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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin
Autoren: Laura Walden
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und streckte ihr die Hand entgegen. Sie ist schön, aber kalt, durchfuhr es Eva, während sie ihre Tante begrüßte. Das Dumme war nur, dass Eva deren Name entfallen war. Wie sollte sie sie nur anreden? Während sie noch fieberhaft in ihrem Gedächtnis kramte, hörte sie, wie die Tante sich nach ihrer Mutter erkundigte. Bevor sie antworten konnte, musste ihr deren verdammter Name einfallen. Die Maori hatte ihn doch vorhin erwähnt …
    »Und wo ist deine Mutter?«, wiederholte ihre Tante ungeduldig die Frage, dann musterte sie Eva von Kopf bis Fuß. »Ach, sie spricht wahrscheinlich gar kein Englisch. Deshalb antwortet sie nicht«, fügte sie hinzu.
    »Sie ist auf der Überfahrt gestorben«, mischte sich Adrian hastig ein. »Und es wäre sehr reizend, wenn auch du, liebe Berenice, deine Cousine herzlich willkommen heißen würdest. Sie wird jetzt eine Zeitlang bei uns leben.«
    Glücklicherweise wird es gar nicht lange sein, dachte Eva, die intuitiv spürte, dass sie kein gern gesehener Gast in diesem Haus war. In diesem Haus, in das man sie gar nicht eingeladen hatte.
    »Ich hoffe, dass ich mich ein wenig nützlich machen kann, nachdem du Vater schriebst, dass ihr auf dem Weingut jede helfende Hand braucht. Aber ich kann auch hier mithelfen. Ich musste zu Hause den ganzen Haushalt machen …« Sie unterbrach sich, als sie merkte, dass sich keiner wirklich für sie interessierte. Die Tante schien nur ein wenig überrascht, dass sie doch Englisch sprach.
    »Dann kannst du ja gleich in meinem Zimmer anfangen. Das muss dringend sauber gemacht werden«, sagte Berenice schließlich in spöttischem Ton.
    »Schwesterherz, halt dein freches Mundwerk. Eva ist unser Gast, damit du es weißt. Und sie wird auf keinen Fall unsere Zimmer putzen!«
    »Adrian, nun setzt euch endlich, damit wir mit dem Essen beginnen können«, knurrte der ältere Herr am Tisch, während Berenice ihrem Bruder die Zunge herausstreckte, was keinen bei Tisch kümmerte. Das hätte es bei uns zu Hause bei Tisch nicht gegeben, durchfuhr es Eva verwundert über die Manieren der Tochter des Hauses.
    Kaum dass sie auf ihrem Platz saß, wandte sich die Tante höflich an Eva. »Es ist nett, dass du deine Hilfe anbietest. Wir werden sehen, wie du dich hier im Haus nützlich machen kannst. Auf dem Weingut hättet ihr uns bei der Weinernte helfen können, aber das entfällt ja nun.«
    »Ich wüsste etwas«, meldete sich Adrian zu Wort. »Ich soll doch, bevor ich nach Wellington gehe, die Bold Winery in Meeanee wieder fit machen, damit du das Anwesen verkaufen kannst, Mutter, nicht wahr?«
    »Ja, das kann ich ja wohl erwarten, wenn mein Sohn unbedingt Architekt werden will.«
    »Ich bräuchte allerdings jemanden, der mir hilft, der einen Blick für Häuser hat und einen guten Geschmack besitzt.«
    Die einzige Reaktion war ein meckerndes Lachen von Berenice.
    »Unsere deutsche Großcousine und Geschmack. Das ist wohl ein Scherz! Schau nur den groben Stoff des Kleides an. Wolle im Sommer? Wer trägt denn so was?«
    »Berenice, bitte! In Deutschland ist jetzt Winter. Das konnte sie nicht wissen. Am besten gibst du ihr gleich deine abgetragenen Sommerkleider, die wir den Bedürftigen spenden wollten«, mischte sich die Tante nun geschäftig ein. »Wir werden schon etwas finden, womit du dich beschäftigen kannst. Kannst du kochen?«
    Eva nickte.
    »Das wäre vielleicht etwas. Unsere Küchenhilfe ist nämlich schwanger und wird bald ausfallen.«
    Eva warf einen flüchtigen Blick zu Adrian, der ihr gegenübersaß. Er glühte vor Zorn und stand soeben im Begriff, seiner Mutter heftig zu widersprechen. Aber das wollte Eva nicht. Sie machte ihm ein Zeichen zu schweigen. Es lag ihr fern, die Spannung, die ohnehin in diesem Raum herrschte, noch unnötig zu verstärken. Und so nett es auch gemeint war, Adrians Engagement lohnte sich nicht. Ihr Entschluss stand fest: Sobald die erste Post von ihrem Vater kam, würde sie ihn anflehen, ihr das Geld für die Überfahrt zu schicken. Hier würde sie jedenfalls nicht einen Tag länger als erforderlich bleiben. Diese Berenice war ein unverschämtes Gör und ihre Mutter zwar bemüht, aber ebenfalls taktlos. Und sie hat es nicht einmal gemerkt, als sie über die Kleidung für die Bedürftigen sprach, dachte Eva, während sie sich an den heimatlichen Ofen zurücksehnte und die wenigen Momente, in denen ihre Mutter fröhlich gewesen war …
    »Wo bleibt deine Mutter, Joanne?«, fragte der ältere Herr in die Stille hinein.
    Joanne,
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