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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt
Autoren: Jon Land
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Stromausfalls eine übliche Vorgehensweise. Bei den vierundachtzig wichtigsten Bewohnern des ›Locks‹ ging Vogelhut nicht das geringste Risiko ein.
    Er war auf halbem Weg zur Überwachungszentrale, als auch die Notbeleuchtung ausfiel und völlige Dunkelheit den Gang ausfüllte. Die Furcht zog Vogelhuts Magen zusammen. Das war unmöglich. Ausgeklügelte Vorsichtsmaßnahmen sorgten dafür, daß die Energieversorgung und das Notsystem niemals gleichzeitig ausfallen konnten. Er hörte jetzt die lauten Schritte der heranstürmenden Wachen, sah, wie die Dunkelheit vom Licht ihrer Taschenlampen geteilt wurde. Vogelhut drückte die linke Hand gegen die Wand und ging weiter.
    »Sind Sie das, Herr Doktor?« fragte einer der Posten in der MAX-SEC-Zentrale, als er um die Ecke bog und in den Strahl einer Taschenlampe trat.
    Vogelhut schirmte die Augen vor dem gleißenden Licht ab und ging weiter. »Sind die Gefangenen ruhig geblieben?«
    »Kann ich nicht sagen. Alle Überwachungssysteme sind ausgefallen.«
    »Ach ja, natürlich.«
    »Was, zum Teufel, ist da passiert, Sir?«
    Als Vogelhut an die Monitore trat, kam der erste der zwei Dutzend Wachtposten gerade mit aufblitzender Taschenlampe das letzte Stück des Gangs entlang.
    »Ich habe keine Ahnung.« Mehr konnte Vogelhut auch nicht sagen.
    Er wußte, daß er sich keine Sorgen machen mußte. Bei einem Stromausfall schaltete sich im MAX-SEC-Trakt automatisch ein Sicherheitssystem ein. Riegel aus Kobalt schoben sich über alle drei jeweils vierzig Zentimeter dicken Türen, die man überwinden mußte, um sich Zutritt zum Trakt zu verschaffen. In einem solchen Fall konnten die Gefangenen nicht nur nicht hinaus, es gelangte auch niemand hinein – und das galt auch für die Wachen.
    Zwei Dutzend davon drängten sich nun, die Taschenlampen zu Boden gerichtet, hinter Vogelhut zusammen. Sie waren mit M-16/A2-Sturmgewehren ausgerüstet, die mit auf bestimmte Thermalsignaturen programmierten Sensoren versehen waren. Niemand außer dem jeweiligen Posten konnte die Waffe abfeuern, solange sie nicht umprogrammiert worden war. Diese zusätzliche Sicherheitsvorkehrung sollte verhindern, daß die Gefangenen des MAX-SEC-Traktes jemals die Waffen gegen ihre Wächter einsetzten.
    »In der Hauptzentrale kann ich niemanden erreichen«, meldete ein Techniker, der noch immer Kopfhörer trug.
    »Versuchen Sie es weiter«, befahl Vogelhut.
    Die Minuten verstrichen. Die fünfte ging gerade in die sechste über, als das Hauptenergiesystem wieder zu arbeiten begann. Vogelhuts erleichterter Seufzer ging in einem lauteren kollektiven unter. Doch statt deutlicher Bilder zeigten die zwölf Fernsehschirme nur ein Flimmern und gaben verzerrtes, helles Rauschen von sich.
    »Was ist los?«
    »Keine Ahnung, Sir«, sagte der Mann mit dem Kopfhörer und schaltete jeden Knopf in seiner Reichweite aus und wieder ein. »Ich bekomme aus dem MAX-SEC-Trakt kein einziges Signal.«
    Vogelhut traf ohne das geringste Zögern die Entscheidung, die in genau solch einem Notfall nötig war. Er zerrte einen seltsam geformten, eckigen Schlüssel aus seiner Tasche und gab ihn dem Mann. »Öffnen Sie die Türen.«
    »Sir, die Vorschriften …«
    »Verdammt, für so einen Ausnahmefall gibt es keine Vorschriften!« Vogelhuts Magen fühlte sich an, als zöge jemand darin eine Stacheldrahtrolle auf und ab. »Sie haben Ihre Befehle. Öffnen Sie die Sicherheitstüren. Auf meine Verantwortung.«
    Der Techniker zog einen passenden Schlüssel aus der Tasche, der mit einer Kette an seinem Gürtel befestigt war. Er schob sowohl seinen als auch Vogelhuts Schlüssel in die dafür vorgesehenen Schlitze an der schwarzen Konsole und wartete. Vogelhut drehte sich zu dem Befehlshaber der Wachen hinter ihm um.
    »Zuerst Etage eins. Zwölf Zellen, jeweils zwei Mann pro Zelle. Captain, wir bleiben über das Walkie-talkie ständig in Verbindung. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie Ihre Position bezogen haben.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Fragen?«
    »Nein, Sir.«
    »Dann bringen wir es hinter uns.«
    Der Captain und sein Team traten zu der Eingangstür aus schwarzem Stahl. Der Befehlshaber gab den Kode in die Schloßkonsole ein, und die gruftähnliche Tür schwang auf. Die Wachen drängten sich vor der ersten der drei Türen zusammen, die den Zutritt zum MAX-SEC-Trakt ermöglichten.
    Vogelhut drehte sich wieder zu dem Techniker um, der mittlerweile mit den Schlüsseln soweit war. »Jetzt, junger Mann.«
    Der Techniker drehte beide Schlüssel gleichzeitig. In
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