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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt
Autoren: Jon Land
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»Ich bin nicht einer dieser Leute. Sie können jederzeit gehen, wenn Sie sich danach fühlen. Mir ist es sogar gleichgültig, ob Sie hier hinausgehen, -laufen oder -tanzen.«
    Kimberlain erwiderte nichts darauf.
    »Denken Sie über mein Angebot nach«, sagte Jones und schloß die Tür hinter sich.
    Als Kimberlain das nächste Mal erwachte, war es fast dunkel im Zimmer. Lediglich das Licht vom Parkplatz fiel durch die halb geschlossenen Jalousien. Eine große Gestalt stand dort am Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus.
    »Hallo, Fährmann«, sagte Peet, ohne sich umzudrehen.
    Kimberlain lächelte. »Ich wußte nicht, ob du überlebt hast, ob du das Feuer …«
    »Eine reinigende Explosion, bei der das Feuer ironischerweise ein Element der Säuberung und nicht der Zerstörung war.«
    »In mehr als einer Hinsicht.«
    »Die Feuerwehr konnte den Brand nicht löschen. Das Gebäude wurde völlig zerstört.«
    »Auch das kommt mir bekannt vor.«
    »Ich bin frei, Fährmann.«
    »Du warst schon frei, bevor das alles passiert ist, Peet.«
    Der Riese schüttelte den gewaltigen, kahlen Schädel. Nachdem sich Kimberlains Augen nun etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er den hellroten Schimmer von Peets Haut ausmachen, die Blasen und Risse auf seinem Gesicht, die daher rührten, daß er den Flammen zu nahe gekommen war. Eine Ausbuchtung unter seinem Hemd deutete darauf hin, daß er sich dort eine Wunde verbunden hatte. Auch seine linke Hand war dick verbunden.
    »Nein, Fährmann, ich war ein Gefangener des Besitzes, den du mir überlassen hast. Ich hatte befürchtet, alles würde wieder so werden wie zuvor, falls ich ihn verlassen sollte. Ich war ein Gefangener meiner eigenen Person, meiner Vergangenheit. Und davon habe ich mich jetzt befreit.«
    »Weil du Leeds gegenübergetreten bist und ihn besiegt hast, ihn und alles, was er repräsentierte?«
    »Weil ich nicht mehr vor der Person davonlaufen muß, die ich einmal war. Diese Person mag zwar noch da draußen sein, aber sie kann mich nicht mehr einholen. Ich habe endlich gelernt, wie ich aus unreinen Situationen reiner hervortreten, wie ich mich mit schmutzigem Wasser säubern kann.«
    Kimberlain drehte den Kopf und zuckte vor Schmerz zusammen. »Heißt das, daß du meine Hütte nicht mehr brauchst?«
    Peet musterte ihn nachdenklich. »Ich muß meine eigenen Wälder, meine eigene Hütte finden.«
    »Sie sind noch immer dort draußen, Winston. Hunderte, die Leeds aus den Anstalten geholt und dann rekonditioniert hat.«
    »Aber ihre Seelen hat er intakt gelassen.«
    »Genau darauf kam es ihm ja an.«
    »Das wird es mir einfacher machen, sie auf meinem Weg zu finden.«
    Da endlich begriff Kimberlain. »Laß mir etwas Zeit, bis meine Verletzungen ausgeheilt sind, und ich begleite dich auf diesem Weg.«
    Der Riese schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht, Kimberlain.«
    »Und ich bin gerade zur Ansicht gelangt, daß wir ein ganz gutes Team sind.«
    »Wir werden uns vielleicht wieder zusammentun.«
    »Dann bleibst du mit mir in Verbindung?«
    »Du wirst keine Schwierigkeiten haben, meinen jeweiligen Aufenthaltsort festzustellen.«
    »Was hat dich noch hierher geführt, Peet?«
    »Der Wunsch, daß du es nicht in Betracht ziehst, mit mir zusammenzuarbeiten. Die Hoffnung, daß du dich endlich von der Welt abwenden wirst, die deine Seele foltert.«
    »Das kann ich nicht. Du weißt, daß ich es nicht kann.«
    »Bestimmt nicht, wenn du es gar nicht erst versuchst.«
    »Leeds war nicht der erste, und er wird nicht der letzte sein. Wer soll sie aufhalten?«
    »Sie selbst – letztendlich.«
    »Aber vorher müssen jede Menge unschuldige Menschen sterben.«
    »Du kannst sie nicht alle retten, Fährmann.«
    »Weil ich nicht für sie verantwortlich bin, nicht wahr?«
    »Du bist nur … für dich selbst verantwortlich.«
    Nun wurde für Kimberlain trotz der Dunkelheit auf einmal alles viel klarer. »Nicht immer. Meine Eltern wurden ermordet, weil mich irgendeine Macht in das verwandeln wollte, was ich dann auch geworden bin. Mein erster Fehler war, dies zuzulassen. Ich werde keinen zweiten Fehler begehen, indem ich zulasse, daß einfach verschwendet wird, was aus mir geworden ist.«
    »Du willst Bruchstücke aufsammeln, die du besser verstreut liegen ließest«, erwiderte Peet.
    »Hast du nicht das gleiche vor?«
    »Ja, aber für mich wird es ein Ende geben. Ich habe festgestellt, daß es einen Abschluß gibt. Für dich schließt sich der Kreis niemals, bricht nicht einmal
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