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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
Autoren: Gerd Scherm
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zur siebten und höchsten Terrasse, wo er im Palast der Prinzessin Kalala ein Zimmer bewohnte. Gleich daneben lag die prachtvolle Villa seines Intimfeindes Raffim, und Seshmosis hoffte inständig, der Dicke möge ihm nicht über den Weg laufen.
    Raffim lief Seshmosis nicht über den Weg. Er lauerte ihm auf.
    »Ich muss mit dir reden, Schreiber!«, rief er und baute sich bedrohlich vor Seshmosis auf.
    »Gerne doch, Raffim, nur zu, lass uns reden!«
    »Wer ist der größte Einzahler in GONs Tempelkasse?«, fragte Raffim rhetorisch, denn er gab sogleich die Antwort: »Ich! Wer hat den göttlichen Schrein erst kürzlich prunkvoll ausstatten lassen? Ich! Warum werde ich dann nicht bevorzugt behandelt?«
    An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass Raffim nicht ganz uneigennützig handelte und seine großzügigen Zahlungen an GONs Tempelkasse nur auf Grund einer massiven Erpressung durch Seshmosis erfolgten. Immerhin handelte Raffim im ganzen Orient erfolgreich mit Abschriften der Heiligen Rollen der Tajarim, wobei Die Schöpfungsgeschichte, Die Tafel der Väter und Die Große Flut bei den Religionsstiftern zwischen Euphrat und Sinai allgemein hoch im Kurs standen und »gerne genommen wurden«, wie Raffim es nannte.
    Und für die Erlaubnis, Kopien anzufertigen und zu verkaufen, kassierte Seshmosis fünfzig Prozent der Erlöse für die Tempelkasse GONs, die er eigens dafür eingerichtet hatte.
    »Welche Vorzugsbehandlung wünschst du denn?«, fragte Seshmosis misstrauisch.
    »Ich finde, wer so viel für seine Gottheit tut wie ich, sollte darüber informiert werden, was in seiner unmittelbaren Umgebung so vor sich geht.«
    »Raffim, du sprichst in Rätseln.«
    Seshmosis war verwirrt, weil er wirklich keine Ahnung hatte, worauf der andere hinauswollte.
    »Etwas Großes geht vor sich, und Barsil steckt mitten drin. Das spüre ich, das sagt mir mein Instinkt. Und meine Zuträger. Ich will wissen, was da vor sich geht, oder ich stelle alle Zahlungen ein!«
    »Wie stellst du dir das vor? Glaubst du, GON ist ein Informant für Gauner? Das ist doch Blasphemie!«
    Seshmosis' Zorn wuchs, diesmal ging Raffim wirklich zu weit. Doch dieser ließ sich nicht beeindrucken.
    »Ich weiß genau, dass Barsil ein religiöses Ding drehen will. Ich weiß nur noch nicht, was er im Einzelnen vorhat. Wehe, du hilfst ihm! Sei gewarnt!«
    »Habe ich jemals Barsil dir gegenüber bevorzugt?«, fragte Seshmosis ohne Doppeldeutigkeit, denn bei allen Differenzen mit Raffim war ihm dieser doch wesentlich lieber als der hinterhältige, kriminelle Barsil.
    »Versprich mir, dass du mich informierst, wenn du etwas hörst oder dir GON etwas flüstert. Es soll dein Schaden nicht sein!«
    Mit diesen Worten verschwand Raffim erstaunlich flink auf sein Villengrundstück.
     
    *
     
    »Du bist zwar klein und völlig unbedeutend, Ratatöskr, aber du hast zumindest einen Vater und eine Mutter«, jammerte der goldene Eber Gullinborsti.
    »Was nützen die einem, wenn sie nicht da sind, sobald man sie braucht?«, entgegnete das Eichhörnchen. »Als Loki mich verwandelte, ließen sie sich nicht blicken. Du hast zumindest zwei tolle Erschaffer. Die Zwerge Brokk und Sindri gelten weltweit als Genies!«
    »Aber ich bin weder ein Wesen noch ein Ding. Dabei müsste ich doch so göttlich sein! Kampfschein sei mein Name, sagte der Gott Freyr. Und was ist? Sie nennen mich Kampfschwein ! Statt Glanz zu verbreiten, werde ich von ihnen als Schlachtfeldbeleuchtung missbraucht. Was nützt es da, dass ich über Wasser gehen und durch die Luft fliegen kann? Was nützt mir da meine ganze Einzigartigkeit?«
    Krämpfe des Selbstmitleids erfassten den goldborstigen Eber, der schon seit langem darunter litt, dass er nur erschaffen und nicht geboren worden war.
    »Sei froh, dass dich Zwerge gemacht haben. Stell dir vor, du wärst das Werk von Riesen, dann hättest du jetzt mit Sicherheit die Nase am Bauch, die Füße auf dem Rücken, und du würdest aus dem Hintern gucken«, versuchte Ratatöskr den manisch-depressiven Freund zu trösten, was ihm aber gründlich misslang.
    Gullinborsti, der sich an seinen guten Tagen »das dritte Gestirn am Himmel neben Sonne und Mond« nannte, grunzte verächtlich und stapfte wütend davon. Das Eichhörnchen hörte ihn nur noch grummeln: »Brauch keine Freunde, brauch niemanden, brauch keinen, nix, gar nix brauch ich.«
     
    *
     
    »Wer baut eigentlich einen Tempel für einen Gott, der den Beinamen ›der große Verschlinger‹ trägt?«, fragte ein
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