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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
Autoren: Gerd Scherm
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    »Los jetzt, pack du ihn ein!«
    »Zugreifen« und »Einpacken« gehörten zu den wenigen Dingen, die Mumal auf Anhieb verstand, und so griff er schnell zu und steckte das Artefakt vorsichtig in den aufgehaltenen Sack.
    Mit einer Kopfbewegung gab Barsil das Zeichen zum Verschwinden und die drei nahmen den gleichen Weg zurück.
    Nicht weit vom Ort des Geschehens schnarchten dreizehn Mot-Priester der leibhaftigen Begegnung mit ihrem Gott entgegen.
     
    *
     
    Die Sonne berührte fast den Horizont, und lange Schatten liefen den drei schwankenden Wanderern hinterher, als sie ein Haus erreichten. Es war – typisch für diese Gegend – mehr in die Erde hineingebaut als auf ihr errichtet, und das Dach war zur Gänze mit Moos bewachsen.
    Odin hämmerte mit der Faust gegen die aus groben Brettern gezimmerte Tür und rief mit schwerer Zunge: »Aufmachn! Wir wolln rein!«
    Als sich nicht gleich eine Reaktion zeigte, hieb der Gott erneut mit der Faust gegen die Tür, diesmal so hart, dass sie barst.
    »Ups! Das wollt ich nich«, lallte Odin und torkelte in die Stube. Hönir und Loki folgten ihm, ohne zu zögern.
    An einem Tisch saßen zwei Männer und schauten die Eindringlinge erbost an. Einer von ihnen hatte schmutziggraue lange Haare und einen ebensolchen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte. Von Kleidung konnte man bei ihm ebenso wenig sprechen wie bei dem jüngeren, schwarzhaarigen Mann. Beide Körper waren lediglich von grob zusammengehefteten Rupfen bedeckt.
    »Wer seid ihr, und was wollt ihr?«, fragte der Ältere der beiden ungehalten.
    »Ich bin Odin, dein Gott! Und das ist mein Abendessen!«
    Mit diesen Worten warf Odin den Otter und den Lachs auf den Tisch. Hönir und Loki nickten stumpfsinnig dazu, und der Wolkengott stellte das Metfass neben die beiden Kadaver.
    Entsetzt starrten die beiden Männer auf den toten Otter. Dann deutete der Grauhaarige auf das Tier und brüllte: »Ihr Mörder! Ihr habt meinen Sohn umgebracht!«.
    Im gleichen Augenblick verwandelte sich der Jüngere blitzschnell in eine riesige Spinne. Noch bevor Odin, Hönir oder Loki reagieren konnten, waren sie schon in einem dichten, klebrigen Gespinst gefangen. Als die drei eingesponnen waren, veränderte die Spinne wieder ihre Gestalt und verwandelte sich zurück in einen Mann. »Ich bin Regin, der Bruder von Otter, und ihr werdet meinem Vater und mir Wergeld für diesen Mord bezahlen!«
    Schlagartig war Odin nüchtern.
    »Wie, was, dein Bruder? Warum tummelt er sich dann als Otter in einem Wasserfall?«
    »Weil er, wie wir, ein Gestaltwandler war, göttlicher Trunkenbold! Und es beliebte meinem Sohn eben, als Otter Lachse zu jagen. Deshalb gaben wir ihm den Namen Otter«, antwortete der Ältere, der Hreidmar hieß.
    »Ihr habt Glück, dass mein Bruder Fafnir nicht hier ist, sondern derzeit in Burgund weilt! Er hätte auf die Sühne des Wergelds sicher verzichtet und euch gleich getötet.«
    »Vielleicht kommt es ja noch dazu, dass wir wenigstens zwei von euch töten, wenn der, den ihr ausschickt, das Wergeld zu holen, nicht bis zum nächsten Sonnenuntergang zurückgekehrt ist.«
    Der Alte zückte hasserfüllt ein Messer. Dann ergriff er mit seiner Linken den Otter, setzte einige wenige gezielte Schnitte und zog dem Tier routiniert das Fell über die Ohren.
    »Ich verlange, dass der Balg meines Sohnes mit rotem Gold gefüllt und von außen mit gelbem Gold umhüllt wird. Kein einziges Haar darf mehr sichtbar sein!«, forderte Hreidmar. Dabei siegte die Gier eindeutig über die Trauer.
    Odin war der Spaß an diesem Ausflug gründlich verdorben, und er ordnete an: »Loki, es ist an dir, das Wergeld aufzutreiben. Du kennst dich hier in der Gegend am besten aus und weißt, wo man so viel Gold herbekommen kann. Die Zeit ist zu kurz, um den weiten Weg nach Asgard und hierher zurück zu schaffen.«
    Und so ließen Hreidmar und Regin Loki frei, auf dass er das Wergeld als Sühne für den Tod Otters besorge.
     
    *
     
    Immer noch beschwingt von seinem Treffen mit Tani, betrat Seshmosis sein Zimmer. Raffim und sein Anliegen bekümmerten ihn überhaupt nicht. Sollten er und Barsil ihre finsteren Angelegenheiten unter sich ausmachen, ihn ging das alles nichts an. Dachte er.
    Ehrfürchtig verbeugte sich Seshmosis vor dem kleinen Schrein von GON, der in letzter Zeit mit den Einnahmen aus dem Schriftenverkauf wesentlich nachgebessert worden war. Den einst schlichten Holzkasten, den Schedrach, der Karrenbauer, gefertigt hatte, zierten nun an den vier
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