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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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aufschrie. Danach drückte er ihr einen Klebestreifen auf den Mund und folgte seinem Chef.
    „Zwanzig Minuten“, sagte Jordan. „Geben Sie mir nur zwanzig Minuten.“ Er zog sich die schwarze Mütze tiefer ins Gesicht. Die geborgte Royal-Navy-Uniform war an den Schultern ein bisschen zu eng, und die an die Brust geschnallte Automatik fühlte sich fremd an, aber beides war unbedingt nötig, wenn er bei dieser Maskerade mitmachen wollte.
    Leider waren die sieben anderen Männer des Enterkommandos, alles Marineoffiziere, nicht gerade begeistert, einen Amateur mitnehmen zu müssen. Ihre skeptischen Mienen ließen daran keinen Zweifel.
    Jordan ignorierte sie und konzentrierte sich auf das breite Deck der Villafjord, das jetzt direkt unter den Kufen des Hubschraubers lag. Kaum hatte der Helikopter aufgesetzt, sprangen die Männer ins Freie, Jordan unter ihnen.
    Der Pilot hob sofort wieder ab.
    Ein blonder Mann eilte auf sie zu.
    Jordan mischte sich unter die anderen und wandte das Gesicht ab.
    Der ranghöchste Offizier des Teams trat auf den Blonden zu. „Lieutenant Commander Tobias, Royal Navy. Wir hatten unseren Besuch bereits angekündigt.“
    „Simon Trott. Vizepräsident der Weldon Company. Wie können wir Ihnen helfen, Commander?“
    „Wir möchten uns Ihre Besatzung ansehen.“
    „Natürlich. Sie ist schon versammelt.“ Trott zeigte auf die Männer, die am Aufgang zur Brücke warteten.
    „Sind das alle?“
    „Alle außer dem Kapitän und Mr. Van Weldon. Die sind auf der Brücke.“
    „Unter Deck ist niemand?“
    „Nein, Sir.“
    Commander Tobias nickte. „Fangen wir an.“
    Trott ging vor. Während der Rest des Enterkommandos ihm folgte, blieb Jordan zurück und wartete auf eine Chance, sich unauffällig abzusetzen.
    Niemand sah, wie er im Niedergang verschwand.
    Die Besatzung war oben, also hatte er das Unterdeck für sich.
    Er eilte den ersten Korridor entlang, schaute in jede Kabine und rief leise Cleas Namen. Er kontrollierte die Quartiere der Mannschaft und der Offiziere, die Messe und die Kombüse.
    Clea war nirgends zu sehen.
    Auf dem Weg nach achtern passierte er einen Lagerraum, in dem sich etwa ein Dutzend verschieden großer Kisten befand.
    Auf einer saß der Deckel schief und er hob ihn an, um hineinzusehen.
    Sie enthielt den sorgfältig verpackten Kopf einer Bronzestatue und einen Handschuh. Einen Frauenhandschuh, Größe fünf.
    Jordan sah sich um. „Clea?“
    Zehn Minuten waren bereits vergangen.
    Mit wachsender Panik eilte er weiter und riss jede Tür auf.
    Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, und er musste noch die Laderäume und die Maschine kontrollieren.
    Über ihm wurde das dumpfe Knattern immer lauter. Gleich würde der Hubschrauber wieder landen.
    Sein Blick fiel auf eine Mahagonitür, auf der Privat stand. Die Kapitänskajüte? Jordan drehte am Knauf. Sie war verschlossen. Er hämmerte dagegen. „Clea?“
    Keine Antwort.
    Sie hörte das Hämmern, dann Jordans Stimme.
    Sie versuchte zu antworten, aber der Klebestreifen ließ nur ein ersticktes Wimmern zu. Wie eine Verrückte wand sie sich auf dem Stuhl, aber die Fessel hielt.
    Geh nicht weg! wollte sie rufen. Ich bin hier!
    Verzweifelt warf sie sich zur Seite, bis der Stuhl umkippte.
    Ihr Kopf schlug gegen eine Tischkante. Ein stechender Schmerz durchzuckte sie. Benommen lag sie auf dem Boden. Als ihr schwarz vor Augen wurde, wehrte sie sich gegen die einsetzende Ohnmacht.
    Wie durch Watte hörte sie ein dumpfes Geräusch. Immer wieder, wie ein Trommeln in der Dunkelheit.
    Sie riss die Augen auf. Es wurde heller, bis sie die Umrisse der Möbel wahrnahm.
    Als sie begriff, dass das Trommeln von der Tür kam, hob sie den Kopf und sah, wie das Holz zersplitterte und die leuchtend rote Klinge einer Axt zum Vorschein kam. Das Loch wurde größer, und ein Arm schob sich hindurch. Eine Hand tastete nach dem Knauf.
    Dann stand Jordan plötzlich vor ihr.
    „Mein Gott“, murmelte er.
    Ihre Hände waren so gefühllos, dass sie gar nicht spürte, wie er die Fesseln zerschnitt.
    Aber sie spürte seinen Kuss. Behutsam zog er ihr den Klebestreifen vom Mund, hob sie auf und presste die Lippen auf ihre. Während sie schluchzend in seinen Armen lag, küsste er ihr Haar und das Gesicht und murmelte immer wieder ihren Namen, als könnte er ihn gar nicht oft genug aussprechen.
    Erst ein leises Summen ließ ihn den Kopf heben. Rasch schaltete er das Gerät an seinem Gürtel aus. „Wir haben noch eine Minute“, erklärte er. „Kannst du
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