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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin
Autoren: Laura Walden
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streckte ihr die Hand entgegen.
    »Ich bin Adrian.«
    Eva hatte Angst zu erröten. Dass junge Männer so charmant sein konnten, hatte sie nicht für möglich gehalten. In Badenheim hatten zwar mehrere Männer um sie geworben, kein einziger von den Dorfburschen hatte allerdings je ihr Interesse erregt. Und keiner hatte über solche Manieren verfügt und ein derart gewinnendes Lächeln besessen.
    Sein Händedruck war angenehm kräftig.
    »Ja, ich bin die Cousine aus Deutschland, aber ich bestehe nicht auf Ihrem Zimmer. Meinetwegen können wir tauschen.«
    »Kommen Sie, geben Sie mir Ihren Koffer. Sie haben in dem Monstrum hoffentlich ein paar sommerliche Kleidungsstücke. Oder haben Sie darin Ihre Mutter versteckt? Wenn ich richtig informiert bin, erwarten wir Sie beide.«
    Eva biss sich auf die Lippen. Nur nicht wieder weinen, redete sie sich gut zu.
    »Meine Mutter ist unterwegs gestorben«, sagte sie mit belegter Stimme.
    »Aber, warum haben Sie das nicht gleich gesagt, Kindchen?«, bemerkte Tante Ha ehrlich betroffen.
    »Können Sie mir meinen dummen Witz verzeihen? Wie sollte ich ahnen, dass Ihrer Mutter etwas zugestoßen ist. Dabei stand es sogar in der Zeitung, dass auf Ihrem Schiff eine Grippeepidemie ausgebrochen war.«
    Eva verkniff sich, ihnen mitzuteilen, dass Martha nicht einmal an einem Husten gelitten hatte, als sie sich das Veronal aus der Krankenkabine gestohlen hatte.
    »Machen Sie sich keine Gedanken«, erwiderte sie stattdessen. »Meine Mutter war schon vor der Reise sehr krank.«
    »Aber Sie müssen erst einmal etwas essen, etwas trinken und sich ausschlafen.« Adrians Stimme klang ernsthaft besorgt.
    Dass ein Mann sich um ihr Wohl Gedanken machte, hatte sie noch nie erlebt. Zu Hause hatten stets die Bedürfnisse ihres Vaters und ihres Bruders im Vordergrund gestanden.
    Eva folgte Adrian und Tante Ha ins Haus. Bewundernd blickte sie sich um. Nicht nur von außen war es ein stilechtes viktorianisches Gebäude, sondern auch die Möbel stammten aus der Zeit.
    »Großmutter hat ein Faible für viktorianische Einrichtungsgegenstände«, bemerkte Adrian schmunzelnd.
    »Ich werde schnell zu ihr gehen. Sonst wird sie unwirsch.« Tante Ha steuerte auf die Treppe zu und eilte ins erste Stockwerk hinauf.
    »Heißt sie wirklich Ha?«, fragte Eva, als ihre Schritte verklungen waren.
    Adrian lächelte. »Ihr richtiger Name ist Harakeke, aber ich darf ihn so respektlos abkürzen. Die Maori haben ein Faible für Zungenbrecher. Es gibt in der Nähe einen Berg. Ich habe mir einen Spaß gemacht und den Namen auswendig gelernt: Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu.«
    »Und was heißt das?«
    »Der Vorsprung des Berges, wo Tamatea, der Mann mit den großen Knien, der rutschte, kletterte und die Berge verschlang und der durch das Land reiste, für seine Liebste Flöte spielte.«
    Adrian musterte Eva wohlwollend. »Wie schön, dass Sie wieder lachen können. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer. Am besten legen Sie sich hin und schlafen sich aus. Ich wecke Sie zum Abendessen.«
    Eva folgte ihm, nicht ohne bewundernde Blicke auf die Tapeten und das Flurmobiliar zu werfen. Das Ganze war so herrlich altmodisch, als wäre es aus der Zeit gefallen. Eva war beeindruckt, und sie war sehr gespannt, die Frau kennenzulernen, die das alles so stilsicher zusammengetragen hatte. Doch warum hatte ihr kein Mensch etwas von diesem Haus und der Großmutter erzählt?
    »Haben Sie vielleicht eine Erklärung dafür, weshalb mein Vater meiner Mutter und mir erzählt hat, wir kämen auf ein Weingut?«, fragte sie, als er schließlich vor einer Tür anhielt und den Koffer abstellte.
    Adrians Miene wurde eisig. Das konnte Eva selbst bei dem gedämpften Licht auf dem Flur erkennen.
    »Mutter hat das Anwesen nach Vaters Selbstmord fluchtartig verlassen«, entgegnete er mit schneidender Stimme. »Und das ist erst ein paar Monate her. Wahrscheinlich hatte sie keine Gelegenheit, Ihrem Vater zu schreiben, dass sie inzwischen einen neuen Gatten ihr Eigen nennt.«
    Dass Adrian mit dieser Entscheidung seiner Mutter nicht einverstanden gewesen war, war unschwer an seinem Ton und seiner Ausdrucksweise zu erkennen.
    Eva atmete ein paar Mal tief durch. »Meine Mutter hat sich mit Schlaftabletten umgebracht. Sie litt an Schwermut.«
    »Mein Vater hat sich erschossen. Er war eigentlich ein fröhlicher Mensch, aber er hat es nicht verkraftet, dass sein Lebenswerk, das Weingut, dem Ruin geweiht war und dass
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