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Die Pension am Deich: Frauenroman

Die Pension am Deich: Frauenroman

Titel: Die Pension am Deich: Frauenroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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freischaltet. »Hier ist Monika«, meldet sie sich mit krächzender Stimme. Obwohl sie genau weiß, wer der Anrufer ist.
    »Hallo, Frank. Ich bin schon wieder in der Pension. Tante Elisabeth fühlte sich nicht wohl und wollte früh schlafen gehen.«
    »Ja, manchmal hat man richtig Glück. Bis gleich.«
    Monika ist während des Telefonats immer blasser geworden.
    Tomke sieht sie besorgt an: »Nun bleib mal ganz ruhig. Das klappt. Ich mixe dir zwei Tabletten unter die Bohnensuppe. Dann schmeckt man sie nicht.«
    »Zwei?«, wiederholt Monika entsetzt.
    »Ja, er ist ein stattlicher Mann. Sicher ist sicher.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, rauscht sie aus dem Zimmer. Monika lehnt sich wie erschlagen auf dem Sofa zurück.
    »Hör mal«, sagt Anne vorsichtig. »wenn dir das mit unserem Plan nicht gut geht, dann können wir das Ganze auch wieder abblasen«
    »Nein, nein«, wehrt Monika hastig ab. »Ich will. Ich muss. Ich kann nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen. Ich habe nur zwei Möglichkeiten: Etwas unternehmen oder feige abzuhauen.«
    Sie weicht Annes prüfendem Blick aus. Gleich wird Tomke mit dem Schlafcocktail zurückkommen und sie muss damit vor Frank auf dem Zimmer sein. Es ist zu spät für einen Rückzieher. Diese Susi ist bereits unterwegs. Der Film läuft und lässt sich nicht mehr anhalten. Warum eigentlich nicht? Was ist dabei? Sie kann sich sehr wohl noch dagegen entscheiden. Dann sind eintausend Euro in den Sand gesetzt. Es gibt schlimmeres. Stell’ Frank zur Rede. Ohne diese Theatervorstellung.
    Er wird zuhören. Er hat ein schlechtes Gewissen und es wird ihm leid tun. Gut, aber sie kann sich vorstellen, wie es weitergeht. Wenn er sich entschuldigt hat, wird es seiner Ansicht nach erledigt sein. Doch das wäre es nicht. Zwischen ihnen bliebe eine Kluft, ein Wust aus Gefühlen, ihre Verletzung, die sie nicht klar formulieren kann. Irgendwann wäre es nur noch Wut, vielleicht sogar Hass. Nein, nun kneif nicht. Trau dich mal was!
    Tomke ist zurück. Sie stellt ein Tablett mit zwei henkellosen, kleinen Tassen auf den Tisch. Sie sind mit der hochprozentig angesetzten Rosinenbowle gefüllt.
    »So trinken wir das normal. Pur. Gibt es immer zu Kindsgeburten. Seine Tasse ist die mit dem Goldrand. Verwechsle sie nicht.«
    Sie streicht Monika über die Schulter: »Nun mal Kopf hoch und los. Lieber einmal richtig Feuer unterm Hintern, als ein Schwelbrand. Ich sage dir, wenn es brennt, bewegst du dich. Am anderen erstickst du. Irgendwann.«
    Monika saugt ihre Worte regelrecht in sich hinein. Sie nimmt das Tablett und geht nach oben. Ja, Tomke hat vollkommen recht. Es muss einen Paukenschlag geben.
    Auf dem Zimmer knipst sie nur eine Nachttischlampe an und setzt sich in den Sessel ans Fenster. Gleich wird er kommen. Sie starrt auf die bewusste Tasse. Ihr Goldrand schimmert in dem diffusen Licht.
    Als unten die Haustür aufgeschlossen wird, beschleunigt sich Monikas Puls. Sie zwingt sich, sitzen zu bleiben und schaut wartend auf die Zimmertür. Die wird im nächsten Augenblick aufgerissen und Frank kommt hereingestürmt. Außer Atem und erhitzt. Er strahlt sie wie ein großer Junge an, greift ihre Hände und zieht sie zu sich hoch.
    »Na, meine kleine Heldin. Hast du das alte Scheusal heil überstanden?«
    »Ja, du weißt ja, wie sie ist«, murmelt Monika und löst sich aus seiner Umarmung. »Und im Leuchtfeuer? War es schön?«
    »Sahne. Aber ich konnte es nicht wirklich genießen. Ich musste die ganze Zeit an dich denken.«
    Frank schaut auf die vorbereiteten Tassen. »Was ist das denn?«
    »Ach, das.« Monika lacht befangen. »Das hat unsere Wirtin spendiert. Die sogenannte ostfriesische Bohnensuppe. Soll gut zum Einschlafen sein.«
    »Wirklich nett. Auch ihr Sohn. Ein feiner Kerl. Aber …«
    Frank zieht Monika fester an sich. »Eigentlich brauche ich nichts mehr trinken.«
    Er schiebt sie ein wenig von sich weg und umfasst ihr Gesicht mit beiden Händen. In seinen Augen spiegeln sich kleine Seen aus Liebe.
    Monika überkommt eine angenehme Schwäche. Sich einfach dieser Zärtlichkeit hingeben. Sich von ihr umarmen und tragen lassen und alles vergessen. Wie lange ist das her, dass er sie so angesehen hat? Der Gedanke ernüchtert sie schlagartig. Lange. Sehr lange. Als wäre sie unsichtbar geworden. Keine Frau mehr. Keine begehrenswerte. Gerade in den letzten Monaten, in denen sie entmuttert so ins Trudeln gekommen ist. Da hätte seine Aufmerksamkeit ihr Halt gegeben. Monika entzieht ihr Gesicht
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