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011 - Der grüne Brand

011 - Der grüne Brand

Titel: 011 - Der grüne Brand
Autoren: Edgar Wallace
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    »Wenn es ein Gesetz gibt, das verbietet, was ich vorhabe, dann mußt du es umgehen, Jim! Du bist Rechtsanwalt und kennst dich aus, du wirst es schon schaffen - außerdem bist du mein bester Freund . . .« Der Sterbende sah den Mann an, der auf einem Stuhl neben seinem Bett saß, und las in seinen Augen warmes Verständnis für diese Bitte.
    Man konnte sich kaum größere Gegensätze vorstellen als die zwischen dem Kranken, der auf dem Bett lag, und der schlanken, fast schmächtigen Gestalt seines Freundes. Auch jetzt, in seiner letzten Stunde, war noch etwas von der ungeheuren Kraft zu spüren, die John Millinborn ein ganzes Leben hindurch erfüllt hatte. Groß, breitschultrig und muskulös, war er ein Mensch, dem man es ansah, daß er stets viel im Freien gearbeitet hatte. James Kitson dagegen war der typische Intellektuelle, der sein Leben in dumpfen Büros und muffigen Gerichtsräumen verbrachte, umgeben von staubigen Gesetzbüchern und Aktenbündeln.
    Und doch bestand zwischen diesen beiden, dem millionenschweren Reeder und dem erfolgreichen Rechtsanwalt, eine echte, lebenslange Freundschaft, der auch ihre unterschiedlichen Anschauungen nichts hatten anhaben können.
    »Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, John. Du hinterläßt dem Mädchen eine ungeheure Verantwortung - anderthalb Millionen Pfund.«
    Der Kranke nickte.
    »Das ist noch nicht alles, Jim. Als mein Vater starb, hinterließ er meiner Schwester Mary und mir je hunderttausend Pfund. Was ich aus meinem Anteil gemacht habe, weißt du. Meine Schwester hatte weniger Glück - die Männer liefen ihr nach, weil sie wußten, daß sie Geld hatte; den allerschlimmsten hat sie sich schließlich ausgesucht.«
    Er holte tief Luft.
    »Sie heiratete einen gutaussehenden Schuft, der ihr Vermögen bis auf den letzten Pfennig verjubelte und sie schließlich mit einem Berg von Schulden und einem Baby, das kaum einen Monat alt war, sitzenließ. Die arme Mary starb, und er heiratete bald darauf wieder. Natürlich habe ich versucht, das Kind zu bekommen, aber er war schlau genug, es mir nicht zu geben. Als die Kleine - es war ein Mädchen - zwei Jahre alt war, verlor ich die beiden aus den Augen. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt, alle meine Nachforschungen waren ergebnislos. Erst vor einem Monat erfuhr ich den Grund: Der Mann war ein international bekannter Verbrecher und wurde von der Polizei gesucht. In Paris, wohin er bei Nacht und Nebel abgereist war, hatten sie ihn geschnappt; die Anklage gegen ihn lautete auf seinen richtigen Namen - der Name, unter dem er geheiratet hatte, war falsch gewesen. Als er aus dem Gefängnis entlassen wurde, behielt er seinen richtigen Namen bei und änderte natürlich auch den Namen des Kindes entsprechend.«
    Der Rechtsanwalt nickte.
    »Du willst, daß ich . . .?«
    »Laß das Testament beglaubigen und gib dir dann den Anschein, daß du mit allen Mitteln nach Margaret Predaux suchst. Du wirst sehen, daß es niemand gibt, der dir sagen kann, wo sie ist. - Den wirklichen Namen des Mädchens kennst du ja, und ich habe dir auch gesagt, wo sie wohnt. Ihr Vater verschwand, als sie sechs Jahre alt war - wahrscheinlich ist er tot; und ihre Stiefmutter hat sie erzogen, ohne daß sie von ihrer Verwandtschaft mit mir etwas wußte. Seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr, nachdem auch die Stiefmutter gestorben war, arbeitet das Mädchen.«
    »Ich soll also vorerst so tun, als könnte ich sie nicht finden?«
    »Richtig. Ich habe meine Gründe. Erst wenn sie verheiratet ist, darfst du sie benachrichtigen. Behalt sie aber im Auge, Jim, gib dafür soviel Geld aus, wie du willst. Keinesfalls sollst du sie aber auf ihrem Lebensweg irgendwie beeinflussen - es sei denn, du merkst, daß sie auf einen Hochstapler hereinfällt. . .«
    Seine Stimme, die während der Erzählung etwas von ihrer alten Kraft zurückgewonnen hatte, wurde plötzlich leise. Schwer sank sein Kopf auf das Kissen zurück.
    Kitson stand auf und ging zur Tür. Sie führte in ein geräumiges Wohnzimmer, durch dessen große, offene Fenster warmer Sonnenschein ins Zimmer fiel.
    Ein Mann mit einem Spitzbart - er war etwa dreißig Jahre alt -stützte sich mit dem Ellbogen auf das Fensterbrett und blickte über die weiten Felder von Sussex. Als der Rechtsanwalt ins Zimmer kam, drehte er sich schnell um.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er.
    »Ich glaube, er ist wieder ohnmächtig geworden. Bitte gehen Sie zu ihm, Herr Doktor.«
    Der junge Arzt ging schnell an das
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