Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte
Autoren: Patrick Lee
Vom Netzwerk:
die sie bedient hatten.
    Tausend Fragen. Keine Antworten.
    Aber auch kein Bedarf an beidem.
    Das hier ging ihn nichts an, und diesen Menschen war nicht mehr zu helfen. Das war’s dann also. Höchste Zeit abzuhauen. Nach Coldfoot zurückzukehren und den lieben Leutchen in dem Burger-Imbiss zu erzählen, dass er eine schöne Wandertour ohne besondere Vorkommnisse hinter sich hatte.
    Er kehrte zu dem Riss in der Kabinenwand zurück, und dabei fiel sein Blick durch die offene Tür in der Trennwand weiter vorn. Dahinter befand sich ein Korridor von etwa dreißig Metern Länge, mit Fenstern auf der einen und Türen auf der anderen Seite, der nach vorne zur Flugzeugspitze führte.
    Er hatte bereits den Kopf und eine Schulter hinaus ins Freie gesteckt, als ihm nachträglich auffiel, was er da in dem Korridor gerade gesehen hatte.
    Er kniff fest die Augen zusammen, aber nicht wegen des gleißend hellen Schnees. Zehn Sekunden lang hielt er inne, wollte einfach nur, dass sein Körper sich weiterbewegte, um die Leichen und das Flugzeug und das ganze verfluchte Tal hinter sich zu lassen. Ein rascher Sprung hinab in den Schnee würde die Entscheidung besiegeln. Von da an würden seine Beine alles Weitere übernehmen.
    Stattdessen zog er den Kopf wieder ins Flugzeug zurück und blickte zum Korridor hinüber.
    Eine unterbrochene Blutspur, beinahe unsichtbar auf dem schwarzen Boden des Geräteraums, setzte sich auf dem beigen Teppichboden im Korridor fort und endete nach etwa fünfzehn Metern an einer Tür auf der rechten Seite. Zuvor war eine durchgehende Blutspur daraus geworden, flankiert von blutigen Handabdrücken. Es waren keine Schleifspuren, sondern Kriechspuren.
    Travis trat näher, bis an die Schwelle des Korridors. An der rechten Wand, gegenüber von den Plexiglasfenstern auf der linken, befanden sich vier Türen. Die Blutspur bog in die dritte Tür ein. In der Wand vorne an der Stirnseite des Korridors befand sich eine fünfte Tür, die vermutlich zum Treppenaufgang hinauf ins Oberdeck und zum Cockpit führte.
    Die Blutflecken auf dem Teppich waren braun, längst getrocknet; das Blut im Raum hinter ihm war nur deswegen noch flüssig, weil es in solchen Unmengen vergossen worden war. Falls der mörderische Angriff unmittelbar nach dem Absturz erfolgt war, hatte die verwundete Person drei lange Tage in dem Raum da vorne im Korridor vor sich hingesiecht. Ihre Überlebenschancen waren gleich null.
    Aber es würde nicht lange dauern, sich letzte Gewissheit zu verschaffen. Travis trat in den Korridor.
    Die erste Tür war in Brust- und Kopfhöhe von Einschusslöchern nur so durchsiebt, wobei die Schüsse offenbar sowohl aus dem Raum als auch von draußen abgegeben worden waren.
    Travis warf einen Blick in den Raum. An der äußeren Wand lagen zwei tote Männer, niedergestreckt hinter einem umgekippten Schreibtisch, wo sie offenbar Deckung gesucht hatten. Mit ihren Bürstenhaarschnitten, schwarzen Anzügen und Krawatten sahen sie aus wie Beamte des Secret Service – oder auch, überlegte Travis, wie beliebige Personenschützer hochrangiger Persönlichkeiten. Sie waren mit Schüssen in Brust und Hals zur Strecke gebracht und dann zur Sicherheit noch auf dieselbe Art exekutiert worden wie die Opfer im hinteren Raum.
    Im Gegensatz zu den anderen Leuten aber waren diese beiden bewaffnet gewesen. Und waren es auch jetzt noch.
    Es war eine Ewigkeit her, seit Travis das letzte Mal eine Schusswaffe in der Hand gehalten hatte, und während seines Aufenthalts in der Obhut der Gefängnisbehörde von Minnesota hatte er den Anschluss an die neuesten Entwicklungen in der Waffentechnik ziemlich verloren. Aber die Varianten des M1 6-Sturmgewehrs , die neben den Toten lagen, erkannte er auch so auf Anhieb.
    Er ging zu dem Gewehr hinüber, das ihm am nächsten lag, und hob es vom Boden auf. In dem transparenten Magazin befand sich noch etwa die Hälfte der, wie Travis schätzte, ursprünglich dreißig Patronen. Nachdem er das Gewehr an den Schreibtisch gelehnt hatte, begutachtete er das Magazin der zweiten Waffe, stellte fest, dass esnoch fast voll war, und nahm es an sich. In den Jackentaschen der Toten fand er zwei weitere volle Magazine. Sonst trugen sie nichts weiter bei sich, auch keine Ausweispapiere. Er steckte die Munition ein, nahm das Gewehr an sich und ging in den nächsten Raum.
    Was er dort fand, bereitete ihm größeres Kopfzerbrechen als die beiden Toten nebenan.
    In der Mitte des Raumes stand ein gut neunzig Zentimeter breiter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher