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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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schrill. „Sie brauchen uns!“
    „Nicht mehr“, erwiderte Trott.
    Clea fuhr zusammen, als die Schüsse fielen. Es waren dreikurz hintereinander. Sie presste die Hand auf den Mund und glaubte, in der engen Kiste ersticken zu müssen.
    Dann drang ein verzweifeltes Schluchzen durch das Holz. Veronica war noch am Leben.
    „Nur eine Warnung, Mrs. Cairncross“, sagte Trott. „Das nächste Mal treffe ich.“ Seine Schritte entfernten sich. „Hierher! Ladet die Kisten auf den Lastwagen!“
    Andere Schritte und ein quietschender Transportwagen näherten sich.
    „Zuerst die große“, befahl Trott.
    Clea hielt den Atem an, als ihre Kiste zur Seite kippte und sie zwischen der Seitenwand und dem bronzenen Torso eines Mannes eingeklemmt wurde.
    „Verdammt, ist die schwer. Was ist denn da drin, um alles in der Welt?“
    „Das geht euch nichts an.“
    Mühsam wuchteten die Männer die sperrige Kiste auf den Wagen. Erst als sie schließlich auf der Ladefläche des wartenden Trucks landete, holte Clea tief Luft.
    Sie war gefangen. Bei dem Betrieb auf der Rampe konnte sie schlecht herausklettern und davonschlendern.
    Bevor sie eine Entscheidung treffen konnte, wurde sie ihr abgenommen. Die Männer schoben eine zweite Kiste auf die, in der sie sich befand. Sie saß in der Falle.
    Die Leuchtziffern ihrer Uhr zeigten 8:10.
    Um 8:25 fuhr der Lastwagen los. Cleas Waden schmerzten, die Sägespäne waren in den Kragen gerutscht, und sie wehrte sich gegen die Platzangst. Der Deckel ließ sich nicht bewegen.
    Sie presste den Mund an ein winziges Astloch und sog den Sauerstoff ein, bis ihre Panik sich legte.
    Etwas Hartes bohrte sich in ihren Schenkel. Sie schaffte es, eine Hand in die Hosentasche zu schieben. Es war Jordans Uhr. Die sie ihm gestohlen hatte.
    Inzwischen musste er ihr Fehlen bemerkt haben. Bestimmt hasste er sie und war heilfroh, sie endlich los zu sein. Genau das sollte er auch. Er war ein Gentleman, sie eine Diebin. Nichts konnte die Welten überbrücken, die sie trennten.
    Doch jetzt, in der sargähnlichen Enge der Kiste, mit seiner Uhr in der Hand, sehnte sie sich so sehr nach Jordan, dass ihre Augen feucht wurden.
    Sie küsste das alte Erbstück und ließ den Tränen freien Lauf.
    Als der Lastwagen endlich wieder hielt, fühlte Clea sich seelisch und körperlich völlig ausgelaugt. Ihre Beine fühlten sich taub an.
    Die anderen Kisten wurden zuerst entladen. Dann war ihre an der Reihe. Sie hörte die Stimmen der Arbeiter. Nach einer kurzen Fahrt auf einem Gabelstapler wurde die Kiste unsanft abgesetzt.
    Als Stille eintrat, versuchte Clea, den Deckel anzuheben. Aber das Gewicht der anderen Kiste hatte die Nägel wieder ins Holz getrieben. Zum Glück hatte sie das Stemmeisen mitgenommen. Es war nicht einfach, aber sie schaffte es.
    Der Deckel ging auf.
    Vorsichtig schaute sie hinaus. Es roch nach Dieselkraftstoff.
    Sie befand sich in einem Lagerraum. Neben ihr standen die anderen Kisten. Kein Mensch war zu sehen.
    Sie kletterte hinaus. Ihre Beine kribbelten, als das Blut wieder zu zirkulieren begann. In der Wand war eine Stahltür, und sie öffnete sie so leise wie möglich.
    Vor ihr lag ein schmaler Gang. Hinter einer Ecke lachten und scherzten zwei Männer.
    Plötzlich bewegte sich der Boden unter Cleas Füßen. Das Maschinengeräusch wurde lauter.
    Erst als sie sich an der Wand festhielt, bemerkte sie den Feuerlöscher, auf dem Villafjord stand.
    Ich bin auf seinem Schiff, dachte sie entsetzt. Ich bin auf Van Weldons Schiff gefangen!
    Der Boden schwankte, das tiefe Brummen schwoll an, und die Wand vibrierte. Clea begriff.
    Die Villafjord hatte abgelegt.

13. KAPITEL
    M acLeod und die Polizei warteten bereits am
    Kai, als Jordan mit seinem Onkel Hugh und Richard Wolf dort eintraf.
    „Wir kommen zu spät“, sagte MacLeod.
    „Was soll das heißen?“ fragte Jordan scharf und musterte ihn finster.
    „Ich nehme an, dies ist der junge Tavistock?“
    „Mein Neffe Jordan“, erklärte Hugh. „Was ist los?“
    „Die Villafjord sollte um Mitternacht ablegen.“
    „Wo ist sie?“
    „Genau das ist das Problem“, erwiderte der Mann von Interpol trocken. „Wie es aussieht, ist sie schon vor zwanzig Minuten ausgelaufen.“
    „Aber es ist erst halb zehn.“
    Betrübt schüttelte MacLeod den Kopf. „Offenbar haben sie ihre Pläne geändert.“
    Jordan starrte auf das dunkle Hafenbecken. Ein kalter Wind blies landeinwärts, und er spürte das Salz auf der Haut. Sie ist dort draußen, dachte er. Ich fühle es. Und sie
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