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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)
Autoren: Seth Grahame-Smith
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nicht so dumm, der einzigen Tochter von Decimus Petronius Verres in die Quere zu kommen.
    Drei Nächte und drei Rundgänge um den Basar später schmuggelte Flavia Balthasar in das Anwesen und in ihr Schlafgemach … genau wie er es erwartet hatte.
    Die nächsten beiden Wochen hatten Spaß gemacht. Und was noch wichtiger war: Sie hatten sich gelohnt.
    Jede Nacht, während Flavia schlief, erhob sich Balthasar leise von ihrem Bett und machte sich an die Arbeit: schlich sich langsam und systematisch durch das schlummernde Anwesen. Erstellte im Geiste einen Lageplan, bis er jeden einzelnen Winkel auswendig kannte. Bis er mit den Schlafgewohnheiten jedes Sklaven und der Position jedes Wächters vertraut war. Bis er wusste, wie man von der einen zur anderen Seite des Hauses gelangte, ohne je den Fuß in den Schein der Fackeln zu setzen. Und vor allem: bis er jeden konfiszierten Gegenstand in dem sagenumwobenen Lagerraum des Statthalters inspiziert hatte. Er fand den Lagerraum in der ersten Nacht, und wie bei allem in Tel Arad wurden seine Erwartungen auch hier noch übertroffen.
    Und in der Nacht, in der Balthasar das Gefühl hatte, es ließe sich nichts weiter in Erfahrung bringen, füllte er zwei gewaltige Satteltaschen – so viel, wie er gerade noch tragen und sich dabei rasch bewegen konnte, wenn es sein musste – mit im Vorhinein ausgesuchten Gegenständen, die er aufgrund ihres Verhältnisses von Wert zu Gewicht wählte. Mit vollgestopften Taschen schlich er sich auf einem sorgfältig eingeprägten Weg durch das Anwesen in Richtung des rückwärtigen Tores. Zu eben dem Tor, das um diese Nachtzeit dank eines Wächters mit unglaublich regelmäßiger Verstopfung immer zehn Minuten lang unbewacht war.
    Balthasar schlich sich im Dunkeln durch den Garten – siebenundzwanzig Schritte – am Brunnen vorbei – noch einmal zehn, aber eine Spur nach links – dann eine jähe Rechtsbiegung an der Sonnenuhr. Danach waren es nur noch dreißig Schritte geradeaus bis zum Tor. Dreißig Schritte bis zur Frei…
    »Sargon?«
    Beinahe hätte Balthasar vor Schreck aufgejault, als er in Richtung der Stimme herumwirbelte. Zuerst glaubte er, einem Gespenst gegenüberzustehen. Ein durchsichtiges weißes Wesen schien aus der Dunkelheit auf ihn zuzuschweben, im Mondschein kaum zu erkennen. Wie angewurzelt stand Balthasar da, während es immer näher kam … bis er erkannte, worum es sich tatsächlich handelte: ein weißes Nachthemd, das in der warmen Nachtluft flatterte.
    »Flavia …«, flüsterte er.
    »Du bist … du bist ein Dieb«, sagte sie.
    Wie kommst du nur darauf? Sind es die beiden riesigen Taschen voll Diebesgut, die ich hier mitten in der Nacht hinaustrage?
    »Nein …«
    »Du hast mich benutzt.«
    Ja, ich habe dich benutzt, und ich würde dich wieder benutzen. Und wer bist du überhaupt, dass du dich benutzt fühlst? Du bist eine Römerin . Ihr tut doch nichts anderes, als andere auszunutzen. Ihr tut nichts außer vergewaltigen und niederbrennen und stehlen und morden.
    »Nein«, sagte Balthasar. »Flavia, hör mir z…«
    »Halt den Mund!«
    Sie brauchte nur zu schreien, und die Wächter würden angelaufen kommen. Und wenn das geschah, würde sich die Nervosität, die Balthasars Herz derzeit gegen die Rückseite seiner Rippen hämmern ließ, in echten Ärger verwandeln – blutigen Ärger –, und zwar ganz schnell.
    Andererseits konnte sie ihn genauso leicht in die Nacht entschlüpfen lassen. Niemand würde jemals ihre unabsichtliche Beteiligung an dem Raub vermuten. Ihre Keuschheit würde nie in Zweifel gezogen werden, und Balthasar wäre bis zum Morgen schon auf halbem Wege sonstwohin – mit dem Versprechen zurückzukehren und »dich zu holen, Flavia, wenn die Zeit reif ist, dich von alldem hier wegzubringen, damit wir zusammen sein können«. Ein Versprechen, bei dem er nicht die geringste Absicht hatte, es einzuhalten.
    »Flavia«, sagte er. »Hör mir zu, okay? Ja … ja, ich habe die Sachen hier entwendet. Habe sie aus dem Lagerraum deines Vaters genommen. Aber du musst mir glauben – ich habe einen guten Grund dafür! Dein Vater hat diese Dinge den Menschen von Tel Arad gestohlen! Armen Menschen! Ehrlichen Männern! Ich konnte nicht unbeteiligt mit ansehen, wie sie leiden. Es ist wahr, ich habe diese Dinge gestohlen, ja. Habe sie dem Mann gestohlen, der sie zuerst gestohlen hat. Habe sie zurückgestohlen, damit ich sie ihren rechtmäßigen Besitzern wiedergeben kann! Redest du nicht ständig davon, wie grausam und
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