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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung
Autoren: David Macinnis Gill
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keine Sorgen.«
    Es ist mein Job, mir Sorgen zu machen. Über das Wetter. Über die Straße. Über Viennes mysteriöse Familie. Ich mache mir sogar Sorgen über ein silbernes Objekt tief unter den Wolken, dessenschmale Tragflächen durch die Dunkelheit gleiten. Verschwommen kann ich den Kopf des irrsinnigen Piloten in der Kanzel erkennen.
    »Au contraire , Cowboy«, klinkt Mimi sich ein. »Dein Job ist es, zu vertrauen, und wie üblich ist deine Leistung nicht sonderlich beeindruckend. Darf ich vorschlagen, dass du ein paar Atemübungen machst, um dein Chi zu bündeln?«
    »Darf ich vorschlagen, dass du dich verpisst?«
    »Natürlich darfst du«, sagt sie. »Nicht, dass es dir etwas bringen würde.«
    »Gib mir einfach die Daten zu diesem Sturm«, sage ich. »Wie lange wird er dauern?«
    »Hast du das nicht bereits vor zwei Minuten gefragt? Habe ich dir nicht gerade erst erklärt, dass Noctis Labyrinthus eine ganz besondere Biosphäre hat, in der die Wetterlage überaus schwer einzuschätzen ist?«
    »Sag es mir noch mal. Dauer des Sturms?«
    »Unbestimmbar.«
    »Arrrrg! Mimi, du machst mich batwŏ kào aasig irre!«
    »Es besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen deiner mentalen Stabilität oder deren Mangel und meiner Gegenwart.«
    »Was soll das heißen?«
    »Du warst schon batwŏ kào aasig irre, ehe ich gekommen bin.« Sie hält inne, was bedeutet, dass sie frische Daten verarbeitet, die ihr die Telemetriefunktionen meines Anzugs geliefert haben. »Gute Neuigkeiten. Barometrische Daten deuten darauf hin, dass der Sturm nachlässt. Vorerst.«
    Wie aufs Stichwort lichten sich die Wolken, als wir die nächste Biegung hinter uns bringen. Das grüne Tal ist nur noch hundert Meter unter uns, und ich kann die Parzellen und Wellblechhütten von Bauern erkennen. In der Ferne sehe ich eine größere Siedlung mit Silos und Arbeitsmaschinen.
    »Halleluja!«, sage ich vernehmlich.
    Vienne hört mich. »Beinahe zu Hause«, sagt sie in befremdlich beschwingtem Tonfall. Die nächste Haarnadelkurve nimmt sie, ohne zu bremsen, und balanciert das Trike auf der Kniescheibe aus.
    »Wo genau ist zu Hause?«, frage ich.
    »Du wirst es bald sehen.«
    »Quälgeist.«
    »Weinerlicher Arsch.«
    Dieses Mal beschließe ich, mir jeglichen Protest zu verkneifen. Ich mache die Augen zu und versuche, mich mit dem Schicksal abzufinden. »Also gut«, sage ich zu Mimi, »lass uns ein paar Dinge erledigen.«
    Ich tippe mir an die Schläfe und verziehe das Gesicht angesichts des kribbligen Gefühls. Eine aurale Bildfläche blinkt vor meinem rechten Auge auf, das in Wahrheit aus einer bionischen Prothese besteht, die mit meinem Sehnerv verbunden ist. Das echte Auge habe ich im Kampf gegen einen Big Daddy verloren, ein genmanipuliertes Insekt, das aussieht wie eine Mischung aus Krebs und Zecke. Außer dem Auge habe ich ein Stück Gesichtshaut eingebüßt und mir eine breite, purpurrote Narbe eingefangen, die von der Schläfe bis zum Hals verläuft.
    »Mimi, Bootprotokolle auf meinen Befehl ausführen. Ich brauche ein paar Informationen über die Situation, in die wir uns begeben.«
    »Dein KI -Reiseführer meldet sich zum Dienst, Sir«, sagt Mimi. »Entschuldige, dass ich dir nicht zuwinke, aber ich scheine unter einem Mangel an Körpergliedern zu leiden.«
    »Ha-ha, sehr lustig. Wenn du damit fertig bist, blöde Witze zu reißen, dann mach einen Langreichweitenscan und erzähl mir etwas über unseren Standort, der beinahe gleichbedeutend mit unserem Zielort sein dürfte, falls Vienne die Wahrheit sagt.«
    »Vienne sagt immer die Wahrheit. Anders als ein paar andere mir bekannte einäugige Personen.«
    »Scan, bitte.«
    »Diese Gegend nennt sich Noctis Labyrinthus, Schluchten der Nacht«, sagt sie, als sie sich endlich bequemt hat, sich an die Arbeit zu machen. »Sie wurde vor langer Zeit von Lavaströmen gebildet und von der zweiten Welle der Marssiedler besiedelt, darunter die wohlbekannten Tengu-Mönche   – Bienenzüchter, die auf den Mars immigriert sind, um der Verfolgung auf der Erde zu entkommen. Einst war die Gegend Heimstatt gewaltiger Agrarhallen, die von den Reinluftfarmen abgelöst wurden, kommunalen Landwirtschaftsbetrieben, die unter der Orthokratie des Bischofs eingeführt ...«
    »Gähn. Genug Geschichtsunterricht, oder ich falle ins Koma und kippe von dieser Karre.«
    »Du bist ein zwanghafter Kritiker«, sagt Mimi.
    »Ich ziehe diktatorisches Genie vor.«
    »Das heißt dialektisches Genie .«
    »Was auch immer. Solange du meine
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