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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn
Autoren: Ephraim Kishon
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Eskimo-Jungen.‹ Den minderjährigen Knaben, der mit dem kreischenden Ausruf ›Eislutscher! Eislutscher!‹ den Mittelgang auf und ab lief. Und ich hatte immer geglaubt, dass Kinderarbeit bei uns verboten sei. Kurz und gut, ich zahlte den verdammten Eislutscher und habe daher keine Ahnung, was im letzten Akt passierte. Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg, der mir die Restaurantrechnung ersparen würde. Mitten im Schlussapplaus durchzuckte mich eine Idee. ›Lass uns ein Programm kaufen‹, forderte ich Libby auf. ›Jetzt? Nach der Vorstellung?‹, wunderte sie sich. ›Ich möchte es mir zur Erinnerung aufheben‹, beharrte ich. Libby kaufte ein Programm. Und zahlte.«
    Ein undefinierbarer Ausdruck verzerrte Josseles Gesicht. Hastig sprach er weiter.
    »Noch während der Busfahrt, die ich planmäßig bezahlt hatte, fühlte ich mich wie ein König, und dieses Hochgefühl hielt auch in dem Schlemmerlokal an, in das wir gelangt waren. Ich bestellte eine Schildkrötensuppe, ein Kalbsteak à la Dauphinoise mit Spargel und gemischtem Salat, orderte sogleich den Nachtisch, eine Vanillecrème, Obst und Käse, und ließ mir, als ich die Rechnung verlangte, noch rasch eine Zigarre bringen, obwohl ich Nichtraucher bin. Libby, die das Essen kaum berührt hatte, saß bleich und schmallippig da, den bevorstehenden Schicksals schlag erwartend. Und dann geschah es …«
    Jossele verlangte nach einem zweiten Glas Wasser. Seine Stimme klang gepresst.
    »Es geschah, dass genau in diesem Augenblick, gerade als ich in panischer Angst nochmals nach der Rechnung brüllte, diese Missgeburt das Lokal betrat, ein Hausierer, der Ansichtskarten feilbot. Ansichtskarten mitten in der Nacht. Libby ihn sehen und heranwinken, war das Werk einer Sekunde. Sie kaufte drei Ansichtskarten zu insgesamt 1 Pfund 20, während ich für den kulinarischen Genuss 214 Pfund auf den Tisch blätterte. Die Heimfahrt im Bus übernahm dann wieder sie. Und das ist noch nicht alles. Als ich sie im Haustor küssen wollte, schob sie mich sanft, aber entschieden von sich. ›Lass das, Jossele‹, sagte sie. ›Das ist eben der Grund, warum ich nicht will, dass man für mich zahlt.‹«

Antiquitäten
    Ich weiß nicht, wie der Rest der Welt auf die Öffnung unserer Schnellstraße nach Sodom reagiert hat, über unsere Nachbarschaft senkte sich jedenfalls eine geradezu biblische Stimmung. Sodom hat Haifa, Eilat und Tiberias den Rang abgelaufen und die Herzen wie eine Sommergrippe erobert.
    Und warum?
    Es begann damit, dass sich unser Nachbar Gutwoche nicht länger beherrschen konnte, ein Taxi charterte und samt Familie einen Weekendtrip nach Sodom unternahm.
    Am Samstagabend kehrten sie zurück, berauscht von dem einmaligen Erlebnis und mit wertvollen Schätzen beladen.
    Gutwoche hatte nämlich erlesene Sodomsteine von 40 bis 50 Kilo Nettogewicht nach Hause geschleppt, seine Frau doppelt so viele. Unterwegs waren sie zwar mehrmals unter der historischen Last zusammengebrochen, aber nach einer wundersamen Genesung luden sie nun schon am nächsten Tag zu einer improvisierten Vernissage in ihre Villa ein.
    »Das ist Urschwefel«, erklärte uns Gutwoche stolz, »und dort, das Weiße, das ist Rohsalz aus dem Toten Meer. Da drüben liegt ein Magnesium-Kristall, und hier sehen Sie echte Kupferasche sowie eine erlesene Auswahl der Bodenschätze von Sodom.«
    Wir berührten andächtig das wundervolle Gestein, und ein heiliger Schauer durchlief uns. Mein Herz schlug bis zum Hals, und ich wurde von dem unstillbaren Verlangen erfüllt, Gutwoche aus dem Weg zu räumen und ihm seine Trümmer zu entreißen. Die anderen Besucher schienen mit ähnlichen Gedanken beschäftigt. Die Steine waren einfach überwältigend.
    Seitdem ist in unserer Nachbarschaft kaum einer mehr zu Hause.
    Alles pilgert gen Sodom, ob im Auto, auf Fahrrädern oder zu Fuß, um dort dem Steinesammeln zu frönen. Als Herr Reich vorgestern heimkam, war er zwar halbtot, hatte jedoch eine Salzsäule der Frau Lot ergattert.
    Die Glücklichen, die daran lecken durften, bekannten, dass sie noch immer recht salzig schmeckte. Felix hatte sich einen Lastwagen gemietet und jetzt setzt er im Garten ein Mosaik aus seiner Wüstenbeute zusammen, das die Schlacht um Jericho in Originalfarben zeigt.
    Ich musste umgehend auch etwas Sodomistisches unternehmen, wenn ich mein Gesicht in der Nachbarschaft nicht verlieren wollte. So schlich ich eines Nachts auf die benachbarten Baustellen und sammelte einen Sack voller Kieselsteine
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