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Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira
Autoren: Greg Bear
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Hanswurste.“
    „Wie, dann, war Euer Name, bevor Ihr ihn geändert habt?“
    „Ihr müßt den Burschen fragen, der ich damals war. Ich kann nicht antworten.“
    Bar-Woten bedeutete Barthel hinauszugehen.
    „Erzählt mir von Eurem Gott“, sagte er.
    „Euch verlangt aufrichtig danach?“
    „Das tut es.“
    Barthel saß draußen vor der Tür und lehnte sich gegen die Wand. Er ließ seine Augen über die Decke wandern, auf der Suche nach Wanzen, um sich die Zeit zu vertreiben, denn er interessierte sich nicht im geringsten für das Geschwätz, das drinnen gesprochen wurde. Bisweilen begriff er seinen Meister nicht. Es war oft schwer, Bar-Woten zu mögen. Er war freundlich, aber er liebte nichts. Barthel hingegen hätte alles lieben mögen. Aber das war unmöglich, weil Bar-Woten dauernd nach ihm rief. Des Mannes Düsterkeit und Schwermut war manchmal recht erschreckend.
    Bar-Woten unterbrach Jacomes Diskurs lange genug, um ein paar Fragen der Logik zu diskutieren. „Dieser Heisos, auch bekannt als Yesu, findet sich auf jedem Obelisken überall auf Hegira, richtig?“
    „So ist es.“
    „Warum dann ist nicht jedermann bekehrt, da doch alle Seine Wahrheit sehen können?“
    „Weil auf den Obelisken auch Worte stehen, die dem widersprechen, was er lehrte. Inspiriert vom Widersacher.“
    „Woher wissen wir, was davon wir wählen müssen? Was richtig ist?“
    „Durch unser Herz, die Art und Weise, in der es zu den rechten Worten schlägt.“
    „Lebte Heisos auf Hegira?“
    „Nein.“
    „War seine Botschaft dann auch für die Zweitgeborenen gedacht?“
    „Für die ganze Menschheit.“
    Barthel schritt unruhig im Flur auf und ab, bückte sich, um an der Tür zu lauschen, hatte dann eine Eingebung. Er würde losgehen und Essen holen. Aber er hatte nur noch sehr wenig vom Geld des Beis bei sich. Er klopfte behutsam. Keine Antwort. Sie redeten immer noch. Er fürchtete, der Büßer würde den Bei am Ende gar bekehren. Eine scheußliche Sache. Er klopfte erneut. Bar-Woten öffnete die Tür.
    „Meister, soll ich Essen für uns alle kaufen?“
    Der Bei schaute ihn aus seinem einen Auge durchdringend an, langte dann in seine Jackentasche nach einer Münze. „Gute Speisen, frisch, und eine Vielfalt davon. Genug, daß es rund einen Tag für uns alle ausreicht.“
    Barthel grinste und stürzte los.
    Bar-Woten schloß die Tür und stellte Jacome eine weitere Frage. „Was ließ Euch die Gnade Kristos’ finden?“
    „Die Führung durch mein Herz.“
    „Könnt Ihr Euch erinnern, was Euch veranlaßte, Eurem Herzen zu folgen?“
    Fast hätte Jacome einer finsteren Miene gestattet, sich in seine Züge zu schleichen. Sie lauerte hinter seinem Gesicht wie ein Eber hinter einem Felsen. „Es ist nur wichtig, daß ich die Wahrheit rechtzeitig fand.“
    „Aber Ihr habt vergessen, was geschah. War es jemand, der Euch half.“
    „Ich hab’s nicht vergessen. Nein, zunächst half mir keiner. Aber als ich mich den Franciskanern anschloß, halfen diese mir.“
    „Ich möchte zu gerne wissen, was Euch bekehrt hat. Vielleicht kann ich etwas davon auch in mir finden.“
    Als Barthel drunten auf der Straße war, fand er seine Idee schon weit weniger anziehend. Er konnte nicht einfach neuerlich den Weg einschlagen, den er gegangen war, um den Arzt zu holen – dort in der Nähe gab es keine Lebensmittelstände. Und die Gegenwart des Beis war doch auf jeden Fall stets sehr beruhigend. Jetzt, allein in einer Stadt, die er nicht gut kannte, spürte er, wie sein Puls schneller schlug und seine Augen sich weiteten. Die Menschen rings um ihn sahen nicht bedrohlich aus, doch beherbergte jede Stadt ihre Räuber, Halsabschneider, Taschendiebe. Monster, nur darauf aus, einen armen Momadaner auszusaugen. Die Lehren des Bei aus Barthels Jugend konnten diese Furcht nicht gänzlich auslöschen.
    Aber Barthel war nicht unerfahren in fremden Landen. Er war in ihnen groß geworden. Während er so fürbaß schritt, wobei er sich leicht wiegte und mal nach dieser, mal nach jener Seite schaute, um seine Gelassenheit zu demonstrieren, gedachte er der Annehmlichkeiten Khems und wie sie in einer so unvorstellbar kurzen Zeit vergangen waren. Der Bei hatte sich nie darum geschert, die Aktionen Sulays in Khem zu erklären oder gar zu entschuldigen – und dafür war Barthel dankbar. Er glaube nicht daran, daß er die Propaganda ertragen konnte, mit der andere Diener, wie diese ihm erzählt hatten, geradezu fürstlich bewirtet wurden. Bar-Woten war ein guter
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