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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie
Autoren: Jens Weidner
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er ja nur mit den allerbesten Absichten gehandelt und sie in den höchsten Tönen gelobt.
    Machen Sie sich nicht angreifbar. Vermeiden Sie jedes Handeln – mag es Ihnen auch noch so banal und alltäglich erscheinen –, aus dem Ihnen ein pingeliger oder ehrgeiziger Kollege einen Strick drehen könnte.

Die Berufung auf höhere Instanzen
    Manche Führungskräfte verfügen über ein Selbstvertrauen, das schon fast an Omnipotenzfantasien grenzt. Das hindert sie aber keinesfalls daran, sich bei Fehlentwicklungen als »kleines Rad in einem großen Getriebe« zu definieren, das nur ausführt, was |199| andere anordnen. Diese Berufung auf höhere Instanzen befreit sehr effektiv von eigener Schuld und signalisiert Kritikern, dass die Verantwortlichen ganz woanders zu suchen sind.
    »Schuld«, so erklärte ein Berliner Bankier, »Schuld haben weltweite, nicht prognostizierbare Strömungen.« Nicht er, nicht seine Bank. Dass sein Kreditinstitut – von seiner Person ganz zu schweigen – aus der globalen Finanzkrise weitaus besser herauskommt als viele Unternehmen und deren Angestellte – also dafür trägt er nun wirklich keine Verantwortung.
    Selbst Vorstände mutieren dank dieser Strategie zu unschuldig Staunenden, die hilflos achselzuckend vor dem Lauf der Welt stehen. Da draußen agieren übermächtige Kräfte, gegen die man sich nach langem, hartem Kampf schließlich doch hat geschlagen geben müssen. Unglücklicherweise sind nun die Kunden – oder die Mitarbeiter – diejenigen, die diese Niederlage schmerzhaft zu spüren bekommen.
    Die beliebtesten Schuldigen sind:
der weit entfernt, irgendwo auf einem anderen Kontinent sitzende Vorstand, der harte, bedingungslose Forderungen stellt;
die Marktzwänge, die aus der Globalisierung erwachsen;
die renditeorientierten Aktionäre, die zufriedengestellt werden müssen;
die rücksichtslosen Mitbewerber, die sich wie Haifische gebärden.
    Wer diese Strategie anwendet, achtet darauf, dass in seinen Beteuerungen ein Körnchen Wahrheit steckt – so fällt Kritikern der Widerspruch schwerer. »Wer kann die Globalisierung und ihre Konsequenzen negieren – schließlich agiere ich international«, rechtfertigte ein Chemiemanager Entlassungen im großen Stil.
    |200| Bei der Strategie der Berufung auf höhere Instanzen stehen – wie die Kriminalsoziologen Sykes und Matza erklären – Normen und Prioritäten im Widerstreit miteinander. Wenn Sie die Prioritäten Ihrer Vorgesetzten kennen, wissen Sie, was Sie von ihnen zu erwarten haben:
Liegt die Priorität in der absoluten Gewinnmaximierung des Unternehmens, wird man Sie bei Nichterfüllung der Erwartungen schlicht opfern.
Liegt die Priorität der Führungsetage im Mitarbeiter- und Kundenwohl, wird die Bereitschaft bestehen, auf Ihre Belange einzugehen.
Liegt die Priorität Ihres Vorgesetzten primär in der eigenen materiellen Bedürfnisbefriedigung, werden kurzfristig ertragreiche Entscheidungen getroffen, die dem Unternehmen langfristig durchaus schaden können – aber wenn dieser Fall eintritt, ist Ihr Chef längst in einer anderen Firma.
    Wenn Sie die Prioritäten Ihrer Vorgesetzten kennen, wissen Sie, wie sie in der Regel entscheiden werden.
    Aber die Berufung auf höhere Instanzen ist kein Privileg von Topmanagern. Sie findet auch auf niedrigeren Hierarchieebenen Anwendung.
     
    Herr Schneiderwink ist ein ganz normaler, sympathischer Abteilungsleiter. An einem wunderbar sommerlauen Freitagnachmittag schaut er auf die Uhr: gleich 16.30 Uhr – der Feierabend winkt. Allerdings ist da noch die wichtige Kalkulation, die bis 19.30 Uhr beim Einkäufer Brezelmeier sein muss, denn die Deadline für das Angebot läuft heute aus.
    Da Schneiderwink findet, dass er in dieser Woche schon genug gearbeitet
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hat – und er hat wirklich viel gearbeitet, die 40-Stunden-Grenze hat er längst überschritten –, und er heute seinen kleinen Sohn noch sehen und ihm etwas vorlesen möchte – wozu er die ganze Woche nicht gekommen ist –, überlegt er also, welcher seiner Mitarbeiter das übernehmen könnte: Luise, Martin oder Walter.
    Walter will Schneiderwink nicht fragen; der Grantler würde glatt Nein sagen, und dann muss er, Schneiderwink, sich mit Walter anlegen und es am Ende anordnen. Das schafft nur eine ungute Stimmung. Martin hingegen wird über die Überstunden jammern und die längere Arbeitszeit erst mit seiner Frau abstimmen wollen. Die ist nämlich eifersüchtig und misstrauisch. Jedes Mal, wenn Martin etwas später nach
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