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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt
Autoren: Jon Land
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Gelegenheit dazu hattest. Es wäre die einzige Möglichkeit gewesen, denn niemand ändert sich wirklich. Du nicht. Ich nicht.«
    Während Peet sprach, war er zu Tiny Tim aufgerückt. Der Anblick der beiden Riesen neben Andrew Harrison Leeds ließ Kimberlain erkennen, wie klein und unscheinbar der Schöpfer dieses ganzen Plans eigentlich war. Leeds' Gesicht wirkte hagerer und totenkopfähnlicher denn je zuvor. Sein dichtes, dunkles Haar war über den Schädel zurückgekämmt und sah aus wie Farbe, die man auf seine Kopfhaut gesprüht hatte.
    »Es ist vorbei, Leeds«, sagte Kimberlain schließlich. »Geben Sie es auf. Sie haben verloren. Selbst Ihre Riesen können Ihnen nicht mehr helfen, die Sache so zu beenden, wie Sie es vorgehabt haben.«
    »Dann muß ich sie eben auf andere Art und Weise beenden, nicht wahr?«
    »Das ist eine Regierungseinrichtung, Leeds. Wenn die Frühschicht kommt, sind Sie erledigt.«
    »Genau das hoffe ich ja.«
    »Daß sie wie ich die Leichen finden?«
    »Da sind noch mehr Leichen, die sie noch nicht gefunden haben.«
    Kimberlain überlegte, worauf der Verrückte hinauswollte. Hinter ihm war das Zischen verklungen; der Kanister war leer. »Die Behörden treffen ein und finden das Gebäude verwüstet vor.«
    »Alle Sicherheitsvorkehrungen wurden durchbrochen, eine unerklärliche Tragödie. Aber das Geld … ah, das Geld, Sie werden keine andere Wahl haben, oder?« Da begriff Kimberlain. »Sie werden es augenblicklich an die Bundesreservebanken ausliefern.«
    »Aber die Reservebanken verfügen nicht über die nötige Lagerkapazität, und so werden sie die neuen Geldscheine leider vorzeitig ausgeben müssen.« Leeds hielt inne und atmete tief ein. »Innerhalb höchstens einer Woche wird es zu den ersten Todesfällen kommen. Unerklärliche Todesfälle, die man anfangs vielleicht gar nicht bemerkt. Dann werden sie immer häufiger auftreten. Es wird zu einer Panik kommen. Ich werde sie genießen.«
    Kimberlain verzog vor Abscheu das Gesicht.
    »Sie können sie auch genießen. Sie verdienen mehr, als die Welt Ihnen bislang gegeben hat. Sie gehören in meine Welt. Sie sind ein Ausgestoßener, Fährmann. Die alte Welt meidet Sie. Sie tun, was Sie tun, um akzeptiert zu werden, doch dazu wird es niemals kommen, weil Sie nicht zu ihnen gehören.« Er drehte sich zu Peet und Tiny Tim um. »Sie sind einer von uns.«
    »Tut mir leid, Leeds. Wir haben lediglich gemeinsam, daß wir beide tun, was wir tun können. Es reicht, wenn wir akzeptieren, was wir sind. Ich versuche es. Sie werden es nie können.«
    »Ach ja?« sagte der Verrückte fasziniert. »Erklären Sie mir bitte, was Sie damit meinen.«
    »Angst, Leeds. Sie leben von der Angst, atmen sie geradezu, weil sie einen Schild bildet, der verhindert, daß Sie sich selbst sehen können. In einem Spiegel können Sie sich nicht erkennen. Sie sehen Ihr Spiegelbild nur in den Augen Ihrer Opfer, die Ihren Blick sterbend erwidern. Nur wenn Sie in diese Augen sehen, gefällt Ihnen Ihre Gestalt. Glauben Sie etwa, Ihre neue Welt, dieses neunte Reich, würde Ihnen gefallen? Vergessen Sie es. Denn man wird Sie nicht mehr fürchten, und ohne Furcht können Sie überhaupt nicht existieren.«
    Leeds trat einen Schritt vor. »Warum fragen Sie nicht Ihren Freund, was er in der neuen Ordnung sieht? Warum fragen Sie ihn nicht, wieso er die Wahrheit erkannt hat?«
    Kimberlain sah wieder zu Peet hinüber. Der kahlköpfige Riese war noch näher an Tiny Tim herangetreten. Warum? Seine Blicke schienen zu dem Kanister neben des Fährmanns Füßen zu schießen.
    »Geselle dich zu uns, Fährmann«, sagte Peet.
    »Unmöglich, Winston.«
    »Na schön«, sagte Leeds. »Wie Sie wollen. Bring ihn um, Peet.«
    Peet machte einen Schritt, wirbelte dann zu Tiny Tim herum und schlug ihm beide geballten Fäuste ins Gesicht. Tiny Tims Kopf schnappte peitschenhaft zurück. Er bewahrte die Geistesgegenwart, die Maschinenpistole wieder auf Kimberlain zu richten, doch da hatte sich Peet schon gegen ihn geworfen und griff selbst nach dem Abzug.
    Kimberlain hatte den Rucksack mit dem GS-7 gegriffen und war losgerannt. Er hatte die halbe Strecke zur Dachluke zurückgelegt, als sich Peets Hand um den Abzug von Seckles Waffe schloß.
    »Nein!« schrie Leeds, der endlich begriffen hatte, was gleich geschehen würde.
    Peet zielte mit Seckles Maschinenpistole in die Richtung, wo Kimberlain gestanden hatte, und die Hitze der Kugeln zündete das ausgeströmte Gas. Kimberlain hatte sich schon Hals über
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