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Die Nacht im Stau (German Edition)

Die Nacht im Stau (German Edition)

Titel: Die Nacht im Stau (German Edition)
Autoren: Sylvia Smuda
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an einem Buch mitarbeiten. Und worüber soll es im Buch gehen? Um Musik vielleicht, um Mahler? Sie könnte Sven natürlich fragen, er würde es ihr sicher erklären. Doch so, wie es aussieht, ist er inzwischen viel zu müde zum Reden. Und eigentlich ist es ja auch wirklich vernünftig, für ein paar Minuten oder Stunden auszuruhen. Sie wird sich dieses Thema aufheben, nimmt sie sich vor. Es ist ein geradezu idealer Start, wenn sie sich später einmal wirklich wieder sehen sollten.
    Bemüht, eine einigermaßen bequeme Sitzhaltung zu finden, dreht und wendet sich Sonja hinter dem Steuer , bis sie endlich eine erträgliche Möglichkeit gefunden hat. Sie nestelt noch die Decken um sich herum zurecht, dann schließt sie die Augen. Seit einer kleinen Ewigkeit sitzt sie jetzt schon in diesem engen Auto in teilweise recht schlechter Luft. Doch wie erfüllt waren diese vier Stunden! Die einmalige Erfahrung des gemeinsamen Konzerthörens. Die guten Gespräche. Die aufregenden Erlebnisse draußen mit dem Nachbarn. Jetzt ist die Zeit einfach reif für eine kurze Auszeit. Bald schon, viel zu schnell, müssen sie beide fit sein für eine Weiterfahrt beziehungsweise Heimfahrt, die leider noch mehrere Stunden lang dauern wird. Höchste Zeit also um ein bisschen Schlaf zu tanken.
     
    Ein Klingelton weckt Sonja. Svens Handy klingelt. Mitten in der Nacht – das könnte dringend sein. Er schläft so tief, dass sie ihn wach rütteln muss. Noch ziemlich verschlafen holt er das Gerät aus der Jackentasche und meldet sich.
    Der ADAC kündigt sein Kommen an und erkundigt sich, wo genau sich Sven mit seinem Auto befindet.
    Sven greift in seine Jackentasche und holt einen Zettel he rvor. „Kurz vor der Brücke über die K 4538“, liest er von seinem Aufschrieb ab. „Cirka zehn Kilometer hinter der Ausfahrt Pforzheim Nord. Ein silberner VW Lupo.“ Danach wiederholt er das Kennzeichen seines Fahrzeugs.
     
    „Das ist grausam“, murrt er, nachdem das Gespräch beendet ist. „Ich hab gerade so schön geschlafen und jetzt soll ich raus in die Kälte und warten bis die kommen.“ Seine Stimme klingt vom Schlafen tiefer als normal.
    Der arme Kerl. Er tut ihr wirklich leid. Richtig zerknittert sieht er jetzt aus. So aus dem ersten Schlaf gerissen friert man außerdem besonders schnell.
    „Du siehst s ie doch im Außenspiegel anrücken. So lange kannst du sicher noch innen bleiben.“
    Sonja ist froh, dass sie ihr warmes Auto nicht verlassen muss.
    „Sie kommen“, sagt Sven ein par Minuten später und seufzt. „Tja, dann. Bis später.“
    Er wirft ihr noch ein wunderschönes Lächeln zu, dann steigt er aus und drückt sachte die Beifahrertür von außen zu.
     
    Ein Uhr dreißig. Sonja tun alle Knochen weh. Wäre sie alleine, würde sie immerhin versuchen, die Sitze zu Liegesitzen umzuklappen. Aber bei aller Sympathie Sven gegenüber käme es ihr doch seltsam vor, sich in diesem engen Fahrzeug neben ihn zu legen!
    Nein, sie muss diese Nacht im Sitzen durchstehen.
    Robert hat es gut, denkt sie. Der liegt zu Hause in seinem warmen Bett und träumt vor sich hin.
    Bei dem Geda nken an ihren Verlobten durchrieselt sie ein leichter Schauer. Sie ist gedanklich und emotional hunderte von Kilometern von ihm entfernt.
    Wenn sie die beiden verg leicht, Sven und Robert, – Welten liegen da dazwischen! Allein schon äußerlich! Robert ist nicht viel größer als sie, ein schlanker, fast schon hagerer junger Mann. Sven hingegen ist groß gewachsen und hat breite Schultern. Sonja ist sich sicher, dass er sich die nicht im Fitnessstudio antrainiert hat, dafür ist er einfach nicht der Typ. Vermutlich betätigt er sich sportlich sehr intensiv.
    Mit einer Größe von einszweiundsiebzig hatte Sonja früher immer Probleme. In der Tanzstunde wurde sie wenig aufgefordert, weil die jungen Männer kaum größer waren als sie. Die spätere Partnersuche wurde durch den gleichen Grund erschwert. Hier nun ist er: Der Mann mit der richtigen Größe, an dessen Brust man sich anlehnen kann.
    Aber nicht nur darin unterschei den sich Robert und Sven. Viel auffälliger ist die gewaltige Differenz ihres Niveaus. Sven würde vermutlich nie so etwas sagen, wie es Robert ständig heraus rutscht.
    „Halt ’s Maul, du blöde Nulpe!“, hat ihr Verlobter sie erst neulich angefahren. Ein anderes Mal wurde sie als „belämmerte Kuh“ beschimpft. Jedes Mal nach solchen Exzessen fragt sich Sonja, warum sie immer noch nicht Schluss gemacht hat. Aber sie sind beide schon viel zu
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