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Die Nacht der Weisswurst-Vampire

Die Nacht der Weisswurst-Vampire

Titel: Die Nacht der Weisswurst-Vampire
Autoren: Thomas Brezina
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genau vor ihr ein Rücken in die Höhe. Er gehörte einem drahtigen Mann mittleren Alters, der sich mit einem Ruck umdrehte. Er grinste schelmisch und meinte verschmitzt: “Na, junge Dame, haben wir nicht gelernt, daß man anklopft, bevor man wo eintritt?”
    “WIR haben gelernt, daß man Maskenbildnerinnen während der Arbeit nicht küßt!” fuhr ihn Betty an. “Aber bis zu IHNEN scheint sich das nicht durchgesprochen zu haben, Herr Schlampf!”
    Das übermütige Grinsen verschwand schlagartig aus dem Gesicht des ertappten Mannes. Wütend zogen sich seine schmalen, schwarzen Augenbrauen zusammen und bildeten einen langen Strich. “Ich heiße Hugo-Egon Schlamitzky. Mit meinem Spitznamen dürfen mich nur meine Freunde rufen, und zu denen zähle ich SIE nicht, Fräulein Motzmeier!”
    “Trotzmeier!” brüllte Betty außer sich.
    Nun entdeckte Herr Schlamitzky Axel, der ziemlich verschreckt hinter Bettys Rücken in Deckung gegangen war. Sofort spielte der Mann wieder den großen Spaßvogel und kicherte: “Benny, ich warne dich: Hüte dich vor dieser Schlange!”
    Danach drängte er sich an den beiden vorbei und hastete zum Drehort. Aus dem weich gepolsterten Drehstuhl im Wohnwagen tauchte nun eine junge Frau auf, die Axel sofort in die Kategorie “Aufgeputzte Zimtzicke, die mit einer bunten Kuh verwandt sein muß”, einreihte. Die Frau musterte Axel langsam von Kopf bis Fuß und schüttelte dann den Kopf. “Benny, ich dachte, du liegst im Krankenhaus”, murmelte sie.
    “Also, wenn nicht einmal Wilma einen Unterschied feststellen kann, dann hast du die Rolle so gut wie sicher!” jubelte Betty. Sie schob den verdutzten Knickerbocker in die Arme der Frau, die wie ein Weihnachtsbaum mit Schmuck behängt war.
    “Richte ihn schnell her. Er heißt allerdings nicht Benny, sondern Axel!”
    Axel fühlte sich nicht wohl, als sie seine Haut dunkel schminkte und danach sogar mit Puderquasten darüberstaubte. Schminken war Mädchensache, fand er.
    Zum Abschluß zog Wilma ein kleines Fläschchen heraus und wollte ihm einige Tropfen Flüssigkeit auf die Ohren träufeln. Im letzten Moment zuckte sie dann aber zurück und entschuldigte sich. Axel schaute auf die Armlehne seines Sessels und erschauerte. Wilma hatte ausgeschüttet, und die Flüssigkeit hatte ein tiefes Loch in das Leder geätzt.
    “Das Zeug brauche ich für etwas ganz anderes”, murmelte die Maskenbildnerin. “Ich habe die Flaschen verwechselt. Dabei sehen sie sich ganz und gar nicht ähnlich!” Wilma lachte verlegen und arbeitete weiter.
    Mit dem richtigen Hautkleber befestigte sie noch riesige, spitze Gummiohren auf Axels echten Ohren und begleitete ihn dann zum Drehort zurück.
    Schon ein paar Minuten später erklärte der Mann mit dem Haarurwald auf dem Kopf, was Axel tun sollte:
    “Wir drehen eine Serie, in der ein kleiner Außerirdischer Bayern erforscht und hier nach seinem abgestürzten Großvater sucht”, erklärte er in Stichworten den Inhalt der Serie. “Du kommst nun zu dem bronzenen Löwen, der den Wappenschild in den Pranken hält. Du suchst den kleinen Löwen, der unten auf dem Schild zu sehen ist. Geh hin und reib seine Nase. Das bringt - so behauptet ein alter Aberglaube - Glück. Es tun viele, und deshalb ist die Nase auch schon spiegelblank! Spiel, daß du verwundert bist und nun auf das große Glück wartest!”
    Axel machte alles, wie es ihm aufgetragen wurde, doch trotzdem brüllte der Regisseur: “Stopp! Retour! Falsch!” Fragend blickte Axel ihn an. “Du mußt auf mein Zeichen warten. Die Kamera ist noch nicht gelaufen!”
    Beim zweiten Mal klappte alles. Danach wurden noch von vorne, hinten und von der Seite Großaufnahmen von Axel aufgenommen. Schließlich schlenderte der Regisseur mit dem Jungen in den Residenzhof zu einem großen Stein, der an einer Kette befestigt war.
    “Dieses Ding hat vor 500 Jahren angeblich irgendein Herzog bei einem Bierfest geworfen ... wie einen Tennisball. Versuch ihn zu heben. Ich kann dir aber jetzt schon sagen, daß es dir nicht gelingen wird. Das Ding wiegt 182 Kilogramm.”
    Axel spielte Anstrengung und Verzweiflung, weil er den Felsbrocken keinen Millimeter vom Boden bekam, und kratzte sich zum Abschluß grübelnd an den verlängerten Spitzohren. Da sprang der Regisseur zu ihm, schlug dem Jungen kraftvoll auf den Rücken und gröhlte: “Jungchen, Jungchen, Jungchen, du bist einsame Spitze. Benny war eine Niete gegen dich. Ab übermorgen bist du dabei. Ich wünsche dir eine gute
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