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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse
Autoren: Tomas Sedlacek
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wir die Wahrheit bekommen? Wer ist in unserer Epoche »im Besitz« der Wahrheit?
Praktische Aspekte und Definitionen
    Wenn es in diesem Buch um die Ökonomie geht, ist ihre Wahrnehmung im Mainstream gemeint, die vielleicht am besten durch Paul Samuelson repräsentiert wird. Unter dem Homo oeconomicus wollen wir das Grundkonzept der ökonomischen Anthropologie verstehen. Es ergibt sich aus der Vorstellung vom rationalen Individuum, das aus ganz egoistischen Motiven heraus danach strebt, seinen Nutzen zu maximieren. Die Frage, ob die Ökonomie überhaupt eine Wissenschaft ist, soll uns hier nicht beschäftigen. Obwohl ich sie hin und wieder als Sozialwissenschaft bezeichnen werde, meine ich damit oft nur das Gebiet der Ökonomie. Doch die »Ökonomie« umfasst mehr als nur die Produktion, die Zuteilung und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen – sie erforscht die menschlichen Beziehungen, die sich manchmal in Zahlen ausdrücken lassen, sie befasst sich mit handelsfähigen Gütern, aber auch mit nicht handelsfähigen (Freundschaft, Freiheit, Effizienz, Wachstum).
    Ich habe in meinem Leben drei wichtige Erfahrungen machen dürfen. Ich habe viele Jahre lang in der akademischen Welt gearbeitet, theoretische Ökonomie studiert, erforscht und gelehrt und mich mit metaökonomischen Problemen beschäftigt. Außerdem war ich lange wirtschaftspolitischer Berater unseres früheren tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel, unseres Finanzministers und schließlich auch unseres Premierministers (im Hinblick auf die praktischen Anwendungen der Volkswirtschaftslehre). Zudem schreibe ich mit Vergnügen regelmäßig Kolumnen für unsere führende Wirtschaftstageszeitung, in denen ich praktische und philosophische Aspekte der Ökonomie für ein breites Publikum aufbereite. Das hat mich die Grenzen und Vorteile der verschiedenen Seiten der Ökonomie erkennen lassen. Diese drei Facetten (Was ist der Sinn der Ökonomie? Wie können wir sie praktisch nutzen? Wie können wir auf verständliche Weise Verbindungen zu anderen Gebieten herstellen?) haben mich schon immer beschäftigt. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis.

TEIL I ÖKONOMIE IN FRÜHEREN ZEITEN

6 BERNARD MANDEVILLES BIENENSTOCK DES LASTERS
    Der Allerschlechteste sogar
Fürs Allgemeinwohl tätig war.
    Bernard Mandeville
    In meinem Kapitel zum Alten Testament habe ich darauf hingewiesen, dass die Ethik aus dem ökonomischen Mainstream-Denken verschwunden ist. Debatten über die Moralität galten als eher luxuriöses Sahnehäubchen auf dem Kuchen der Profitabilität und des Wohlstands. Die Ethik war für die Ökonomen uninteressant und irrelevant geworden. Es war nicht nötig, über sie zu sprechen; man konnte sich ja auf die unsichtbare Hand des Marktes verlassen – sie würde private Laster (wie Selbstsucht) schon in Allgemeinwohl (wie Wachstum bei der Effizienz) verwandeln. Auch das ist eine Ironie der Geschichte: Wir werden sehen, dass die Idee der unsichtbaren Hand des Marktes in Wirklichkeit aus moralischen Untersuchungen heraus entstand, die Frage der Moralität aber etwa 100 Jahre später verloren ging und die Ökonomie die Ethik ganz abstreifte. Es kam zu einem ungewöhnlichen Umschwung – Adam Smith, Thomas Malthus, John S. Mill und John Locke, die großen Väter der klassischen liberalen Ökonomie, waren in erster Linie Moralphilosophen.  [161] Ein Jahrhundert danach war die Ökonomie jedoch eine mathematisierte und allokative Wissenschaft geworden, in der es von Kurven, Gleichungen und Tabellen wimmelte und kein Platz mehr für die Ethik war.
    Wie konnte es dazu kommen? Einen wichtigen Teil der Antwort finden wir bei Bernard Mandeville. Er ist zwar nicht so bekannt wie Adam Smith, aber der wahre Vater der Idee der unsichtbaren Hand des Marktes in der Form, die wir heute kennen. Die Theorie der unsichtbaren Hand des Marktes, die derzeit fälschlich Adam Smith zugeschrieben wird, hat der Moralität der Ökonomie einen dicken Stempel aufgedrückt. Ihr zufolge spielt die private Ethik keine Rolle; alles, was geschieht, sei es nun moralisch oder amoralisch, trägt zum Allgemeinwohl bei. Da kann leicht der Verdacht aufkommen, dass die Ethik gerade in dem Augenblick, als das Prinzip der unsichtbaren Hand trivialisiert wurde, ihre Relevanz verloren zu haben scheint. Das ursprünglich universelle Konzept des Zusammenhangs zwischen Ethik und Ökonomie, dem wir schon im Alten Testament begegnen, wurde auf den Kopf gestellt. Mandeville begründete die Auffassung,
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