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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einzugliedern war. Er war ein Idealist und Zyniker zugleich und zog sich in Zweifelsfällen mit dem dummen Satz zurück: »Die größte Strafe des Lebens ist das Leben …«
    Ihn zu fragen, war sinnlos. Und um allein zu handeln, war sie sich nicht sicher genug, ob das, was sie tun wollte, auch richtig war.
    Tief in Gedanken schritt sie ihrer Wohnung zu und schreckte erst auf, als sie vor der Haustür das Fahrrad Herbert Sankes stehen sah.
    Auf der gleichen Straße wie Heinz Konradi, ein wenig weiter dem Ortsausgang zu, hauste in einem Dachzimmerchen Erich Kiel. Er war ein mittelgroßer, untersetzter, in der Mitte der Vierzig stehender Mann mit einer Halbglatze, der vom Offizier nach dem Krieg zum kleinen Vertreter herabgesunken war und sich mit Mühe durch das feindliche Leben schlug. Rhetorisch begabt und vollgesogen mit einem Wissen, aus dem er keinen unmittelbaren Nutzen mehr ziehen konnte, repräsentierte er mit Würde den Stand der aus der Bahn Geworfenen und versorgte die Familie Konradi wöchentlich mit neuen Plänen und erregten Auslassungen über die Unfähigkeit der Maßgeblichen, das Staatsschiff so zu steuern, daß es auch an seinem Hafen vorbeikam. Er verachtete deshalb auch jede produktive Arbeit als Form einer die besitzenden Klassen bereichernden Fron und verrannte sich in den Gedanken, die Welt müßte sich um ihn drehen, um überhaupt einen Sinn zu haben.
    Im Augenblick trug er sich mit dem festen Gedanken, nach Südafrika auszuwandern, um dort die Stufenleiter des Lebens neu emporzuklettern, mit Hilfe der Hottentotten. Hier, in Deutschland, hatte er die Vertretung des Magenlikörs ›Tropfenfänger‹ übernommen und mußte sich mit den Gastwirten herumschlagen.
    Erich Kiel lag gerade auf dem Bett in seiner Mansarde und las in einem südafrikanischen Reiseführer, als Heinz Konradi die Treppen heraufstürmte und in sein Zimmer eindrang. Heinz klopfte dem Freund zur Begrüßung auf den Bauch und setzte sich auf die quietschende Bettkante.
    »Du, Erich«, sagte er mit fliegendem Atem, »ich brauche sofort deinen Einsatz. Brigitte ist da, ein gewisser Herbert Sanke ebenfalls …«
    »Wer ist Herbert Sanke?« Erich Kiel legte das Buch weg und griff nach seinem Zigarettenpäckchen.
    »Ein Bekannter. Schwimmt phantastisch. Vertreter für Lehrmittel, früher Milchprüfer. Weiß nicht, weshalb er umgestiegen ist. Soll uns auch egal sein. Ein Bulle, sage ich dir. Hat auf Gitti seine zwei Augen und das Herz dazu geworfen. Aber Eli ist dagegen.«
    »Wieso? Kann sie das nicht Brigitte überlassen?«
    »Das sage ich auch. Und darum brauche ich dich dringend. Auf mich hört sie nicht. Sie traut mir nur Unsinn zu und gibt mir Kontra, also mußt du mit deiner Schnauze …«
    »Erlaube mal!«
    »… mit deiner großen Schnauze unbedingt versuchen, Elisabeth von Brigitte und Herbert Sanke fernzuhalten. Ich werde einen Spaziergang inszenieren, bei dem du meine Frau irgendwie von uns trennen mußt. Ich lasse dann Gitti und Sanke ebenfalls allein, und die Sache kann ihren Lauf nehmen.«
    Erich Kiel starrte seinen Freund an und richtete sich langsam auf.
    »Junge, da stimmt doch etwas nicht. Was hast du vor? Das riecht nach Kuppelei.«
    »Ausdrücke hast du!« Konradi zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. »Was ich mache, dient dem Wohle aller … wenn's klappt, meine ich. Dabei sollst du mir ein wenig helfen. Ist das zuviel verlangt?«
    Erich Kiel faßte Heinz Konradi an den Rockaufschlägen und zog ihn zu sich heran. »So, nun mal raus mit der Sprache! Jetzt will ich es genau wissen. Beichte, gestehe, bekenne Farbe! Was hast du vor? Worum geht's dir? Ich kenne dich doch. Keinem anderen wäre es gleichgültiger, ob dieser Milchprüfer …«
    »Lehrmittelvertreter.«
    »… Lehrmittelvertreter bei Brigitte an sein Ziel kommt oder nicht. Also, wieso bist du so sehr daran interessiert?«
    Heinz Konradi druckste ein wenig herum, doch dann begann er zögernd, seine durchaus wirtschaftlichen Gedanken preiszugeben.
    »Mein Verlag ist pleite«, sagte er. »Ich habe siebentausend Mark an Honoraren eingebüßt, das weißt du …«
    »Allerdings.«
    »Eine Stellung als Redakteur ist schwer zu bekommen. Die Posten sind alle besetzt.«
    »Weiß ich auch.«
    »Herr Sanke ist Vertreter in Lehrmitteln. Das hat Zukunft, sage ich dir, denn Schulen und Schüler wird es immer geben, und sie brauchen ständig neue Lehrmittel: Kreide, Schwämme, Zeigestäbe, Tafeln, Tintenfässer, Karten, Modelle, Chemikalien, physikalische Geräte und
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