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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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Hose.
    „Zum letzten Mal … wer sind Sie?“ wiederholte er scharf.
    Als Antwort erhielt er nur ein rätselhaftes Lächeln, das ihn überraschte. In genau dem Moment sprang die Gestalt in Schwarz wie eine Katze auf ihn zu. Jordan taumelte zurück und stieß gegen den Bettpfosten. Der Eindringling hastete zur Balkontür. Jordan machte einen Satz und packte ein Hosenbein. Sie fielen beide zu Boden und prallten gegen den Sekretär. Stifte segelten durch die Luft. Jordans Gegner wand sich und rammte ihm ein Knie in den Schritt. Der Schmerz war höllisch, und fast hätte er ihn losgelassen. Der Einbrecher bekam eine Hand frei und kroch davon.
    In letzter Sekunde sah Jordan den Brieföffner, dessen Spitze auf ihn zusauste. Er ergriff das Handgelenk und drehte es, bis die Waffe aus den Fingern glitt. Die Gestalt schlug mit beiden Fäusten auf Jordan ein. Er wehrte die Schläge ab und riss dabei dem Mann die Mütze vom Kopf.
    Langes blondes Haar strömte wie ein Fächer auf den Boden und glänzte im Mondschein. Verblüfft starrte Jordan darauf.
    Eine Frau!
    Einen endlosen Moment lang starrten sie einander an. IhreHerzen so dicht beieinander, dass jeder das Klopfen des anderen spürte.
    Eine Frau.
    Ohne jede Vorwarnung reagierte sein Körper auf eine Weise, die rein instinktiv und nicht zu unterdrücken war. Sie war zu warm, zu nah. Und sehr, sehr feminin. Selbst durch die Kleidung hindurch waren die sanften Kurven einfach zu offensichtlich. Genauso wie seine Erregung für sie.
    „Lassen Sie mich los“, flüsterte sie.
    „Erst sagen Sie mir, wer Sie sind.“
    „Sonst was?“
    „Sonst werde ich …“
    Sie lächelte zu ihm hinauf, und ihr Mund war seinem so nah, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
    Erst als der Fußboden knarrte und Schritte sich näherten, setzte sein Verstand wieder ein. Vom Flur her drang Licht herein, und eine Männerstimme ertönte. „Was ist los? Wer ist da?“
    Blitzartig sprangen Jordan und die Frau auf und rannten auf den Balkon. Die Frau stieg als Erste über das Geländer und kletterte wie ein Affe an der Glyzinie hinab. Als Jordan unten ankam, sprintete sie bereits über den Rasen.
    An der Eibenhecke holte er sie ein und hielt sie fest. „Was hatten Sie dort drin zu suchen?“
    „Was hatten Sie dort drin zu suchen?“ entgegnete sie.
    Im Schlafzimmer ging das Licht an. „Diebe! Kommt ja nicht zurück!“ rief eine zornige Stimme vom Balkon. „Ich habe die Polizei gerufen!“
    „Ich verschwinde“, sagte die Frau und eilte zum Waldrand.
    Jordan seufzte. „Gute Idee“, murmelte er und hastete hinterher.
    Eine Meile lang rannten sie nebeneinanderher, wichen Dornenbüschen aus und duckten sich unter Zweige. Es war anstrengend, aber die Frau ermüdete nicht und bewegte sich wie jemand in Topform. Erst als sie den Wald hinter sich hatten, merkte er, dass auch ihr Atem schneller ging.
    Er hätte auf der Stelle umfallen können.
    Am Rand einer Wiese blieben sie stehen. Der Himmel war wolkenlos, der Wind warm und würzig.
    „Sagen Sie“, keuchte er, „machen Sie das hier beruflich?“
    „Ich bin keine Diebin, falls Sie das meinen.“
    „Sie benehmen sich auf jeden Fall wie eine. Und sehen auch aus wie eine.“
    „Ich bin keine Diebin.“ Sie lehnte sich gegen einen Baum. „Sind Sie einer?“
    „Natürlich nicht!“
    „Was soll das heißen, natürlich nicht? Wäre das unter Ihrer Würde, oder was?“
    „Überhaupt nicht. Das heißt … Ich meine …“ Er schüttelte den Kopf. „Was meine ich eigentlich?“
    „Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“
    „Ich bin kein Dieb“, erklärte er nachdrücklich. „Das Ganze war … nur ein Streich, mehr nicht.“
    „Ich verstehe.“ Ihr Blick war skeptisch. Der Mondschein erhellte ihr Gesicht, und jetzt, da er sie in Ruhe betrachten konnte, sah er, dass sie recht hübsch war. Er dachte daran, wie sie unter ihm gelegen hatte, und das Verlangen durchströmte ihn erneut.
    Verdammt. Er brauchte ihr nur nahe zu kommen, und schon drehten seine dämlichen Hormone durch.
    Er trat zurück und zwang sich, nur ihr Gesicht zu sehen. Unter all der Farbe war es kaum zu erkennen, aber ihre Stimme würde er nicht so schnell vergessen. Sie war leise und kehlig, der Akzent ganz sicher nicht englisch. Amerikanisch?
    „Was haben Sie aus dem Schrank genommen?“ fragte sie. „Gehörte das auch zum Streich?“
    „Das … haben Sie gesehen?“
    „Allerdings.“ Herausfordernd hob sie das Kinn. „Wollen Sie immer noch behaupten, dass es nur
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