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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fragte Elisabeth mit kläglicher Stimme. Sie hing an seinem Arm und hob den rechten Fuß, der sie am ärgsten schmerzte.
    »Noch eine Stunde. Wir haben jetzt etwas über die Hälfte geschafft. Nur die Zähne zusammenbeißen, Eli, es geht schon noch. Wir können jetzt nicht mehr zurück; das wäre der gleiche Weg, und wir hätten gar nichts erreicht.«
    »Und wie kommen wir nach Ebbenrath? Ich … ich schaffe den Weg nicht noch einmal.«
    »Um sechs Uhr morgens fährt ein Omnibus.«
    Elisabeth atmete auf. Neuer Mut schien sie zu beleben.
    »Um sechs Uhr? Bis dahin müssen wir Gitti gefunden haben …«
    Stumm schritten sie weiter, mußten aber immer wieder stehen bleiben, da es Elisabeth unerläßlich schien, ihren schmerzenden Füßen Pausen zu gönnen. Diese Unterbrechungen des Marsches mehrten sich, je näher die beiden Marktstett kamen.
    Der Weg über die Berge, den Erich Kiel und Anny von Borcken nahmen, war übersät mit aus der Erde herauskommenden, über den Weg laufenden Baumwurzeln. Dadurch gestaltete sich der Marsch für Anny und Erich mehr zu einem Balancieren als einem Gehen.
    Das war der Anlaß zahlreicher Wutausbrüche Erich Kiels. Seine Auslassungen über den Unsinn von Suchexpeditionen nach Liebespaaren erreichten fast schon einen universitätsreifen Vortragsgrad, der Anny von Borcken trotz der Sinnlosigkeit dieser Worte in solchen Situationen ungemein gefangennahm und interessierte. Mit aufrichtiger Anteilnahme hörte sie zu, klammerte sich an den hilfsbereit herbeispringenden Kiel, wenn sie über eine Wurzel stolperte, und gestand sich im Innern, daß dieser unfreiwillige nächtliche Ausflug auch etwas Gutes mit sich brachte: Sie lernte in Erich Kiel einen zwar entgleisten, aber allseits beweglichen und großen Geist kennen, dessen einziger Fehler es war, daß er leeres Stroh drosch und seine Weltverbesserungspläne an die falsche Stelle trug – nämlich in den Wind.
    Auf der Kuppe des Berges, hinter dem Marktstett lag, stand ein großes Kreuz mit einer Bank daneben. Warum es gerade an dieser einsamen Stelle stand, war unbekannt, denn weder seinen Sinn noch seinen Zweck konnte das Kreuz dort erfüllen, neben jener Bank schon gar nicht.
    Die Bank allerdings – hierüber war man sich längst einig – war eine menschenfreundliche Einrichtung und wirkte in wichtiger und stets konstanter Weise in die Statistik des Standesamts von Ebbenrath hinein. Sichtbare Anhaltspunkte dafür lieferten die vielen in die Lehne und das Sitzbrett eingeschnitzten Herzen, Namen und Jahreszahlen, wenn es auch nicht zu übersehen war, daß das, was solchen Zeugnissen jeweils vorausging oder auch hinterherfolgte, besser nicht im Schatten des Kreuzes hätte geschehen sollen.
    Diese Bank nun war für Anny von Borcken wie ein Hafen für ein leckes Schiff. Denn auch Annys Füße brannten, weil sie an den Hacken große Blasen hatten, und überhaupt war der Weg in der Nacht doppelt anstrengend – in Begleitung Erich Kiels. Zudem soll man eine Bank am Wege nicht unbenutzt lassen, wenn man zu zweit ist, es sei denn, man ist über die Jahre hinaus oder schon verheiratet.
    Und so saßen Anny von Borcken und Erich Kiel in der Nacht auf den Bergen mitten im Hochwald auf einer Bank und schauten durch die Äste der Fichten hinauf zu den Sternen.
    Es war wunderbar still um sie.
    So still, daß man die Herzen klopfen hörte.
    Und junge Herzen klopfen so laut …
    Elisabeth und Heinz Konradi näherten sich der letzten Kurve der Chaussee, ehe diese sich in weitem Bogen ins Tal nach Marktstett schwang.
    Sie gingen langsam, Schritt für Schritt. Elisabeth wankte. Fast hätte Heinz Konradi seine Frau noch ein Stück tragen müssen.
    Perlender Schweiß bedeckte trotz der Kühle der Nacht sein Gesicht und lief ihm in den offenen Kragen. Sein Hemd lag ihm naß auf der Haut. Das kann eine nette Verkühlung werden, dachte er fortwährend. Verflucht, wenn ich den Sanke erwische, zermalme ich ihn!
    Elisabeth war in der letzten halben Stunde stumm geworden. Sie trug ihr Schicksal mit der ergebenen Miene einer Märtyrerin.
    Wortlos stolperten sie an den ersten Häusern Marktstetts vorbei, lasen von der Turmuhr der alten, romanischen Dorfkirche die Zeit ab – halb vier – und erreichten den vereinbarten Treffpunkt mit Anny von Borcken und Erich Kiel.
    Aber bereits hier erlebten sie ihre erste große Enttäuschung. Trotz des bedeutend kürzeren Weges über die Berge waren Anny und Erich noch nicht in Marktstett angelangt.
    Ratlos sahen sich Heinz und
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