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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection
Autoren: Massimo Carlotto
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Gedenkenan meinen Onkel Didim, der ehrenvoll im Gefängnis von Jekaterinburg gestorben ist.«
    Das war der typische pompöse und sinnleere Redeschwall, wie er den Mafiosi so gefiel, und tatsächlich bedeuteten sie ihm zufrieden fortzufahren. Was für ein Haufen Idioten!
    »Wir müssen das Kapital nicht nur vor der Polizei schützen, vor den Richtern und unseren Gegnern, sondern auch vor der Wirtschaftskrise, die allmählich weltweit spürbar wird«, erklärte er. »Meine Arbeit zielt darauf ab, sichere und rentable Aktivitäten zu finden. Darum habe ich eine Umweltsanierungsfirma gegründet, die den Auftrag erhalten hat, den kontaminierten Wald in einem weiten Umkreis um Tschernobyl abzuholzen. Die UNO zahlt uns für die Entsorgung, also lassen wir das Holz verschwinden, das dann in drei großen Sägewerken in Slowenien wieder auftaucht, die uns gehören und wo es das örtliche Produktionssiegel bekommt. Ein Teil des Holzes wird in einer Sargfabrik verwendet, die wir letzte Woche erworben haben …«
    »Beerdigt wird immer, da gibt es keine Krise …«, witzelte Witali und löste einen Heiterkeitsausbruch bei seinen Kumpanen aus.
    Sosim lächelte höflich, bevor er weitersprach: »Der Rest kommt in eine Fertighausfabrik und ein Parkettwerk, beide haben wir vor ein paar Monaten gekauft. Die Abfälle, die bei der Produktion entstehen, werden zu Pellets gepresst, als Brennmaterial für Heizungen. Wir haben bereits ein imposantes Kundennetz aufgebaut, vor allem in Frankreich, Österreich, Deutschland und Italien.«
    »Ein ganzes Vermögen nur mit dem Scheißholz!«, rief Nikita bewundernd aus.
    »Der Wald von Tschernobyl bietet auf lange Sicht Möglichkeitenfür breit angelegte Geschäfte«, kommentierte Katajew. »Das Ausgangsmaterial kostet uns nichts, im Gegenteil. Es wird uns sogar bezahlt, und es hat Eigenschaften, die sich hervorragend vermarkten lassen.«
    »Bis auf den kleinen Nachteil, dass es radioaktiv ist«, bemerkte der Pachan mit einem spöttischen Lächeln.
    Er war zufrieden angesichts der Art und Weise, wie Sosim die Aufmerksamkeit der untergeordneten Bosse erregt hatte. Das war der erste Schritt zum Respekt. Um den zu erlangen, brauchte es allerdings noch viel Zeit. Und einen Haufen Gewinn.
    Er hob sein Glas.
    »Prost auf Sosim und sein Gehirn … Und auf mich selbst für meine gute Idee, ihn zum Studieren nach England zu schicken. Wie hieß diese Stadt noch gleich?«
    »Leeds.«
    »Direkt nach Hause?«, fragte Foma später, als er den Mercedes anließ.
    »Ja bitte«, antwortete Sosim. »Ich bin müde.«
    Der Wagen rollte gen Stadtzentrum, durch ein früheres Industriegebiet, dessen Gebäude jetzt auf den Abriss warteten, um für die wachsende Mittelschicht bestimmten Wohnvierteln Platz zu machen.
    Als Foma vor einer Kreuzung verlangsamte, schnitt ein SUV ihm den Weg ab und zwang ihn zu halten, während sich ein Lieferwagen an seine Seite schob, aus dessen Seitentür maskierte und bewaffnete Männer sprangen. Rasch legte Foma den Rückwärtsgang ein, entschlossen, die Flucht zu versuchen, aber Sosim legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Wir wollen uns doch nicht abknallen lassen. Mach den Motor aus und die Türen auf.«
    Der junge Mann gehorchte. Die Angreifer rissen die Türen auf und sprangen in den Mercedes. Einer setzte sich neben den Fahrer und drückte ihm den Lauf eines MG mit Schalldämpfer in den Bauch, zwei weitere versteckten sich hinten im Fußraum.
    Sosim begegnete dem Blick von einem davon unter der Sturmhaube. Himmelblaue, ganz offensichtlich weibliche Augen.
    »Zurück zum Hauptquartier«, befahl Sosim.
    Der Fahrer sah ihn im Rückspiegel an. »Bist du ein Verräter geworden, Sosim?«
    »Nein, bin ich immer gewesen«, antwortete er ohne besondere Betonung.
    In Fomas Augen traten Tränen vor Wut und Schmerz, doch schlug er gehorsam das Lenkrad ein, um zu wenden.
    Katajew nahm sein Handy. »Ich komme gleich noch mal vorbei«, kündigte er an. »Ich habe ein paar Unterlagen vergessen.«
    Diesmal grinste Foma nicht in die Kamera, aber dem Wachmann fiel das nicht weiter auf. Er betätigte den Toröffner und wandte sich wieder dem kleinen Fernseher zu, den er in die Wachkabine hatte bringen dürfen. Eigentlich sollte er ihn nur nachts anmachen, aber es würde sich ja nie jemand darüber beklagen. Er ließ sowieso nur Leute rein, die er kannte. Alle anderen mussten draußen auf eine Genehmigung warten. Als er sah, dass der SUV und der Lieferwagen mit hineinglitten, war es schon zu spät. Er
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