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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse
Autoren: Tomas Sedlacek
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dass der materielle Wohlstand umso größer ist, je mehr Laster es gibt. Es ist eine gewisse Ironie der Geschichte, dass Adam Smith sich scharf und ganz klar von der Idee der unsichtbaren Hand des Marktes, die Bernard Mandeville präsentierte, distanzierte.
    Heute richtet die Aufmerksamkeit der Ökonomen sich allmählich wieder auf die Ethik, und die Internalisierung von Normen gewinnt an Attraktivität. Man erkennt langsam generell, dass die Ökonomie in einer ethischen Umgebung, in der die Akteure sich an die Spielregeln halten, besser abschneidet. Angesehene globale Institutionen beginnen unter verschiedenen Bezeichnungen (Qualität des betrieblichen Umfeldes, Corporate Governance, Transparenz, Einbeziehung informeller Institutionen usw.), sich mit Forschungen zum Einfluss der Ethik auf die Ökonomie zu befassen. Die Aufmerksamkeit wendet sich wieder dem Beginn zu, dem hebräischen Konzept, dass mehr Ethik für die Wirtschaft besser ist. Dieser Auffassung hätte Adam Smith zugestimmt.  [162] Und bei diesen Anfängen spielte der aufreizende Dichter Bernard Mandeville eine wichtige Rolle.
Die Geburt des Homo oeconomicus
    Bisher war ich davon ausgegangen, dass es auf der Welt noch nie ein anderes Buch wie die Werke von Machiavelli gegeben habe. Doch Mandeville geht weit darüber hinaus.
    John Wesley   1
    Auch wenn Mandeville etwas im Schatten anderer, bekannterer Namen steht, war er der Erste, der sich explizit mit der Ökonomie, dem wirtschaftlichen Wohl und deren Zusammenhängen mit der Moralität beschäftigte. Er war der Erste, der die unbeabsichtigten positiven gesellschaftlichen Auswirkungen der Handlungen des Einzelnen systematisch wahrnahm und offen postulierte, dass das Allgemeinwohl auf Egoismus aufgebaut werden kann (und muss!). Er brachte seine Ideen auf ungemein kühne, provozierende und originelle Weise vor. Im Rückblick sind Hinweise darauf zu erkennen, dass manche seiner Thesen schon in viel älteren Schriften zu finden sind (bei den Sumerern und Hebräern sowie in der Lehre Thomas von Aquins, wie ich ja gezeigt habe). Doch Mandeville war eindeutig derjenige, der das Konzept in das westliche Mainstream-Denken einführte, dass moralische Laster des Einzelnen dem Ganzen wirtschaftlichen Wohlstand bringen können. Aus dieser Perspektive betrachtet muss Mandeville, nicht Smith, als erster moderner Ökonom gelten.
    Einzigartig an Mandeville ist auch, dass er wirtschaftliche Themen in Verse fasste. In kurzen, lebendigen Gedichten erschafft er einen originellen Gedankenkomplex, der völlig außerhalb aller moralischen und gesellschaftlichen Konzepte liegt, die vor ihm veröffentlicht wurden.
Die ehrlich gewordenen Schurken
    Große Ideen werden fast immer von Kontroversen begleitet. Bernard Mandevilles Geschichten riefen zur damaligen Zeit einen heftigen Skandal hervor – wir werden sehen, dass auch Adam Smith zu denen gehörte, die großen Anstoß nahmen. Ja, eben der Adam Smith, den die Ökonomen gewöhnlich als Verfechter von Mandevilles Ideen betrachten!
    Ursprünglich verdiente Mandeville sich seinen Lebensunterhalt damit, dass er Märchen übersetzte und verfasste. Seine Bekanntheit verdankt er einem einzigen Werk, das auf öffentliche Akzeptanz stieß: Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile . Die in Versform geschriebene Fabel erschien erstmals 1714, rief aber erst 1723, in einer Neuausgabe, einen Skandal hervor. Mandeville fand sich plötzlich im Mittelpunkt einer der hitzigsten Debatten des 18. Jahrhunderts wieder. Die Zahl seiner Kritiker wuchs rasch, bekannte Personen wie George Berkeley, Francis Hutcheson, Archibald Campbell, John Denis und Adam Smith gehörten dazu. Smith kanzelte Mandevilles Lehre als »fast in jeder Hinsicht irrtümlich« ab. 2 Der englische Theologe John Wesley verglich Mandeville in seiner Verderbtheit mit Machiavelli. Mandevilles Ideen wurden gerichtlich verboten, in Frankreich wurde sein Buch von Scharfrichtern auf den Straßen verbrannt. Für viele war er der Antichrist; selbst David Hume und Jean-Jacques Rousseau schlossen sich seinen Gegnern an.
    Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung einer florierenden Gesellschaft, die in ihren Charakteristika dem System im damaligen England entspricht. Hier blüht unter der Maske einer scheinbar friedlichen Gesellschaft das Laster. Es gibt keinen Handel ohne Betrug, keine Obrigkeit ohne Bestechung und Korruption.
    Trotz all dem sündlichen Gewimmel
War’s doch im ganzen wie im Himmel. 3
    Doch die Bienen
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