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Die Moselreise - Roman eines Kindes

Titel: Die Moselreise - Roman eines Kindes
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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Papa unterwegs bin, fahren wir sehr bald irgendwo hinauf auf eine Höhe, damit er mir alles erklären kann. Papa mag das sehr, und wenn wir auf der Höhe angekommen sind, pfeift er vor sich hin und freut sich, dass wir nun so hoch sind und man die ganze Umgebung gut überblicken kann. Papa mag es einfach, die Landschaften gut zu überblicken, und ich mag es auch ein bisschen, obwohl
ich es unten am Rhein doch noch etwas schöner fand. Papa fragte mich, ob es mir hoch oben gefalle, und ich sagte »ja, sehr«, aber unten am Rhein habe es mir noch etwas besser gefallen, da sagte er, dass wir nach dem Essen noch einmal hinunter an den Rhein gehen würden, mir zuliebe, dass wir aber jetzt etwas Gutes essen wollten, denn hier oben, im Berghotel, gebe es etwas viel Besseres zu essen als unten am Rhein.
    Buntpostkarten Berghotel »Rittersturz«
    In der Hotelhalle des Berghotels »Rittersturz« haben wir drei Buntpostkarten gekauft, auf denen das Berghotel abgebildet ist. Zwei dieser Karten klebe ich in mein Reisetagebuch, die dritte schicke ich an Mama.
    Wir haben uns hingesetzt und den Ober hin und her laufen lassen, und wir haben etwas zu trinken und zu essen bestellt. Papa hat eine Roulade gegessen und ich eine Bratwurst, und ich muss sagen, dass das Essen wahrhaftig sehr gut war und wahrscheinlich viel besser als das Essen unten am Rhein. Jedenfalls habe ich vom Berghotel«Rittersturz« aus den Rhein sehen können und auch die Mosel, die wir nun entlang wandern wollen bis Trier, und ich habe eine römische Brücke gesehen und eine Festung, es war schon toll, auf der Höhe zu sitzen und das alles zu sehen.
     
    Nach dem guten, nein, nach dem sehr guten Essen habe ich auf der dritten Buntpostkarte an Mama geschrieben und die Karte dann in den Briefkasten des Hotels geworfen.

    Postkarte 2
    Liebe Mama, wir sitzen im Hotel »Rittersturz« hoch über Koblenz und haben gerade zu Mittag gegessen. Gleich gehen wir wieder an den Rhein, und dort denke ich an Dich, denn Du stehst dann ja zur selben Zeit in Köln am Rhein. Mach Dir keine Sorgen, es geht mir sehr gut. Auch Papa hat sehr gute Laune und lauter prima Ideen. Dein Bub
    Wir sind mit dem Bus wieder hinunter gefahren, und Papa hat Wort gehalten, und wir sind noch einmal für eine Stunde an den Rhein gegangen. Papa hat die »Rhein-Zeitung« gelesen, und ich habe wieder die Steine hüpfen lassen, und am Schluss hat auch Papa noch einmal die Steine hüpfen lassen. Papas Hüpf-Rekord war neunmal, und ich bin bis sieben gekommen, immerhin, beinahe hätten meine Steine sogar so oft gehüpft wie Papas Steine, also neunmal.
    An Mama denken
    Ich habe an Mama gedacht und daran, wie sie in ihrem langen, hellen Mantel in Köln am Rhein steht und an mich denkt.
    Mama hat einen Moment die Augen geschlossen und ganz feste an mich gedacht.
    Und ich habe einen Moment die Augen geschlossen und ganz feste an Mama gedacht.
    Und da hat es wirklich geklappt, wir haben uns beide gesehen.
    Dann aber sind Papa und ich wieder zum Bahnhof gegangen, wir haben unser Gepäck aus dem Schließfach geholt und sind mit einer Bummelbahn nach Kobern-Gondorf gefahren. In Kobern-Gondorf haben wir unser Gepäck bis zu
einem Hotel getragen, das Hotel hieß »Zum Keglerheim«, weil man dort kegeln konnte. Ich sagte, dass ich große Lust zum Kegeln hätte, Papa aber sagte, dass man nicht am Nachmittag kegle, sondern am Abend, und wenn die Kegelbahn frei sei, würden wir dann auch versuchen, am Abend zu kegeln, vorher aber sollten wir uns die Mosel anschauen.
     
    Wir haben unsere Badesachen aus den Koffern geholt und sind hinunter zur Mosel gegangen, und dann haben wir beide in der Mosel gebadet, und manchmal sind ein paar Schiffe vorbei gekommen, und Papa hat mir erklärt, dass es keine Schiffe, sondern Schleppkähne seien.
    Die Mosel
    Die Mosel bei Kobern-Gondorf ist nicht so breit wie der Rhein bei Köln.
    Papa sagt, der Rhein sei ein »mächtiger«, die Mosel aber ein »lieblicher« Fluss.
    An »lieblichen« Flüssen wächst sehr viel Wein, an »mächtigen« wächst nicht so viel Wein, dafür aber fahren mehr Schiffe.
    Ich habe ununterbrochen in der Mosel gebadet, aber Papa ist nach einer Weile ans Ufer gegangen und hat etwas gelesen. Das Buch, das er liest, ist auf Latein und auf Deutsch und von einem alten, römischen Autor.

    Das Buch, das Papa liest
    Magnus Ausonius: »Mosella« - so heißt der Autor, und so heißt das Buch.
    Das Buch handelt von der Mosel.
    Papa sagt, dass auch Ausonius die Mosel
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