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Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse

Titel: Die Ökonomie von Gut und Böse - Sedlacek, T: Ökonomie von Gut und Böse
Autoren: Tomas Sedlacek
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beklagen sich, sie sind überzeugt, dass sie in einer gerechten, ehrenhaften Gesellschaft ein besseres Leben hätten. Ihr Gott, Jupiter, erhört sie und verwandelt sie in ehren- und tugendhafte Wesen.
    Wie still’s nun im Gerichtssaal war!
Der willige Schuldner zahlte bar,
Selbst was der Gläubiger vergaß,
Der’s dem erließ, der nichts besaß.
Die jetzt im Unrecht waren, schwiegen
Und ließen die Prozesse liegen … 4
    Doch was passiert? Der Bienenstock blüht keineswegs, die Bienen leben nicht besser, sondern das genaue Gegenteil tritt ein. Viele Bienen verlieren ihre Arbeit. In einer Gesellschaft, in der man weder Gitter an den Fenstern noch Eisenbeschläge an den Türen braucht, kann sich ja nur eine kleine Zahl von Schmieden ihren Lebensunterhalt verdienen. Auch Richter, Staatsanwälte und Verteidiger verlieren ihre Arbeit, eine bürokratische Überwachung der Durchsetzung des Gesetzes ist ebenfalls nicht mehr erforderlich. Da Luxus und Völlerei verschwinden, haben die kleinen Leute – Bauern, Diener und Dienstmädchen, Schuhmacher und Schneider – unter der gesunkenen Nachfrage zu leiden. Das nun friedliebende Bienenvolk braucht sich auch nicht mehr zu bewaffnen. Die Fabel nimmt ein unrühmliches Ende: Der Stock stirbt aus, nur ein kleiner Teil der Bienen überlebt, da die anderen nicht mehr benötigt werden und sich nicht mehr ernähren können. Schließlich werden sie von einem anderen Schwarm aus ihrem Stock vertrieben und finden in den Überresten eines umgestürzten Baums Zuflucht.
Ode auf das Laster: Die Quelle des Wohlstands der Nationen
    Stolz und Eitelkeit haben mehr Hospitäler erbaut
als alle Tugenden zusammengenommen.
    Bernard Mandeville 5
    Mandeville wird zum bitteren Spiegel seiner Zeit. Er verfolgt nur ein einziges Ziel: uns unsere Heuchelei aufzuzeigen.  [163] Wir wettern gegen das Laster und versuchen um jeden Preis, es auszurotten – doch andererseits ist es die Quelle unseres Wohlstands. Mandeville lebte zwar in einer Gesellschaft, in der es als angebracht galt, das Laster zu verfluchen, doch er weist selbst darauf hin, dass wir gerade den (verhassten) Lastern sehr viel verdanken. Daher beschließt er, das Laster nicht zu verdammen, sondern ihm eine Ode zu widmen. Der Bienengott schickt Tugend als Bestrafung für die Heuchelei des Bienenvolks, weil dessen Sünde kein Laster war, sondern Heuchelei. Mandeville entschuldigt das Laster jedoch nicht – er betrachtet es weiter als Laster. Trotz all ihrer Bemühungen wird die Gesellschaft das Laster nie loswerden:
    Dies … würde ich … naturgemäß erwarten, wenn die Menschen durch irgend etwas, was man ihnen sagt, gebessert werden könnten. Indessen, die Menschheit ist trotz der vielen lehrreichen und gediegenen Schriften, die ihre Vervollkommnung bezwecken, so lange Zeiten hindurch die gleiche geblieben, daß ich nicht eitel genug bin, von einer so unbedeutenden Kleinigkeit besseren Erfolg zu erwarten. 6
    Mandeville ist sogar der Ansicht, »daß die menschlichen Laster von großen und mächtigen sozialen Gemeinschaften untrennbar sind« 7 . Er vergleicht das Laster mit dem Schmutz auf den Straßen – ja, er ist eine unerfreuliche Sache, er verdreckt uns die Schuhe und die Kleidung, verlangsamt unser Vorankommen und beeinträchtigt die Ästhetik, doch er ist ein untrennbarer Bestandteil aller Städte. Schmutzige Straßen sind »ein notwendiges … Übel« 8 , jeder Augenblick muss »neuen Schmutz hervorbringen« 9 . Wenn aber ein Volk beschließen sollte, das Böse auszureißen (eine derartige Veränderung kann Mandeville sich allerdings nicht ohne ein Wunder und direktes – und, darauf muss man hinweisen, bösartiges – göttliches Eingreifen vorstellen), müsste es dafür einen hohen Preis zahlen. Das Laster ist für die Gesellschaft nämlich von Vorteil:
    Wie hat’s ein solches Land doch gut,
Wo Macht ganz auf Verbrechen ruht! 10
    Mandeville zufolge sollten wir für das Laster und Amoralität dankbar sein, da sie uns Vollbeschäftigung und einen lebhaften Handel bescheren und de facto die Grundlage des Wohlstands der Nationen sind. Um es in der Sprache unserer Zeit auszudrücken: Das Laster ist ein Multiplikator der effektiven Nachfrage, der zum Wirtschaftstreiber wird. Adam Smith suchte nach der Ursache des Wohlstands der Nationen – Mandeville fand sie in der Verbindung der Laster mit einem Wirtschaftssystem.
    Die Sucht, …
Stets ein Objekt des Spottes zwar,
Des Handels wahre Triebkraft war. 11
    Wenn wir die Existenz einer
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