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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin
Autoren: Laura Walden
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hingestarrt hatte.
    »Und wo ist deine Mutter?«
    Eva blickte die Maori erschrocken an. »Woher wissen Sie, dass ich in Begleitung meiner Mutter erwartet werde?«
    Die Maori lachte.
    »Weil ich die Schwester von Misses Bold bin.«
    »Misses Bold? Ich werde aber von einer Misses Clarke erwartet.«
    »Das ist Misses Bolds Tochter.«
    »Oh, das hat mein Vater mir gar nicht gesagt, dass Misses Clarkes Mutter im Haus wohnt, aber ich wundere mich sowieso. Ich sollte eigentlich auf ein Weingut kommen und nicht in die Stadt.«
    Die Miene der Maori verfinsterte sich. »Das kann ich mir lebhaft vorstellen, dass man Ihrem Vater die gute Lucie unterschlagen hat. Und Misses Clarke heißt auch nicht mehr Misses Clarke, denn sie hat neu geheiratet. Einen Doktor Thomas. Sie heißt also jetzt Misses Thomas.«
    »Nein, ich meine … doch schon, ich weiß, dass der Onkel meines Vaters eine Frau hatte, sonst würde es ja Misses Clarke, ich meine, Vaters Cousine, also Misses Thomas nicht geben; wir dachten allerdings, sie sei schon lange …« Eva stockte mit hochrotem Kopf, gerade noch rechtzeitig, um es nicht auszusprechen.
    »Sprechen Sie es ruhig aus! Mich können Sie damit nicht schockieren. Sie haben zudem in gewisser Weise recht. Sie ist zwar bei bester Gesundheit, aber sie wird gern auch einmal totgeschwiegen.« Die Maori griff nach Evas Koffer. »O je, das Monstrum sollen wir den ganzen Berg hochhieven? Warum holt Sie Joanne nicht ab. Oder Adrian?«
    »Ich … ich habe nicht gefragt, weil sie sich am Telefon so abweisend angehört hat.«
    Die Maori lachte wieder laut auf.
    »Na, dann lernen Sie die Dame des Hauses erst einmal persönlich kennen.«
    Das klingt nicht gerade ermutigend, schoss es Eva durch den Kopf, während sie mit am Griff des Koffers anpackte. Zu zweit trug er sich wesentlich leichter.
    »Wer ist Adrian?«, fragte Eva, nachdem sie schon ein kleines Stück bergan gegangen waren.
    »Lucies Enkel, Joannes, also Miss Thomas’, Sohn und der von Mister John Clarke. Sein Vater war ein feiner Kerl, aber zu schwach für diese Welt. Er ist mein Patenkind, also Adrian, nicht der Vater, der ist ja auch leider viel zu früh verstorben.«
    »Und wie alt ist er. Ich meine, Adrian?«
    »Zwanzig und ein echter Prachtbursche. Er wäre ein fantastischer Weinbauer geworden, wenn das nicht alles den Bach hinuntergegangen wäre, aber ihn interessieren ohnehin mehr die alten Häuser …«
    Eva hörte der Maori gar nicht mehr zu. Sie hatte ihren staunenden Blick auf die Häuser geheftet, die nun vor ihnen auftauchten. Wenn sie auch wenig über Land und Leute hier wusste, den Baustil, der, je näher sie kamen, umso prächtiger wirkte, kannte sie bis in die Details. Ihre größte Freude war es gewesen, sich bei ihren seltenen Besuchen in Mainz Bücher über Architektur zu besorgen. Das Geld dazu hatte sie sich mit Kinderhüten verdient. Sie bedauerte in diesem Augenblick zutiefst, dass sie das Buch über viktorianische Häuser kurz vor der Abreise hatte hergeben müssen. Auf Wunsch ihres Vaters, der alle Kostbarkeiten im Haus zu Geld gemacht hatte, um die Reisekasse zu füllen.
    »Wir sind da! Oder schlafen Sie mit offenen Augen?«
    »Entschuldigen Sie, nein, ich bin beeindruckt von den Häusern. Ich liebe diesen Stil, wenngleich er sehr altmodisch ist. Aber es hat alles einen so verspielten Charme. Sehen Sie, allein die verzierten Giebel …«
    »Da wird sich Adrian freuen. Der redet von nichts anderem als von alten Häusern. Aber Sie haben recht. Man kann gegen die Pakeha sagen, was man will, Sie haben schon in schönen Bauten gewohnt, als wir noch in fensterlosen Hütten gehaust haben.«
    »Pakeha? Wer ist das?«
    »Sie zum Beispiel. Sie sind eine Pakeha. Eine Weiße. Wir nannten die ersten weißen Siedler so, und mittlerweile ist das ein ganz gebräuchlicher Begriff geworden und …«
    Die Maori wurde unterbrochen, als die Haustür aufging und ein junger Mann mit dunklen Locken freudig auf sie zueilte.
    »Tante Ha, sie erwartet dich schon sehnsüchtig. Sie kann dem Trubel im Haus nichts abgewinnen. Und du weißt ja, den medizinischen Künsten des Arztes traut sie auch nicht. Sie lässt sich nur von dir behandeln …«
    Der junge Mann stockte, als er Eva wahrnahm. Mit einem Blick auf ihren Koffer sagte er verschmitzt: »Sie sind hoffentlich die unbekannte Großcousine, für die ich mein Zimmer räumen musste. Dann täte es mir nämlich nicht mehr ganz so leid, dass ich das separate Reich am Ende des Flurs habe aufgeben müssen.« Er
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