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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
Autoren: Gerd Scherm
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diesem Frevel durch die Unfähigkeit seiner Priester keinerlei Blutvergießen stattgefunden hatte, betrachtete er als Lästerung seiner eigenen düsteren Präsenz.
    Nun ertönte im großen Tempel des Mot zu Byblos ein schrilles Kreischen. Dreizehn völlig verkaterte Priester erwachten schlagartig aus ihrem Tiefschlaf. Der Hohe Priester Zarot rieb sich erstaunt die Augen: Der ganze Tempel schien zu glühen. Ein blutrotes Wabern erfüllte den Raum, und wohin er sich auch wandte, sah er dieses kreischende rote Etwas. Auf einmal formte sich das gestaltlose Wabern zu einem riesigen Maul und verschlang Zarot und die anderen Priester. Sie wurden einfach in das Etwas hineingesogen und waren verschwunden.
    Vor dem Altar, an der Stelle, an der vor kurzem noch ein Schädel aus einem roten Rubin gelegen hatte, bildete sich eine Gestalt. Eine erschreckend menschliche Gestalt.
    Langsam und bedächtig sah sich der Mann im Tempelraum um. Dabei sog er immer wieder Luft durch die Nase ein, so als wolle er Witterung aufnehmen wie ein Bluthund. Genau das tat er auch. Mot, der Mensch, machte sich auf die Suche nach denjenigen, die seinen Tempel geschändet hatten. Und wenn es sein musste, würde er sie bis ans Ende der Welt verfolgen.
     
    *
     
    Im Gebäude der Stadtwache von Byblos herrschte helle Aufregung. Dutzende von Gläubigen wehklagten in allen Fluren und Räumen, weil aus dem Tempel des Mot über Nacht alle dreizehn Priester spurlos verschwunden waren.
    »Bisher gibt es keine Hinweise auf eine Bluttat an den Priestern.«
    Mit dieser Auskunft versuchte Kommandant Maduk seinen Besucher zu beruhigen. »Alle Blutspuren, die wir fanden, stammen vom normalen Opferbetrieb, da sind wir sicher.«
    Doch Sekanka, Beauftragter des Herrschers von Byblos für religiöse Angelegenheiten, ließ sich nicht beruhigen.
    »Dreizehn Mot-Priester verschwinden nicht einfach so. Da steckt mehr dahinter! Es würde mich nicht wundern, wenn die Baal-Priester ihre Hände im Spiel hätten. Oder vielleicht ist es sogar eine Verschwörung von außerhalb.«
    Kommandant Maduk war ein entschiedener Gegner von Verschwörungstheorien. Er glaubte, dass die normalen kriminellen Energien völlig ausreichten, um Böses in die Welt zu setzen. Deshalb sagte er ganz gelassen: »Wir gehen derzeit davon aus, dass die Dreizehn sich zusammengetan haben, um gemeinsam den Menschenschädel-Rubin zu stehlen. Ich vermute jedenfalls, dass sich die abtrünnigen Priester mit ihrer Beute auf der Flucht befinden.«
    »Nie hätte Zarot seinen Gott bestohlen«, wandte Sekanka ein.
    »Was wissen wir schon von der Kraft der Versuchung? Wenn einer jahrelang tagtäglich mit so einem riesigen Juwel zusammenlebt, wächst die Begierde, und eines Nachts ist sie so groß, dass sie nicht mehr kontrollierbar ist. Auf jeden Fall suchen wir weiter nach Hinweisen.«
    Damit war für Kommandant Maduk das Gespräch beendet.
     
    *
     
    Die Wölfe Skalli und Hati jagten schon seit undenklich langer Zeit. Doch keiner Beute galt ihre tägliche Hatz, sondern der Sonne. Skalli und Hati sorgten dafür, dass sie jeden Morgen im Osten loslief und am Abend im Westen verschwand. Dann durften die beiden Wölfe ruhen. Oder ganz normale Wölfe sein und das tun, was Wölfe nachts eben tun.
    Zum Beispiel den Mond anheulen.
    An diesem Tag war Hati besonders übermütig und kam der Sonne so nah wie nie zuvor. Immer wieder schnappte er verspielt wie ein Welpe nach ihren Strahlen. Gerade wollte er in eine Flammeneruption beißen, als er einen kleinen schwarzen Fleck entdeckte. Der Wolf hechelte noch näher an den Glutball heran und missachtete die warnenden Rufe von Skalli.
    Abrupt blieb Hati stehen.
    »Bist du verrückt geworden?«, fragte Skalli. »Zuerst rückst du der Sonne auf den Pelz wie nie zuvor, und dann bleibst du unvermittelt stehen. Willst du, dass die Zeit erstarrt? Wenn wir jetzt aufhören zu laufen, ist es für immer Mittag.«
    Hati schloss wieder zu seinem Freund auf, aber nicht, weil dieser ihn überzeugt hatte, sondern nur, damit er nicht so laut schreien musste.
    »Lass es, Skalli! Bleib einfach stehen. Die Sonne wird sich weiter bewegen.«
    »Du weißt genau, dass sich die Sonne nicht von allein bewegen kann. Jeder weiß das!«
    »Natürlich weiß ich das«, antwortete Hati entrüstet. »Aber geh doch näher ran, so nah wie ich vorhin, und achte auf den kleinen, dunklen Fleck.«
    Skalli hatte die Wolfsschnauze endgültig voll und rannte ganz nahe an die Sonne heran, damit Hati endlich Ruhe gab. Als
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