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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Spiegelbild. Heinz Konradi trat einen Schritt vor und nannte seinen Namen.
    »Sie entschuldigen bitte die Störung, Herr Sanke«, setzte er hinzu. »Aber ich möchte nur eine Frage stellen: Ist Ihr Sohn bei Ihnen?«
    »Mein Sohn?« Die tiefe Stimme klang gedehnt, erstaunt, fragend. »Nein.«
    »Nicht?«
    »Nein. Was ist mit meinem Sohn?« Ehrliche Sorge zeichnete sich in Paul Sankes Gesicht ab. »Was ist passiert? Warum bringen Sie die Polizei mit?«
    »Seit drei Stunden suchen wir Sie. Zu Fuß sind wir von Ebbenrath durch die Nacht nach Marktstett gelaufen. Wir haben die Polizei alarmiert und den Bürgermeister aus dem Bett gescheucht. Meine Schwägerin Brigitte ist seit halb elf gestern abend spurlos verschwunden … mit Ihrem Sohn.«
    »Mit meinem Sohn?« Paul Sanke trat etwas zurück und schien plötzlich nicht mehr besorgt, sondern vergnügt. Er blickte Konradi an, als ob er ihn fragen wolle, ob er verrückt sei. Dabei sagte er: »Und Sie suchen die beiden, laufen nach Marktstett, alarmieren die Polizei, den Bürgermeister – und alles nur, weil mein Sohn mit Ihrer Brigitte …« Paul Sanke brach ab, lachte auf, laut, schallend, es dröhnte durch das stille Haus. »Verzeihen Sie, das nenne ich einen Witz, ich kann nicht anders. Wie alt ist denn Ihre Schwägerin?«
    »Vierundzwanzig.«
    »Und warum suchen Sie sie dann wie eine Vierzehnjährige?«
    Statt einer Antwort blickte Heinz Konradi stumm seine Frau an. Allerhand lag in diesem Blick.
    Dann wandte sich Heinz wieder dem Verwalter zu. Er fühlte, daß er die unglückliche Rolle, die seine Frau ihm aufgezwungen hatte, zu Ende spielen mußte.
    Mit Würde zu Ende spielen mußte.
    »Sie nehmen also an, daß Ihr Sohn jetzt noch mit meiner Schwägerin zusammen ist?«
    »Was denn sonst? Nachdem beide noch verschwunden sind, werden Sie sicher auch noch zusammen sein.«
    »Und wo?«
    Paul Sanke grinste schon wieder. Er zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich leider nicht. Aber gewisse Vorstellungen hätte ich schon …«
    »Welche?« fiel Elisabeth Konradi ein. Sie fühlte sich auf den Plan gerufen. Ihr Ton klang spitz.
    Paul Sanke räusperte sich, blieb aber stumm. Was sollte er auch sagen? Diese Dame hier schien ihm kein einfacher Fall zu sein.
    »Welche?« wiederholte Elisabeth. Sie ließ nicht locker.
    »Gnädige Frau«, sagte nun Paul Sanke in der Art eines Kavaliers der alten Schule, »es gibt Dinge, die lassen sich schwer ausdrücken … vielleicht würde sich darin Ihr Herr Gemahl leichter tun …«
    Schau dir dieses Schlitzohr an, dachte Heinz amüsiert, wie der den Ball an mich abgibt; aber er hat ja recht, hier muß nun endlich ein deutliches Wort gesprochen werden. Und er tat dies, indem er sagte: »Woran nicht mehr länger gezweifelt werden kann, ist, daß Fräulein Brigitte Borgfeldt mit Herrn Herbert Sanke im Bett liegt. Das meint Herr Paul Sanke, meine liebe Elisabeth.«
    Ein unheilbarer Fall war zu konstatieren. »Du weißt genau«, antwortete Elisabeth Konradi ihrem Gatten eisig, »daß meine Schwester das nicht tut.«
    Grußlos verließ sie mit raschen Schritten das Terrain des Mierbach-Gutes. Paul Sanke blickte ihr verdutzt nach, Heinz Konradi und Wachtmeister Behrens hatten Mühe, ihr zu folgen.
    Der Arbeiteromnibus um sechs Uhr brachte Heinz und Elisabeth wieder zurück nach Ebbenrath.
    Josef Behrens erhielt als Entschuldigung für die verlorene Nachtruhe eine Flasche Branntwein versprochen (die er am nächsten Tag auch prompt in Ebbenrath abholte); die Vermißtenanzeige in Ebbenrath bei der Polizei wurde zurückgezogen.
    Erschöpft, wortlos, bleich und sanft ging Elisabeth ins Bett, nachdem sie ihre Füße gebadet und die Fersen verpflastert hatte. Heinz Konradi blieb auf, um Brigitte und Herbert Sanke zu erwarten.
    Er machte dabei einen kurzen Überschlag:
    Siebeneinhalb Stunden fehlender Schlaf.
    Zweieinhalb Stunden nächtlicher Marsch nach Marktstett.
    Grundlose Belästigung eines todmüden Polizeibeamten in Ebbenrath.
    Grundlose Belästigung der Besitzerin des Gasthofs ›Zur Post‹ in Marktstett.
    Grundlose Belästigung und Inanspruchnahme des Wachtmeisters Josef Behrens.
    Grundlose Belästigung des Bürgermeisters von Marktstett.
    Grundlose Belästigung des Verwalters Paul Sanke und unhaltbare Verdächtigungen gegenüber seinem Sohn.
    Strapaziöse Inanspruchnahme Anny von Borckens und Erich Kiels.
    Überhaupt, wo befanden sich Erich und Anny? Bis halb sieben waren sie in Ebbenrath noch nicht wieder eingetroffen. Heinz Konradi lief es
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