Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mutanten kommen

Die Mutanten kommen

Titel: Die Mutanten kommen
Autoren: Isidore Haiblum
Vom Netzwerk:
und einem Schnurrbart von gleicher Farbe. Unter der Besatzung der Mondbasis ging der Witz um, der Chef sehe aus wie Joe Stalin. Aber verglichen mit ihm war Onkel Joe geradezu buntscheckig.
    Er sah mich über den Tisch hinweg an, der die Ausmaße eines mittleren Schlachtschiffs besaß, und sagte ein einziges Wort: »Ärger.«
    »Um was geht es, Chef?« fragte ich. »Hat die Plastkuppel einen Sprung? Sind die Lufterneuerer ausgefallen? Ist das Essen wieder einmal verseucht? Ich glaube nicht, daß ich das ein weiteres Mal durchhalte.«
    »Nein«, erwiderte der Chef. »Nichts dergleichen.«
    Ich atmete auf und ließ mich im Sessel zurücksinken. Als Hauptbeseitiger von Ärgernissen bekam ich immer die schlimmsten Aufgaben übertragen. Und einige davon hatten mich schon an den Rand des Wahnsinns gebracht.
    »Diesmal ist es viel schlimmer«, erklärte der Chef. »Schlimmer?« Ich unterdrückte ein Kichern. Langsam wurde ich hysterisch. »Was könnte schlimmer sein?«
    »Die Erde.«
    Das Bild einer explodierenden Weltkugel zuckte durch meinen Geist. Ich erwog diese Möglichkeit und befand, daß ich damit leben konnte. Aber konnte es die Mondbasis? Wahrscheinlich nicht. Es würde noch ein gutes Dutzend Jahre dauern, bis sie auf eigenen Füßen stand.
    »Okay, Chef«, meinte ich. »Rücken Sie raus damit. Was immer es ist, es kann nicht schlimmer sein als damals der Ausfall des Lebenserhaltungssystems.«
    Der Chef sah mich aus seinen grauen, blutunterlaufenen Augen an.
»Wann hatten Sie Ihren letzten Urlaub, Morgan?«
Die Frage überraschte mich.
»Vor fünf langen Jahren, Chef. Nicht daß ich mich beschweren möchte. Schließlich gab es stets gute Gründe, daß ich ihn nicht antreten konnte. Und immerhin hatte ich vor sieben Monaten einen ganzen Sonntag frei.«
Der Chef nickte zufrieden.
»Wo wollten Sie den Urlaub verbringen, den Sie niemals bekamen? Auf der Erde?«
»Nein, im Bett. Diese Jobs zehren ganz schön an meinen Nerven.«
Der Chef verengte die Augen.
»Hören Sie, Morgan«, sagte er. »Die Mondbasis ist nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst. Und sie wissen das. Aber ich will Ihnen keine Vorwürfe machen.«
»Danke, Chef.«
»Ein Jahrzehnt lang hing unsere Arbeit am seidenen Faden und jetzt stehen wir am Rand des Abgrunds«, sagte der Chef bitter. »Wir mußten nehmen, was wir kriegen konnten – unter anderem Sie, Morgan, und ihren verdammten Humor.«
»Lassen wir meinen Humor aus dem Spiel«, meinte ich.
»Halten Sie den Mund, Morgan.«
»Ja, Sir.«
»Das einzige, das noch an den einstigen Ruhm der Mondbasis erinnert, ist ihre Puplic-RelationsAbteilung. Seien wir dankbar dafür. Auf der Erde hält man uns für ein gewinnträchtiges Unternehmen. Das ist Ihr As im Ärmel, Morgan.«
Ich hob die Brauen.
»Asim Ärmel? Welches Spiel soll ich spielen, Chef?«
»Eines mit höchstem Einsatz.«
»Das sind meistens die riskantesten und gemeinsten.«
»Genau. Sie werden sofort zur Erde abfliegen, Morgan.«
Ich starrte ihn an.
»Das ist ein Befehl, Morgan.«
»Um Himmels willen, ersparen Sie mir das. Ich mache alles für Sie, aber schicken Sie mich nicht zur Erde. Das ertrage ich nicht. Dort ist es schmutzig und laut und furchtbar eng. Ich bekäme mit Sicherheit Platzangst. Nur wer das nötige Kleingeld hat, kann's auf der Erde aushalten. Wir müssen uns schon genug mit den Budgetkürzungen herumschlagen. Verzichten Sie doch auf diese Ausgabe. Es gibt auf dem Mond genug für mich zu tun, warum soll ich mich auch noch um die Probleme der Erde kümmern?« 
    »Es sind unsere Probleme, Morgan.«
»Aber ...«
»Schließlich geht's unter anderem um Ihre Pension. Sie hoffen auf ein glückliches Leben im Alter? Nun, wer soll es Ihnen bezahlen, wenn nicht die Erde?«
»Ich kenne die Zustände.«
» Welche Zustände? Wenn Sie die Gesetzgebung meinen, so ist sie in den letzten neun Monaten viermal geändert worden. Als nächstes muß vielleicht Ihre Pensionsberechtigung dran glauben. Zusammen mit der ganzen Mondbasis!«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Vier Umstürze in weniger als einem Jahr. Und der letzte brachte Raymond Hess an die Macht!«
»So?«
»Raymond Hess, Morgan! Der neue Vorsitzende des Völkerrats trägt den Spitznamen BudgetkürzungsHess. Wissen Sie, wie er auf diesen Posten kam?«
»Durch einen Lotteriegewinn?«
»Er warb damit, daß er die Mondbasis auflösen will. Das beabsichtigt er!«
»Das wird die Öffentlichkeit niemals zulassen.«
Der Chef schüttelte den Kopf. »Sie verstehen immer noch nicht,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher