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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme
Autoren: John Barnes
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langen,
untermeerischen Methan-Lagerstätten.
    Methan ist ein Treibgas, und die Masse des in wenigen Tagen
freigesetzten Gases beträgt 173 Milliarden Tonnen. Das
entspricht in etwa dem neunfachen Methangehalt der Atmosphäre im
Jahre 2028 beziehungsweise dem fünfunddreißigfachen im
Jahre 1996.
     
    Diogenes Callare erhält Jesses Anruf und muß gestehen,
daß er noch über keine Informationen verfügt. Mit
Wohlgefallen sieht er auf dem kleinen Monitor, daß der Junge
mit einem Lectrajeep hinaus in die Wüste von Arizona fährt
und eine nette, kleine brünette Tussi auf dem Beifahrersitz
hat.
    Sie plaudern ein wenig, und Jesse sagt wie üblich
»Hallo« zu den Kindern; Jesse ist der Lieblingsonkel des
sechsjährigen Mark, aber der dreijährige Nahum erinnert
sich nicht immer an ihn.
    Nachdem Di sich mit Jesse unterhalten und ihm versichert hat,
daß bisher noch keine sichtbaren Auswirkungen der KAMS-Bomben
auf den Meeresboden des Arktischen Ozeans festgestellt wurden, nimmt
er sich die Zeit, sich in seinem Wohnzimmer umzuschauen, die Kinder
zu betrachten und in den beleuchteten Flur zu sehen, wo seine Frau
Lori noch an der Arbeit ist. Er ist zufrieden mit seinem Leben. Die
Einrichtung ist geschmackvoll aufeinander abgestimmt, er liebt Lori
durchaus, die Intelligenz der Kinder bewegt sich an der Obergrenze
des Durchschnitts, und sein Heim – an der zerklüfteten
Küste von Carolina, nur eine Dreiviertelstunde bis zu seinem
Arbeitsplatz in Washington, aber angenehme dreihundert Kilometer von
der großen Stadt entfernt – ist groß, und obwohl es
dem Viktorianischen Stil nur nachempfunden wurde, könnte man es
ohne weiteres für authentisch halten.
    Es geht ihm recht gut, was der alte Mann als ›Vorankommen in
der Welt‹ bezeichnen würde. Streiflichtartig fragt er sich,
ob der alte Mann noch immer den ersten Buchstaben jedes Wortes
betont, wenn er mit Jesse spricht. Wahrscheinlich nicht. Di und sein
Bruder hatten praktisch verschiedene Väter, wobei der
dogmatische Tyrann, der Di mehr schlecht als recht aufgezogen hatte,
sich dann in den barschen alten Kauz verwandelt hat, der Jesse
großzog.
    Di spielt noch ein wenig mit Mark vor dem Schlafengehen; es mutet
ihn noch immer seltsam an, daß kleine Kinder kurz vor
Mitternacht noch wach sind, aber er muß konzedieren, daß
das neue Prozedere, wobei die Kinder viele längere Nickerchen
machen, denen entweder er oder Lori sich anschließen, sie
anscheinend zu glücklicheren und weniger frustrierten Kindern
macht. Sie bauen ein Blockhaus, ohne großen Erfolg indes, denn
Mark findet es lustiger, das Haus wieder einzureißen. Aber da
Di ein grundsätzliches Faible für die Errichtung von
Blockhäusern hat und Mark gerne bei ihrer Zerstörung
zusieht, ist es eine gute Partnerschaft.
    »Was wollte Jesse denn?« fragt Lori auf dem Weg zur
Kaffeemaschine. Zur Zeit arbeitet sie am Schlächter in Gelb, dem sechsten Buch ihrer sehr populären
›Gespenster-Reihe‹ über den Schlächter, den
Massenmörder, der am Ende eines jeden Buches dem Detektiv
entwischt. Ihrem Erfolg ist das Anwesen hier jedoch nicht zu
verdanken – es ist das Resultat von Dis Tätigkeit bei der
NOAA –, aber es hat die Hartholztäfelung und die
extragroßen Schlafzimmer ermöglicht.
    »Ach, er und seine aktuelle Tussi machen sich Sorgen, weil
Rivera die sibirischen Raketen zerstört hat. Nicht, daß
der Vorgang kein Grund zur Sorge wäre, aber seine jetzige Tussi
ist eine politische Tussi, und deshalb machen sie sich mehr Gedanken
darüber als normale Jugendliche.«
    »Also nicht die beste Tussi«, kommentiert Lori grinsend.
»Alles, was du von einer Tussi verlangt hast, war ein
schöner Körper und moralische Verworfenheit.«
    »Genau. Ich hoffe bloß, daß seine Tussi diesen
aggressiven, schmallippigen Gesichtsausdruck nur deswegen aufsetzt,
weil sie eine Deeper ist und nicht etwa, weil sie ARTS
hat.«
    »Verworfenheit«, sagt Nahum deutlich. »Sie hat
ARTS«, fügt er dann hinzu.
    »Huch«, meint Lori. »Vielleicht vergißt er es
ja wieder, bevor Mama zu Besuch kommt.«
    Di blinzelt ihr zu, und sie grinst zurück, und ihm kommt der
Gedanke, daß die Kinder bald müde werden;
üblicherweise stellt Lori gegen 01:30 Uhr die Arbeit ein, wenn
die Kinder sich mitten in ihrer längsten Schlafphase befinden,
und er würde heute nacht gern mal wieder mit einer Erwachsenen
unter die Decke schlüpfen.
    Lori fährt sich mit der Zungenspitze über die Lippen,
drückt beim Umdrehen Po und Brust vor und grinst ihn
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