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Die Olchis und die Gully-Detektive von London

Die Olchis und die Gully-Detektive von London

Titel: Die Olchis und die Gully-Detektive von London
Autoren: Erhard Dietl
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Mantelkragen hochgeklappt, aber trotzdem fröstelte sie in der feuchtkalten Januarluft.
    »Was für ein mistiges Sauwetter!«, murmelte sie. Ein schwarzes Taxi fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch eine Pfütze. Gerade noch konnte sie ausweichen. In der Hand trug Fritzi eine Einkaufstüte, darin waren Bananen, Joghurt, Toastbrot, Käse und vier Tafeln dunkle Schokolade.
    Mit schnellen Schritten überquerte sie die befahrene Straße und bog in eine ruhige Seitengasse ein. Die nassen Pflastersteine glänzten im Schein einer Laterne, und neben der alten Steinmauer huschte etwas Graues hinter eine Mülltonne. Fritzi zuckte erschrocken zusammen.

    »Ach du verwanzte Ratte!«, stieß sie aus.
    Hier in der großen Stadt London gab es angeblich über sieben Millionen Ratten. Fritzi hatte eigentlich keine Angst vor Ratten. Trotzdem erschrak sie jedes Mal, wenn ihr eine über den Weg lief.
    In der Mitte der dunklen Gasse blieb sie stehen und blickte sich um. Kein Mensch war zu sehen. Sie stellte ihre Einkaufstüte ab, dann öffnete sie einen Gullydeckel. Sie stieg in die runde Öffnung, zog den schweren Deckel hinter sich zu und kletterte über eine schmale Eisenleiter hinunter in den finsteren Kanal.
    Fritzi knipste ihre kleine Taschenlampe an. Hier unten war es so eng, dass sie ein wenig den Kopf einziehen musste. Trotzdem ging sie mit sicheren Schritten durch das feuchte Labyrinth, denn diesen Weg war sie schon oft gegangen, und sie kannte sich gut aus.
    Sie bog nach rechts ab und machte einen langen Schritt über einen kleinen Seitenkanal, in dem ein schmutziges Rinnsal floss. Der Schein ihrer Lampe traf auf zwei weitere dunkelgraue Ratten, die an der Wand entlangflitzten und sich in Sicherheit brachten.
    Endlich kam Fritzi in einen breiteren Gang, in dem sie bequem aufrecht gehen konnte.
    »Hallo, Mister Paddock!«, rief sie. »Bin wieder da!«
    Der Gang führte hinüber zu Mister Paddocks Büro. Paddock war ein grüner Olchi, der in London als Privatdetektiv arbeitete.
    Fritzi Federspiel wohnte nun schon eine ganze Weile bei ihm. Aber an die modrig-feuchte Umgebung hier unten hatte sie sich immer noch nicht richtig gewöhnt. Oft dachte sie mit Wehmut an das sonnige Gammelsberg, wo sie lange Zeit als Assistentin von Professor Brausewein gearbeitet hatte. Brausewein war ein berühmter Erfinder, und in seinem Eisenbahnwagen-Labor am Gammelsberger Bahnhof hatte Fritzi eine Menge gelernt. Besonders über das Leben von Olchis wusste sie seitdem sehr gut Bescheid. Gammelsberg war nämlich der Nachbarort von Schmuddelfing, wo bekanntlich die Olchi-Familie auf ihrer krötigen Müllkippe lebt.
    Fritzi fand Olchi-Kunde sehr spannend, und sie studierte mit großem Eifer das olchige Leben und alles, was damit zusammenhing. Irgendwann einmal, hoffte sie, würde sie ein großes wissenschaftliches Werk über die Olchis schreiben.
    Eines Tages hatte ihr Brausewein erzählt, dass es auch in England Olchis gab. Durch seine Vermittlung war sie schließlich hier im grauen London gelandet. Im unterirdischen Kanalbüro von Mister Paddock.
    Hier bei Mister Paddock konnte sie aufregende neue Olchi-Erfahrungen sammeln. Sie durfte sich im Detektivbüro nützlich machen, und weil sie sich so gut auskannte mit moderner Computertechnik, war sie Paddock tatsächlich eine große Hilfe.
    Doch so aufregend Fritzi das alles fand, London war eine ziemlich riesige Stadt und mindestens 1300 Kilometer von Schmuddelfing entfernt. Deshalb hatte Fritzi öfters schreckliches Heimweh. Und immer wenn das Heimweh kam, musste sie sich Schokolade kaufen. Vier Tafeln mindestens, denn Schokolade war das Einzige, was bei ihr gegen Heimweh half.
    »Hallo, Mister Paddock!«, rief sie noch einmal, als sie die Tür zum Büro öffnete.
    Der alte Detektiv saß auf einem rostigen Ölfass. Er hatte seine dicke grüne Knubbelnase in eine Zeitung gesteckt, wie immer auf der Suche nach interessanten Kriminalfällen.
    Auch heute trug er wieder seine altmodischen Gamaschenschuhe und den geflickten karierten Mantel. Seinen Hut, eine schwarze Melone, hatte er abgelegt. Obwohl Mister Paddock ein Olchi war, achtete er stets auf sein Äußeres. Gute Kleidung war ihm wichtig, doch selbstverständlich musste sie immer schön verschmuddelt sein.

    Sein fauler Gehilfe Dumpy lag wieder mal in der Ecke auf dem verschlissenen Sofa und schnarchte laut vor sich hin. Auch Dumpy war ein grüner Olchi. Er hatte seine schmuddelige Mütze tief ins Gesicht gezogen, und eine rostige Dose voll Tee stand
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