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Die Pension am Deich: Frauenroman

Die Pension am Deich: Frauenroman

Titel: Die Pension am Deich: Frauenroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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seinen Händen. Sie ist plötzlich ganz ruhig.
    »Aber ich brauche noch ein Getränk zum Runterkommen. Tante Elisabeth, du weißt«, erinnert sie ihn.
    Frank nickt schuldbewusst. »Gut, dann trinken wir.«
    Bevor er sich ein Tässchen aussuchen kann, hält Monika ihm das präparierte entgegen.
    »Auf uns!«, sagt Frank feierlich und sieht seine Frau dabei eindringlich an.
    »Ja, auf uns«, erwidert sie und schafft es, seinem Blick standzuhalten.
    Als Frank sich auszieht und ohne Schlafanzug unter die Bettdecke huscht, hofft sie, dass die Tabletten schnell wirken. Ob sie es überhaupt tun? Manche Menschen reagieren völlig gegenteilig. Sie sind davon aufgedreht und können erst recht nicht einschlafen. Das hat sie letztens gelesen. Monika bleibt unschlüssig stehen.
    »Ich muss mich noch ausziehen«, erklärt sie unbeholfen.
    »Übernehme ich«, sagt Frank und breitet seine Arme aus. Monika rührt sich nicht vom Fleck.
    »Na komm«, lockt er sie und rollt sich ans Fußende. Bevor Monika reagieren kann, hat er sie zu sich aufs Bett gezogen. Für einen Moment bleibt sie stocksteif in seinen Armen liegen.
    »Aber den Gang für kleine Mädchen kannst du mir nicht abnehmen«, stammelt sie und versucht aufzustehen. Frank macht keine Anstalten sie loszulassen. Er beginnt mit sanftem Druck ihren Rücken zu massieren.
    »Lass mich eben auf Toilette gehen. Sonst kann ich gleich nicht mehr pinkeln.«
    Das wirkt endlich. Frank lacht leise. »Beeil dich«, raunt er ihr ins Ohr und gibt sie frei.
    Monika flüchtet ins Badezimmer. Sie dreht den Wasserhahn auf und stützt sich erschöpft auf den Waschbeckenrand. Als sie hochschaut, begegnet sie sich im Spiegel. Sie geht näher heran und sieht sich hilfesuchend in die Augen. Als könnte die Frau im Spiegel ihr eine Antwort geben. Keine Ahnung, ob man für so ein Anliegen beten darf, aber: »Bitte, bitte lass ihn schnell einschlafen. Ich halte das nicht länger aus. Ich kann ihn nicht noch einmal umarmen. Bitte, lass ihn schon eingeschlafen sein.«
    Sie hat keine Uhr um. Wie lange ist sie im Badezimmer? Auf jeden Fall sehr viel länger, als ein Toilettengang erfordert hätte. Vor allem, wenn nebenan ein liebesbereiter Mann wartet. Der nicht nach ihr ruft. Sollte er wirklich? Sie öffnet die Tür einen Spaltbreit und hätte sie am liebsten sofort wieder zugezogen. Frank ist wach. Er sieht ihr wartend entgegen. Monika nimmt sich zusammen und geht langsam zu ihm. Er hält seine Augen unnatürlich weit aufgerissen, als hätte er die berühmten Streichhölzer dazwischengeklemmt.
    »Komm her zu mir, mein Schatz«, nuschelt er und lächelt verlegen. »Ich habe dir zu viel versprochen. Ich bin plötzlich hundemüde. Tut mir leid.«
    Monika verkneift sich ein erleichtertes: »Das macht doch nichts.«
    Sie setzt sich zu ihm auf die Bettkante. Seine Hand fährt wie in Zeitlupe hoch und legt sich schwer auf ihrem Oberschenkel ab. Sie lässt die Berührung zu und bleibt sitzen. Es dauert nicht lange und Franks regelmäßige Atemzüge werden akustisch untermalt. Er schnarcht. Das macht er sonst nie. Sehr gut. Also schläft er tiefer als gewöhnlich. Monika nimmt vorsichtig seine Hand und legt sie auf dem Bett ab. Frank dreht sich auf die Seite und schläft friedlich schnarchend weiter.
     
    Im Wohnzimmer erwarten sie Tomke und eine attraktive junge Frau. Susi. Sie trägt Jeans und einen schlichten, lindgrünen Rollkragenpullover. Das lange, dunkle Haar fällt ihr mattglänzend über die Schultern. Sie sieht aus, wie man sich eine nette Schwiegertochter wünscht und nicht wie eine – eine Prostituierte. Monika gesteht sich ein, dass sie ein aufgedonnertes Luder in eng sitzendem Leder erwartet hat. Das Haar hochtoupiert, die Lippen mit Leuchtsignalfarbe überschminkt und umhüllt von einer Wolke aus süßem Parfüm. Susi nickt ihr freundlich zu und verlässt das Zimmer.
    »Weiß sie denn, wo sie hin muss?« Monika sieht ihr noch immer irritiert hinterher.
    »Klar weiß sie das. Mit dem Mädchen haben wir einen guten Griff gemacht«, beruhigt sie Tomke.
    »Meinst du? Sie sieht so – normal aus.«
    Für den Einwand erntet sie ein breites Grinsen.
    »Das hab’ ich auch erst gedacht. Aber bevor ich Bedenken anmelden konnte, hat Susi mir gleich den Wind aus den Segeln genommen. Sie hätte andere Klamotten dabei, hat sie mir erklärt. Wenn wir wollten, könnte sie sich aufbrezeln. Aber wozu? Sie soll ja nichts bieten außer nackter Haut. Da musste ich ihr recht geben und ganz nebenbei: sie wirkt so viel
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