifellos.«
    Betty reichte Gerrard eine Tasse. Er trug sie zum Fenster und blickte auf die gelben Lichter hinaus, die auf der Straße blinkten. Es regnete wieder, und Gerrard dachte mit Sehnsucht an die Straßen seiner Heimatstadt in Kanada, die nun wohl schon weiß unter dem ersten Schnee lagen. Seine Gedanken wanderten zwei Jahre zurück zu seinem ersten Treffen mit Arnold Kramer. Damals war Kramer nach Kanada gekommen, um in Gerrards Universität ein Forschungsprogramm zu starten. Drei Monate hatten sie zusammen an Kramers Experimenten zur spontanen Auflösung von Plastik gearbeitet. Den Ergebnissen verdankte Gerrard eine neue Einstellung zu seinem Leben. Er dachte weiter zurück und durchleuchtete seinen Gemütszustand zu jener Zeit.
    Er war Arzt gewesen und hatte in einer kleinen Gemeinde im Staate Nordontario als Betriebsarzt für eine Bergwerksgesellschaft eine kleine Praxis betrieben. Er hatte Sharon kennengelernt, sie geheiratet und, von ihrer Ruhelosigkeit und ihrer Betriebsamkeit angesteckt, mit dreißig Jahren eine neue Karriere auf dem Gebiet der Experimentalbiologie versucht. Nach drei Jahren, als Kramer gekommen war, schien ihm das zunächst interessante Universitätsleben nur noch eine sterile Einbahnstraße ins Nichts. Kramer hatte eine hervorragende Ausbildung in Harvard genossen, seine Lehrer gehörten zu den besten Wissenschaftlern Amerikas. Er war ein Mann von gewaltiger Intelligenz, gleichzeitig war er eine dynamische Persönlichkeit und verfügte über eine hochentwickelte Kritikfähigkeit. Zunächst fand Gerrard es unmöglich, sich auf ihn einzustellen; er war von der schieren Gewalt des kreativen Potentials dieses Mannes verschüchtert, und es dauerte einige Zeit, bis er eine Beziehung zu Kramer herstellen konnte. Aber nachdem es einmal gelungen war, fand er auch den Kontakt zu
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