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GK078 - Das Todeslied des Werwolfs

GK078 - Das Todeslied des Werwolfs

Titel: GK078 - Das Todeslied des Werwolfs
Autoren: A.F.Morland
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Überall wucherten zottelige Haare, silbrig schimmernd. Es war ein Fell, das das Gesicht des Mannes bedeckte. Und es war eine Wolfsschnauze, die aus diesem Furchterregenden Gesicht hervorsprang. Dunkle Augen funkelten mordlüstern. Die lange, rosige Zunge leckte hungrig über die Schnauze, in der die Fangzähne des Raubtiers wie weiße Dolche blitzten.
    Es war ein Werwolf.
    Und er war auf der Suche nach einem Opfer.
    ***
    Bizarr geformt wallten die Nebelschwaden zwischen den Häusern.
    Sie flogen auf Alice zu, umtanzten sie, berührten sie mit ihren kalten Fingen am Nacken, gaben sie wieder frei um schwebten wie harmlose Gespenster, die keine Ruhe finden konnten, weiter.
    Alice fürchtete sich nicht.
    Sie war jede Woche bei Jane Bannister. Jane und Alice waren acht Jahre lang zusammen zur Schule gegangen. Ihn Freundschaft blieb auch nach der Schule bestehen. Einmal in der Woche trafen sie sich, dann wurde getratscht, gespielt, über Mode gesprochen. Ab und zu gingen sie auch gemeinsam aus.
    Es war nicht das erste Mal, dass Alice Rack so spät nach Hause ging.
    Eine nahe Turmuhr schlug zwölf Uhr. Dumpf hallten die Schläge durch die menschenleeren Straßen. Mitternacht! , dachte Alice. Geisterstunde!, sann sie amüsiert.
    Sie war zwanzig. Bestimmt gab es viele Mädchen in ihrem Alter, die es nicht gewagt hätten, um diese Zeit allein durch den unheimlichen Nebel nach Hause zu gehen.
    Doch Alice stand solchen Dingen furchtlos gegenüber. Sie war sehr sportlich und konnte gut laufen. Falls ihr wirklich mal ein übler Geselle in die Quere kommen sollte, würde sie ihm einfach davonrennen.
    Sie hörte Schritte hinter sich, ohne sich dabei etwas zu denken.
    Die Schritte kamen aus dem Nebel, Männerschritte.
    Alice überquerte die nächste Straße. Sie kam an einer großen Baustelle vor bei.
    HIER ERRICHTET DIE WEXTER INSURANCE EIN BÜROHAUS FÜR SIE stand auf einer mächtigen Tafel.
    Daneben waren die Namen der Baufirmen aufgeführt, die hier arbeiteten man hatte auch nicht vergessen, den Architekten zu erwähnen.
    Die Männerschritte hatten aufgeholt.
    Alice wandte sich um.
    Sie konnte wegen des Nebels, der hier um die Baustelle an Intensität zunahm, niemanden sehen.
    Ein wenig schneller ging sie weiter. Sie wollte nicht belästigt werden. Plötzlich waren die Schritte nicht mehr zu hören. War der Mann stehen geblieben?
    Eigenartig. Solange Alice die Schritte vernommen hatte, hatte sie keine Angst gehabt. Jetzt aber, wo sie nichts mehr hörte, wurde sie unruhig.
    Grundlos, wie sie sich einzureden versuchte.
    Trotzdem begann sie auf einmal so schnell zu gehen, dass nicht mehr viel gefehlt hätte, und es als Laufen zu bezeichnen.
    Ein Knirschen erschreckte sie.
    Es kam von der Baustelle her.
    Sie glaubte, den Grund für dieses Knirschen zu kennen. Und plötzlich begriff sie auch, weshalb sie die Schritte dort hinten nicht mehr hören konnte.
    Der Mann hatte die Baustelle betreten. Dort konnte er sich auf dem weichen Erdreich nahezu völlig lautlos vorwärtsbewegen.
    Vermutlich war er vorhin auf einen Stein getreten. Das hatte dieses Knirschen hervorgerufen.
    Gleichzeitig hatte dieses Geräusch dem Mädchen aber auch die Position des Mannes verraten. Alice hatte allen Grund, zu erschrecken, denn der Mann hatte nicht bloß aufgeholt, er hatte sie sogar schon überholt.
    Kein Zweifel. Der Mann war hinter ihr her. Welchen anderen Grund sollte dieses seltsame Verhalten haben?
    Er wollte etwas von ihr.
    Alice beschloss, die unmittelbare Nähe der Baustelle zu verlassen und auf der gegenüberliegenden Straßenseite weiterzulaufen.
    Sie wollte diesen Entschluss eben in die Tat umsetzen, da vernahm sie etwa fünf Meter von sich entfernt ein Knurren.
    Das Mädchen kreiselte erschrocken herum.
    Panische Angst befiel sie.
    Aus den wallenden Nebelschwaden schälte sich die Silhouette einer unheimlichen Gestalt.
    Zwei Furcht erregende Lichter glühten dem Mädchen aus der Dunkelheit entgegen.
    Sie brauchte wertvolle Sekunden, die ihr Leben vielleicht noch hätten retten können, bis sie begriff, dass diese Lichter Augen waren.
    Leuchtende Augen.
    In einem Wolfsgesicht.
    In dieser furchtbaren Minute hatte Alice Rack das Gefühl, den Verstand verloren zu haben.
    ***
    Hugo Brisson riss den Mund weit auf und ließ ein ehrlich gemeintes Gähnen hören. Dann rieb er sich die müden Augen und blickte auf seine vergoldete Taschenuhr. Ein Erbstück von seinem verstorbenen Vater. Sie ging zwar nicht mehr genau, aber sie war immer noch besser,
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