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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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rate dir, Ollie alles zu sagen. Er wird dir vergeben. Da bin ich mir ganz sicher.“
    „Selbst wenn, sind da immer noch die Briefe. Guy bringt es fertig, sie an die falschen Leute zu schicken. Wenn die Medien davon Wind bekommen, wird Ollie womöglich in aller Öffentlichkeit erniedrigt.“
    „Du glaubst, das bringt er fertig?“
    „Zweifellos. Ich würde ihm die Briefe ja abkaufen, aber seit ich in Monte Carlo so viel Geld verloren habe, hält Ollie mich ziemlich knapp. Und von dir kann ich mir nichts leihen. Ich meine, es gibt Dinge, um die man Freunde einfach nicht bitten darf.“
    „Ich würde sagen, ein Einbruch gehört dazu“, entgegnete Jordan trocken.
    „Aber es wäre doch kein Einbruch! Ich habe die Briefe geschrieben, also sind es meine. Ich hole mir nur zurück, was mir gehört.“ Sie beugte sich vor. „Es wäre doch ganz einfach, Jordie. Ich weiß, in welcher Schublade er sie aufbewahrt. Deine Schwester feiert am Samstagabend ihre Verlobung. Wenn du ihn hierher einladen könntest …“
    „Beryl kann Guy Delancey nicht ausstehen.“
    „Lad ihn trotzdem ein! Und während er hier in Chetwynd Champagner schlürft …“
    „Breche ich in sein Haus ein?“ Jordan schüttelte den Kopf. „Und wenn ich erwischt werde?“
    „Guys Personal hat samstagabends frei. Es wird niemand da sein. Und selbst wenn du ertappt wirst, kannst du es als lustigen Streich ausgeben. Nimm vorsichtshalber eine aufblasbare Puppe mit, und sag ihnen, die wolltest du in sein Bett legen. Sie werden dir glauben. Du bist schließlich ein Tavistock!“
    Er runzelte die Stirn. „Deshalb bittest du ausgerechnet mich darum? Weil ich ein Tavistock bin?“
    „Nein, weil du der klügste Mann bist, den ich kenne. Weil du noch nie eins meiner Geheimnisse verraten hast.“ Vertrauensvoll sah sie ihm in die Augen. „Und weil du der Einzige bist, auf den ich mich verlassen kann.“
    Verdammt. Damit hatte er rechnen müssen.
    „Tu es für mich, Jordie“, bat sie sanft. „Versprich mir, dass du es tust.“
    Er rieb sich die Stirn. „Ich denke darüber nach.“ Resigniert ließ er sich in den Sessel sinken und starrte auf die Gemälde seiner Vorfahren an der Wand. Alles ehrenwerte Gentlemen, dachte er. Kein einziger Einbrecher darunter.
    Bis jetzt.
    Um fünf nach elf gingen die Lichter im Quartier der Dienstboten aus. Der gute alte Whitmore war pünktlich wie immer. Um neun Uhr hatte er seine Runde durchs Haus gemacht. Um halb zehnhatte er unten aufgeräumt und war in die Küche gegangen, vielleicht um sich einen Tee zu machen. Um zehn Uhr hatte er sich oben vor seinen Fernseher gesetzt. Um fünf nach elf hatte er das Licht ge löscht.
    So war es an jedem Abend der vergangenen Woche gewesen. Clea hatte das Haus seit dem letzten Samstag beobachtet und vermutete, dass sich daran bis zu seinem Tod auch nichts ändern würde. Butler legten großen Wert auf Ordnung.
    Jetzt stellte sich nur noch die Frage, wann er endlich einschlafen würde.
    Clea erhob sich hinter der Eibenhecke und wechselte von einem Fuß auf den anderen, um die eingeschlafenen Beine zu wecken. Die Reithose klebte an der Haut, denn der Rasen war feucht. Obwohl es warm war, fror sie. Nicht nur vor Kälte, sondern auch vor Aufregung, Vorfreude und … jawohl, auch Angst. Die Angst war nicht groß. Sie war ziemlich sicher, dass man sie nicht erwischen würde. Trotzdem, ein Risiko bestand immer.
    Sie würde Whitmore zwanzig Minuten zum Einschlafen geben, mehr nicht. Schließlich war es möglich, dass Guy Delancey früher als erwartet von der Party heimkam. Und sie wollte nicht mehr im Haus sein, wenn er es betrat.
    Inzwischen musste der Butler eingeschlafen sein.
    Clea huschte um die Hecke und sprintete über den Rasen, bis sie hinter einem Busch in Deckung gehen konnte. Im Haus bewegte sich nichts. Kein Laut, kein Licht. Zum Glück für sie mochte Guy Delancey keine Hunde. Ein bellender Vierbeiner war das Letzte, was sie jetzt brauchte.
    Sie schlich um eine Hausecke und über die gepflasterte Terrassezur Glastür. Wie erwartet war sie verschlossen. Aber, auch das hatte sie erwartet, das Schloss war kein Problem. Es war alt und rostig. Sie holte den Satz Dietriche aus der Gürteltasche und probierte sie einen nach dem anderen. Der vierte passte.
    Ein Kinderspiel.
    Sie öffnete die Tür und betrat die Bibliothek. Im Mondschein sah sie die deckenhohen Bücherregale. Jetzt kam der schwierige Teil. Wo war das Auge von Kaschmir? Hier bestimmt nicht, dachte sie, während sie den
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