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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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hat!“
    „Das weiß ich. Aber wir sind beide erschöpft und werden Fehler machen. Lass uns die Polizei anrufen. Soll die das erledigen. Dann können wir in unser Leben zurückkehren. In unser richtiges Leben, verstehst du?“
    Sie sah ihm in die Augen. Oh ja, ich verstehe, dachte sie. Du hast genug von dem hier. Genug von mir.
    Trotzig hob sie das Kinn.
    „Ich will auch nach Hause. Ich bin die Hotels, die fremden Betten und die Perücken leid. Aber genau deshalb müssen wir es auf meine Weise zu Ende bringen. Nur so kann es klappen.“
    „Deine Weise ist viel zu riskant. Die Polizei …“
    „Ich traue der Polizei nicht!“ Aufgebracht ging sie ans Fenster und kam wieder zurück. „Ich habe nur deshalb so lange überlebt, weil ich niemandem traue und mich nur auf mich selbst verlasse.“
    „Du kannst dich auf mich verlassen“, sagte er leise.
    Sie lachte. „Hier draußen, Liebling, ist jeder auf sich allein gestellt. Vergiss das nicht. Du darfst niemandem trauen.“ Sie sah ihn an. „Nicht einmal mir.“
    „Aber ich tue es trotzdem.“
    „Dann bist du verrückt.“
    „Warum? Weil du mal im Gefängnis gesessen hast? Weil du in deinem Leben ein paar Fehler gemacht hast?“ Er umfasste ihre Schultern. „Hast du Angst davor, dass ich an dich glaube?“
    „Ich will niemanden enttäuschen.“
    „Das wirst du nicht“, versicherte er ihr und küsste sie.
    Sie erwiderte den Kuss, obwohl sie es nicht wollte. Sie wusste, dass es zwischen ihnen keine saubere, glatte Trennung geben würde. Der Bruch würde schmerzhaft und bitter werden.
    Und unausweichlich.
    „Ich werde dir jetzt vertrauen, Clea“, sagte er leise. „Ich werde mich darauf verlassen, dass du tust, worum ich dich bitte. Dass du in diesem Zimmer bleibst und alles Weitere mir überlässt.“
    „Aber ich …“
    Er presste einen Finger auf ihre Lippen. „Kein Widerspruch. Du wirst auf mich warten. Hier, in diesem Zimmer. Verstanden?“
    Sie zögerte. Dann seufzte sie. „Verstanden.“
    Lächelnd gab er ihr einen Kuss.
    Sie lächelte auch, als er das Zimmer verließ. Doch als sie ans Fenster trat und zusah, wie er aus dem Hotel kam, verblasste ihr Lächeln.
    Beim Umdrehen fiel ihr Blick auf Jordans Jacke, die er über eine Stuhllehne gehängt hatte. Einer plötzlichen Eingebung folgend griff sie hinein und nahm die goldene Taschenuhr heraus. Sie ließ den Deckel aufschnappen und las den eingravierten Namen. Bernard Tavistock.
    Dies ist das Ende, hier und jetzt, dachte sie. Irgendwann endet es sowieso, warum also nicht gleich? Wenn ich diese Uhr nehme, die ihm so viel bedeutet, breche ich alle Brücken hinter mir ab. Schließlich bin ich eine Diebin, eine Vorbestrafte, und er wird froh sein, mich los zu sein.
    Sie steckte die Uhr ein. Vielleicht würde sie sie ihm eines Tages schicken. Wenn sie dazu bereit war. Wenn sie an ihn denken konnte, ohne dass es ihr das Herz brach.
    Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Jordan war nirgendwo zu sehen. Leb wohl, dachte sie. Leb wohl, mein geliebter Gentleman.
    Und dann verließ sie das Zimmer.

12. KAPITEL
    R ichard Wolf telefonierte gerade mit Brüssel, als es läutete. Er achtete nicht weiter darauf. Der Butler würde sich darum kümmern. Erst als Davis an die Tür des Arbeitszimmers klopfte, beendete Richard das Gespräch.
    „Verzeihen Sie die Störung, Mr. Wolf“, sagte der Butler. „Aber ein ausländischer Gentleman besteht darauf, Sie sofort zu sprechen.“
    „Ein Ausländer?“
    „Ein … Inder, glaube ich.“ Davis machte eine kreisende Handbewegung über seinem Kopf. „Ein Sikh, vermute ich. Er trägt einen Turban.“
    Richard folgte ihm zur Haustür.
    Davor stand ein kleiner, angenehm aussehender Mann mit gepflegtem Bart und Goldzahn. „Mr. Wolf?“
    „Ja.“
    „Sie haben ein Taxi bestellt.“
    „Ich fürchte, das habe ich nicht.“
    Wortlos übergab der Sikh ihm einen Umschlag.
    Richard sah hinein. Er enthielt einen einzelnen goldenen Manschettenknopf mit der Gravur J.C.T.
    Jordans.
    Richard nickte. „Ja, natürlich. Das hatte ich ganz vergessen, ich habe ja noch einen wichtigen Termin. Ich hole nur rasch meinen Aktenkoffer. Wenn Sie bitte einen Moment warten … ich komme sofort.“
    Während der Mann an der Haustür wartete, eilte Richard ins Arbeitszimmer. Er schob die 9-mm-Automatik ins Schulterhalfter und kehrte mit einem leeren Aktenkoffer zurück.
    Der Inder führte ihn zu einem Taxi. „Wohin fahren wir?“ fragte Richard, als sie losfuhren.
    „Harrods. Dort werden Sie eine
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