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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Borcken, hatte von ihren Raubritter-Vorfahren die Burschikosität und Derbheit geerbt und fand sich im Vokabularium nahezu ordinärer Ausdrücke besser zurecht, als in der geschliffenen, geschraubten Sprache – genannt Konversation – der Gesellschaft.
    An diese Freundin dachte Elisabeth Konradi, legte Teller und Spültuch beiseite und verließ unter dem Vorwand eines dringenden Einkaufes die Wohnung, um schnell um die Ecke zu Anny von Borcken zu springen und sich Rat zu holen.
    Sie konnte nicht ahnen, daß fünf Minuten später Herbert Sanke vom Rad sprang und klopfenden Herzens an Heinz Konradis Tür klingelte.
    Anny von Borcken, groß, burschikos und Anbeterin einer guten Zigarette, war durchaus nicht erstaunt, als Elisabeth Konradi etwas außer Atem bei ihr eintrat. Sie bewohnte ein kleines Häuschen mit einem winzigen Garten und teilte sich die Zeit so vortrefflich ein, daß gewöhnlich erst um halb zwölf Uhr mittags ihr Tag begann.
    »Na, meine Liebe«, begrüßte Anny von Borcken ihre Freundin. »Du guckst so sauer. Wo brennt's denn? Krach zu Hause, weil die Moneten wieder nicht reichen? Kind, reg dich bloß ab, Aufregung verursacht Falten, hat unsere Religionslehrerin immer gesagt.«
    »Ach, du ahnst es ja nicht!« rief Elisabeth und setzte sich. »Brigitte ist da!«
    »Das ist doch ein Grund, sich zu freuen.«
    »Ja, schon. Aber ein Mann ist hinter ihr her.«
    »Ein noch größerer Grund, sich zu freuen.«
    »Ein Kerl wie ein Elefant. Ein Tarzan.«
    »Schööön.«
    »Schön?« Elisabeth blickte Anny entrüstet an. »Das nennst du schön? Unsere Gitti und ein solcher … solcher … mir fehlen die Worte. Du solltest ihn sehen. Der zermalmt sie glatt.«
    Anny von Borcken schüttelte den Kopf.
    »Weißt du nicht, daß gerade die Hünen zahm wie Lämmer sind? Je größer und wuchtiger ein Mann ist, desto vorsichtiger und zarter wird er mit einer Frau umgehen. Das ist eine alte Weisheit.«
    Elisabeth Konradi vergaß zunächst, darauf eine Antwort zu geben. Überrascht sah sie ihre Freundin an und wunderte sich, welcher Weisheiten Anny von Borcken fähig war. Doch dann warf Elisabeth mit einem Ruck den Kopf in den Nacken und sagte laut: »Wie dem auch sei, ich bin dagegen!«
    »Danach wirst du überhaupt nicht gefragt werden«, meinte Anny von Borcken trocken. »Brigitte ist alt genug, um sich deiner Bevormundung zu entziehen. Und überhaupt mußt du dir abgewöhnen, auch außerhalb deines Schulzimmers die unfehlbare, autoritäre Lehrerin zu spielen.«
    »Mein Gott, niemand kennt doch diesen Herbert Sanke! Vor einigen Jahren haben wir kaum drei Stunden mit ihm gesprochen und gestern nachmittags …«
    »Und trotzdem ist er in Gitti verliebt?«
    Elisabeth machte große Augen. Diese direkte Frage brachte sie aus dem Konzept.
    »Das … weiß ich eben nicht«, sagte sie stockend. »Ich will dem vorbeugen … verstehst du … es könnte sich ja so entwickeln.«
    »Verrückt!« lachte da Anny von Borcken. »Macht die dumme Trine sich Sorgen um etwas, das sich vielleicht so entwickeln könnte. K-ö-n-n-t-e. Eli, Mensch, du alte Steißtrommlerin, laß die Menschen, wie sie sind, und kümmere dich um dein Einmaleins und deinen Heinz. Du warst auch einmal vierundzwanzig Jahre und hattest andere Sorgen, als die Seelen sträflich Verliebter zu retten. Entschuldige, aber du stiehlst mir nur meine Zeit. Ich erwarte Besuch, mit dem ich ins Bett gehen möchte, verstehst du?«
    Als Elisabeth Konradi wieder draußen auf der Straße stand, kam sie sich unglücklich und äußerst dumm vor.
    Was hatte sie eigentlich gegen Herbert Sanke? Er war groß und stark und von einer außergewöhnlichen, wenn auch etwas tapsigen Vitalität. Dem Gespräch mit ihr war zu entnehmen gewesen, daß er Geschäftsgeist besaß, sparsam war und vor keiner Arbeit zurückschreckte. Er besaß zwei Hände, die in keiner Situation versagen, sondern eine Frau in jedem Falle ernähren würden. Er war ein Mann, bei dem eine Frau Schutz suchen und sich geborgen fühlen konnte, in der Sicherheit, die er unbewußt ausstrahlte.
    Und doch, Elisabeth Konradi stemmte sich dagegen, Herbert Sanke an der Seite Brigittes zu sehen – ein inneres Gefühl, ein unerklärliches, ließ eine Gegnerschaft dem ahnungslosen Manne gegenüber entstehen.
    Ob Heinz auch so denkt, fragte sie sich, als sie sich wieder ihrer Wohnung näherte.
    Ach, Heinz – dem war das gleichgültig. Dem war überhaupt alles gleichgültig, was nicht in das Gebiet der Literatur und des Theaters
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