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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin
Autoren: Conny Walden
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dichter wuchs. »Wir sind vor niemandem auf der Flucht, Fra Branaguorno!«, wandte er sich dann an den Mönch, der Arnulf als Begleitung auf seiner Reise zugeteilt worden war. Fra Branaguorno stammte angeblich aus Elbara, einem Dorf bei Mailand. Andere wiederum behaupteten, seine Mutter sei eine entlaufene Mauren-Sklavin aus Sizilien gewesen, die ihr Kind vor einem Kloster ausgesetzt habe, in der Hoffnung, dass es dort eine gute Erziehung erhalte und ein Leben in Gläubigkeit führen werde. Aber auch wenn manches Geheimnis die Vergangenheit von Fra Branaguorno zu umgeben schien, leuchtete sein Ruhm in der Gegenwart umso heller. Die besonderen Geistesgaben des Jungen mussten sich schon früh offenbart haben.
    Jedenfalls war Fra Branaguorno inzwischen für seine Sprachkundigkeit und Gelehrsamkeit berühmt. Während einer Zusammenkunft der Großen des Reichs, die Kaiser Otto III. in Verona einberufen hatte, waren die Dienste von Fra Branaguorno bei Verhandlungen mit Griechisch sprechenden Gesandten aus Konstantinopel benötigt worden. Da er außer Griechisch einige der Sprachen des Ostens zumindest in den Grundzügen kannte, die er auf einer Pilgerreise ins Heilige Land sprechen gelernt hatte, schien er der geeignete Mann zu sein, Arnulf von Ellingen bei der heiklen Mission zu begleiten, mit der er von Kaiser Otto betraut worden war. Davon abgesehen genoss Fra Branaguorno das persönliche Vertrauen des Kaisers. Beide teilten dieselbe Vision: die Vorstellung von einem Reich des Glaubens und einer Erneuerung des römischen Kaisertums im Zeichen der Christenheit. Was Carolus Magnus und Otto der Große begonnen hatten, wollte der jetzige Kaiser fortführen, und Fra Branaguorno hatte ihn darin in langen Gesprächen bestärkt.
    Mochte der dürre, blassgesichtige Mann, der trotz seiner grazilen Gestalt auf dem viel zu kleinen Schecken geradezu plump wirkte, auch als einfacher Bettelmönch auftreten, so hatten weder der Kaiser noch Arnulf von Ellingen je einen Mann von höherer Bildung und größerem Wissen kennengelernt. Arnulf war in Magdeburg selbst Zeuge einiger Unterhaltungen gewesen, die der Mönchsbruder mit dem beinahe noch jungenhaft wirkenden Kaiser geführt hatte. Und Otto, der selbst als hochgebildet und trotz seines jugendlichen Alters bereits als sehr kenntnisreich und belesen galt, war deutlich anzumerken gewesen, wie sehr er diesen mindestens ebenbürtigen Gesprächspartner schätzte.
    Otto vertraute Fra Branaguorno wie ansonsten nur wenigen in seiner Umgebung, und Arnulf von Ellingen gab sich keinerlei Illusionen darüber hin, dass ihm der Mönch auch deshalb zur Seite gestellt worden war, um ihn zu bewachen. Zu viel hing davon ab, dass die Mission von Erfolg gekrönt war, zu der man den Ritter von Ellingen auf die Reise in die östlichen Länder geschickt hatte.
    Länder, von deren Größe und Lage man in der Kaiserpfalz zu Magdeburg und selbst unter den Gelehrten der Abtei von Corvey nur eine sehr vage Vorstellung besaß.
    Außer Fra Branaguorno reiste noch jemand mit dem Ritter. Es handelte sich um einen siebzehnjährigen Jungen, der Arnulf als Knappe diente. Sein Name war Gero, und er war ein weitläufiger Verwandter jenes berühmten Gero, dem der Großvater des jetzigen Kaisers einst die slawischen Marken zwischen Elbe und Oder gegeben hatte. Manche nannten die Billunger Mark seither die Mark des Gero.
    Gero hatte aschblondes Haar und blassblaue Augen. Im Schwertkampf und beim Bogenschießen war Gero immer ein gelehriger Schüler gewesen, aber das Schreiben und Lesen hatte er früh aufgegeben. Vor der Beschäftigung mit langen Reihen von Zeichen, die auf Pergament gemalt waren, grauste ihm, und ihm fehlte die Geduld, lange genug zu üben. Nur durch ständige Übung entstand wahre Meisterschaft, wusste Arnulf. Darin unterschied sich der Schwertkampf nicht von der Kunst des Schreibens und Lesens oder dem Lautenspiel, das Gero im Übrigen weitaus besser beherrschte.
    Am besten verstand Gero sich auf den Umgang mit Pferden, und so traf es sich gut, dass die Versorgung von Arnulfs Pferd zu den Hauptpflichten des Knappen gehörte.
    Arnulf drehte sich zu Gero herum, deutete auf die Mauern und meinte: »Schau dir das ja nur gut an, Gero. So etwas wirst du vielleicht nie wieder zu Gesicht bekommen, es sei denn, unserem Herrn gelingt es, ein paar der Baumeister abzuwerben, die sich in dieser Stadt verdingen!«
    Dann trieb Arnulf sein Pferd wieder vorwärts, und Gero folgte seinem Beispiel.
    Die drei Männer ritten
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