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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
Autoren: Petros Markaris
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1
     
    Ich sitze auf glühenden Kohlen. Jetzt ist es schon Viertel nach sechs. Um halb sieben werden wir in der Kirche erwartet. Adriani und Katerina haben sich im Schlafzimmer verbarrikadiert, um - wie sie sich ausdrücken - noch einmal letzte Hand ans Brautkleid zu legen. Warum man an einem sündhaft teuren Brautkleid noch etwas ändern muss, ist mir schleierhaft.
    »Wenn ihr nicht bald fertig seid, springt uns Fanis noch ab!«, rufe ich aus dem Wohnzimmer hinüber.
    Meine Warnung verhallt ungehört. Ungeduldig laufe ich in Paradeuniform auf und ab, und zwar nicht auf dem Syntagma-Platz, sondern im Wohnzimmer. Ich habe das gute Stück seit Jahren nicht mehr getragen, es ist mir viel zu eng geworden und fühlt sich an wie ein Korsett.
    Ich wette, dass sie Fanis mit Absicht warten lassen. Es geht um die Tradition: Der Bräutigam soll an der Kirchenpforte der Braut entgegenfiebern. Wahrscheinlich hat Adriani in dieser Angelegenheit die Federführung übernommen, denn Katerina ist in solchen Dingen unbedarft. Das sage ich aus Erfahrung, bei unserer Hochzeit ist es genauso gelaufen. Es fehlte nicht viel, und ich hätte zum Popen gesagt: »Pater, wir fangen schon mal ohne Braut an, zum Jawort wird sie rechtzeitig da sein.«
    Punkt halb sieben öffnet sich die Schlafzimmertür. Die Korrekturmaßnahmen in letzter Minute sind für mich mit bloßem Auge nicht zu erkennen: Katerinas Brautkleid und Adrianis dunkelblaues Kostüm sehen nicht anders aus als vorhin.
    »Ist euch klar, dass wir schon längst in der Kirche sein sollten?«
    »Immer mit der Ruhe! Wir werden schon nicht zu spät kommen«, meint Adriani. »Trauungen fangen nie pünktlich an.«
    Vor dem Haus steht ein herausgeputzter Seat Ibiza. Seit vier Monaten bin ich im Besitz eines neuen Wagens, doch an seinen Anblick habe ich mich immer noch nicht gewöhnt. Die Erinnerung an meinen Mirafiori, der Katerinas Hochzeit zum Opfer fiel, lässt mir keine Ruhe. Als wir eines Abends vor dem Fernseher saßen, fiel Adriani plötzlich ein, dass wir für die Trauung ein festlich geschmücktes Taxi bestellen sollten.
    »Wieso denn ein Taxi? Ich dachte, wir fahren einfach mit unserem Wagen«, entgegnete ich.
    »Wie bitte? Wir sollen Katerina mit dem Mirafiori zur Kirche fahren? Mit dieser Rostlaube?«, empörte sie sich. »Denk doch mal an deine Kollegen, wenn du schon auf deine Tochter keine Rücksicht nimmst. Es gibt in ganz Griechenland keinen Polizeibeamten, der nicht mindestens einen Hyundai fährt!«
    Da hatte sie recht. Die einen fuhren Hyundai, die anderen Toyota oder Suzuki, manche einen Opel Corsa. Mein Mirafiori aber war im ganzen Polizeikorps einzigartig. Alle wussten, dass niemand außer mir diesen Wagen in Gang setzen konnte. Und daher nannten sie ihn spöttisch »Password«.
    Adriani interpretierte mein Schweigen als Zustimmung und fuhr fort: »Also Kostas, ich muss mich doch manchmal sehr über dich wundern. Sonst tust du Katerina jeden Gefallen, und ausgerechnet jetzt, zu ihrer Hochzeit, ist sie dir keinen neuen Wagen wert? Deine Schwäche für diese Rostlaube ist mir ein Rätsel!«
    Der Mirafiori war mir tatsächlich ans Herz gewachsen. Ich brachte es nicht über mich, ihn so einfach aus dem Verkehr zu ziehen. Doch Adriani ließ nicht locker. »Da fahre ich ja lieber in einem Pritschenwagen vor!«, sagte sie.
    Aber dann schlug Katerina, wie immer, einen Kompromiss vor. Wir sollten mit dem Wagen von Fanis fahren.
    »Und wer soll am Steuer sitzen?«, fragte Adriani verwundert.
    »Na… Fanis.«
    »Meine liebe Katerina, die Braut wird von ihrem Vater in die Kirche geführt. Nicht vom Bräutigam.«
    Am Ende hatten sie mich so weit, dass ich mir sagte, der Mirafiori sei nunmehr so alt, dass ich ihn ohne Schuldgefühle in den Ruhestand schicken konnte. Doch mein innerer Kampf war durch diese Entscheidung noch nicht beendet, denn nun musste ich nach einem Nachfolger suchen. Ich hatte keine Ahnung, was für ein Auto ich kaufen sollte. Und wenn man keine Ahnung hat, beginnt man herumzufragen. Und je mehr man herumfragt, desto unschlüssiger wird man.
    »Herr Kommissar, machen Sie kurzen Prozess, kaufen Sie einen Hyundai«, riet mir Dermitsakis, mein Assistent. »Da stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis, ganz abgesehen davon, dass das halbe Polizeikorps diese Marke fährt und wir beim Händler Rabatt bekommen.«
    »Hören Sie nicht auf die Kollegen«, meinte Gikas, mein Chef. »Lassen Sie die Finger von diesen Japanern, kaufen Sie einen Europäer, einen vw oder einen
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