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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau
Autoren: Wilken Constanze
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aus dem bekannten Motiv eine Szene menschlicher Schicksale, erhöht durch die geniale Kunst Rosso Fiorentinos, machten. Niemand konnte sich der Faszination dieser Kreuzabnahme entziehen. Luisa hatte gesehen, wie Frauen und Männer, die das Gemälde zum ersten Mal sahen, sich ehrfürchtig bekreuzigten, staunend stehen blieben und dann die Darstellung zu diskutieren begannen.
    »Ich komme mit. Ich will auch nach Frankreich!« Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund, doch es war zu spät.

    Verärgert runzelte Pietro die Stirn. Armido lächelte, er wusste, was sie bewegte. »Schwesterchen, was willst du im kalten Frankreich? Dein Platz ist hier bei deiner Familie. Was würde Pietro ohne dich anfangen? Du weißt, dass Tomasos Entwürfe nicht gut genug sind.«
    »Schlag dir den Unsinn aus dem Kopf, Luisa. Du hast mehr Freiheiten als die meisten Frauen«, knurrte Pietro.
    »Ja, aber ich habe auch mehr Talent als die meisten Frauen!«
    »Genug!« Pietro stieß seinen Stock auf den Boden.
    Sie kannte das Funkeln in seinen Augen gut genug, um zu wissen, dass es nun klüger war, den Mund zu halten.
    »Ich werde dir schreiben, wie es am Hof von Fontainebleau zugeht. Der König ist ein großer Förderer der Künste, und er soll die Frauen lieben.« Armido lachte. »Ein Mann ganz nach meinem Geschmack!«
    Kindergelächter und die energische Stimme ihrer Schwester kündigten Simonetta an. Zuerst liefen ein fünfjähriger Junge und ein dreijähriges Mädchen in die Küche, wobei sie fast die Magd, die eine Schüssel mit zuppa di farro trug, zu Fall gebracht hätten. Die Suppe wurde aus Dinkelkörnern gemacht, eine einfache nahrhafte Speise, die fast vor jedem Mahl aufgetragen wurde.
    Mit dem kritischen Blick der Hausherrin inspizierte Simonetta die Küche, bevor sie sich ihrem Bruder zuwandte. Simonetta war etwas größer als Luisa und hatte nach drei Geburten deutlich an Gewicht zugelegt. Unter ihren Augen zeigten sich dunkle Ränder, doch ihre vollen Lippen lächelten gerne und machten Simonetta zu einer anziehenden Frau. Herzlich begrüßte sie Armido, der den Kindern zärtlich über die Haare strich, und setzte sich zu ihnen an den Tisch. »Wo ist Tomaso? Wollte er nicht mit uns essen?«

    Luisa vermisste ihren Schwager nicht und verzog den Mund, als Simonetta ihren Sohn in die Werkstatt schickte, um den Vater zu holen. »Muss er denn immer …«
    »Er ist mein Mann, Luisa. Iss deine Suppe.« Simonetta gab jedem eine Schöpfkelle voll in eine Schale und trank selbst einen Schluck Wein. »Armido, was verschlägt dich hierher? Hast du keine Aufträge mehr in Rom?«
    Immer sah Simonetta zuerst das Negative. Luisa hatte sich deshalb schon oft mit ihr gestritten. »Er geht nach Frankreich und soll mit maestro Rosso arbeiten!«, antwortete Luisa anstelle ihres Bruders.
    Erstaunt hob Simonetta die Augenbrauen. »Frankreich?«
    »Ja, Primaticcio hat mich und vier weitere Stukkadore zu sich nach Fontainebleau gerufen. Der französische König will aus seinem Schloss das prächtigste in Frankreich machen. Und er soll gesagt haben, dass die besten Künstler aus Italien kommen.«
    »Ach ja? Das macht er doch alles nur, um Kaiser Karl zu beeindrucken«, kam es abfällig von Tomaso, der eben durch die Tür getreten war, sich einen Stuhl heranzog und den Becher Wein, den seine Frau ihm reichte, in einem Zug leerte.
    »Du willst doch wohl nicht bestreiten, dass wir die großartigsten Künstler hervorgebracht haben?« Pietro schob seine Suppenschale von sich und fixierte seinen Schwager.
    »Das nicht, aber ob alles, was aus Italien kommt, so großartig ist …« Er machte eine vielsagende Pause.
    Luisa schluckte. Sie wusste genau, dass der eifersüchtige Tomaso nichts anderes bezweckte, als Armido zu verärgern.
    »Du Wurm! Bist hier in unserem Haus, teilst das Bett mit meiner Schwester und wagst es, mich zu beleidigen?!« Wütend sprang Armido auf und wollte seinen Degen ziehen, doch Pietro schlug mit seinem Stock auf den Tisch.
    »Hört auf! Genug! Wir alle profitieren von Armidos Auftrag.
Es wird sich herumsprechen und uns mehr Arbeit bescheren, und das ist für alle wichtig.«
    Tomaso murmelte etwas, knetete die Hände, dass es knackte, und goss sich Wein nach. Seine grimmige Miene ließ keinen Zweifel daran, was er von Armidos Auftrag hielt. »Franzosenpack«, zischte er.
    Doch Armido hatte sich wieder beruhigt. »Es waren aber nicht die Franzosen, die Rom vor zehn Jahren dem Erdboden gleichgemacht haben. Hast du das schon
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