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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erich Kiel schlüpfte bis zum Hals unter das gute Stück, dessen Rückeroberung ihm Genugtuung bereitete.
    »Und jetzt gute Nacht«, sagte er, drehte sich zur Wand und verstummte.
    Heinz Konradi ließ seinen verächtlichen Blick über das ganze Bett samt Inhalt gleiten und sagte dann: »Ein schöner Freund bist du …«
    Erich reagierte nicht.
    »Unter einem ehemaligen Offizier habe ich mir etwas anderes vorgestellt«, setzte Heinz hinzu.
    Als auch das noch nichts nützte, fuhr er noch schwereres Geschütz auf: »Nun ist mir klar, warum wir den Krieg verloren haben.«
    Die Wand warf einen Knurrlaut zurück.
    »Das sagt auch Anny«, faßte Heinz nach.
    »Anny?« Wie eine Kerze, so gerade saß Erich Kiel im Bett. »Wann hat die das schon einmal gesagt?«
    »Kürzlich.«
    »War das auf mich gemünzt?«
    »Nicht direkt. Aber wenn du so weitermachst, wird sie dir solche Dinge bald ins Gesicht sagen. Du mußt uns nur heute im Stich lassen …«
    »Was hat das mit Anny zu tun?«
    »Sie hilft uns suchen. Sie kommt mit nach Marktstett.«
    »Anny?«
    »Ja.«
    »Anny von Borcken?«
    »Sie wollte sogar mit dir den Weg durch den Wald nehmen.«
    Erich Kiel sprang aus dem Bett.
    »Warum sagst du das nicht gleich, du Idiot?«
    Nach zwei Minuten war er fix und fertig angezogen.
    Eine Viertelstunde später zog die Kolonne los, hinein in die Nacht und in die nebelverhangenen Berge.
    Bebsy, der Foxterrier, rannte ihnen voraus.
    Die Suche begann streng nach dem Plan Heinz Konradis. Erich Kiel und Anny von Borcken bogen an der Brücke ab und betraten den Waldweg, der sich steil den Berg hinaufwand und auf der anderen Seite in hübschen Spiralen ins Tal von Marktstett hinablief. Davon sah man natürlich jetzt in der Dunkelheit nichts. Bebsy wurde vorausgeschickt, sie schnüffelte gewohnheitsmäßig an allen Büschen und freute sich maßlos über diesen schönen Nachtspaziergang.
    Weniger erfreut gab sich Erich Kiel. Er wollte ja sein Gesicht nicht ganz verlieren. Außerdem hatte er einen gewaltigen Kater, der es ihm in der Tat nicht leicht machte, Bebsys Stimmung zu teilen. So nannte er denn die ganze Suche eine ›Jagd nach versteckter Erotik‹ und Elisabeth eine verrückte und hysterische Nudel. Das Vergnügen, nachts mit Anny von Borcken allein durch den Wald zu streifen, kam also bei ihm nur langsam zum Vorschein – etwa wenn er sagte: »Sollten Sie Angst haben, dürfen Sie sich ruhig bei mir einhängen.«
    Bebsy schnüffelte und leckte die Regentropfen von den Gräsern.
    Elisabeth und Heinz Konradi wanderten unterdessen die Chaussee nach Marktstett entlang, einsam, stumm, von selbstanklägerischen Gedanken gequält. Sie blieben in Abständen von 300 Metern stehen und schrien immer wieder »Gittiii!« in alle Windrichtungen, lauschten eine Weile auf eine Antwort und trotteten dann weiter … stumm, ernst, niedergedrückt.
    Opfer einer fixen weiblichen Idee …
    Die Nacht hatte sich aufgeklärt. Die Sterne brachen durch, die Wolkenschleier zerrissen und zogen flatternd unter den Gestirnen. Ein leichter, kühler Wind rauschte in den hohen Fichtenbäumen. Es roch nach Erde, verfaulenden Fichtennadeln und Harz. Aus den Schluchten stieg langsam, wie ziehender Rauch, ein dünner, auseinandergezogener Nebel.
    Seit einer Stunde trotteten Elisabeth und Heinz Konradi über die Chaussee. Nur ab und zu fiel ein Wort zwischen den beiden – sie schienen zu fühlen, daß auch dieser Weg zu keinem Ziel führte und Brigitte Borgfeldt verschollen blieb. Der Gedanke eines Unfalles auf der Straße verblaßte; um so mehr aber nahm ein anderer Gedanke eine schreckliche Form an: Brigitte lebt nicht mehr; sie war im Wald ermordet worden.
    Elisabeth Konradi schmerzten die Füße. Sie hatte ihre leichten Sommersandalen an, trug keine Strümpfe, fühlte ihre Fußsohlen brennen und merkte, wie der Riemen der Schnalle in die Fersen große Blasen rieb. Aber sie biß die Zähne zusammen, wickelte, als der Schmerz zu groß wurde, ihr und Konradis Taschentuch als Fußlappen um die Füße und humpelte dann, gestützt auf Heinz, weiter, verbissen, tapfer, angetrieben von der Kraft der Verzweiflung.
    Als sie die höchste Stelle der Chaussee erreicht hatten und die Straße sich in weiten Bogen wieder nach unten senkte, blieb Heinz Konradi stehen und zeigte in das ferne Tal, wo schwach zwischen Fichten und hohen Buchen einige kleine Lichter blitzten.
    »Marktstett«, sagte er leise. »Jetzt geht es abwärts, da kannst du besser laufen.«
    »Wie weit ist es denn noch?«
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