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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau
Autoren: Wilken Constanze
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aus der Hand fallen. Erst gestern hat er zwei fertige Muscheln zerbrochen und sich furchtbar geärgert. Aber erwähne das nicht …«
    Pietro lehnte im Türrahmen und streckte seine gesunde Rechte nach ihnen aus. »Mein Bruder!«, rief Pietro laut, und das Hämmern in der Werkstatt verstummte. Neugierige Gesichter tauchten hinter Pietro auf. Einige Gesellen und vor allem die Lehrlinge waren noch nicht lange bei den Paserini und kannten Armido, der drei Jahre in Rom gewesen war, nur aus den Erzählungen seiner Geschwister.
    Luisa spürte, wie ein Ruck durch Armido ging, der sich
verschämt räusperte, bevor er seinen älteren Bruder in die Arme schloss.
    Stolz klopfte Pietro ihm auf die Schulter. »Seht her, das ist Signor Armido. Er kommt aus Rom, wo er mit maestro Michelangelo gearbeitet hat! Wir alle können viel von ihm lernen!«
    Obwohl Tomaso halb hinter einer Säule verborgen stand, konnte Luisa die Missbilligung auf seinem Gesicht sehen. Ihr Schwager war klein und von unregelmäßigem Wuchs, die Arme waren muskulös, der knorrige Körper von der harten Steinbildnerei gestählt. Seine grauen Augen verengten sich, während er den Neuankömmling musterte. Er fürchtete dessen Konkurrenz, denn sicherlich würde von nun an Armido die Leitung der Auftragsgestaltung übernehmen.
    Ein anerkennendes Raunen ging durch die Werkstatt, doch Armido hob abwehrend die Hände. »Es tut mir leid, aber ich bin nur auf der Durchreise!«
    Pietro war die Enttäuschung anzusehen, während Tomaso triumphierend schnaufte und sich abwandte.
    »Na los, es gibt nichts zu sehen. Macht euch wieder an die Arbeit!«, scheuchte Pietro seine Leute zurück und legte dann Armido eine Hand auf den Arm. »Komm mit und erzähl, was dich zu uns bringt. Simonetta wird etwas zu essen bereithalten.«
    Armido wollte seinem Bruder die Stufen in den Hof hinunterhelfen, doch Pietro machte eine energische Handbewegung und wandte sich dem Karren zu, von dem Giuffredo gerade eine Kiste auf seine Schultern hob. »Hast du den Sand geprüft? Ist er fein und gut durchgesumpft?«
    »Ja, maestro .« Der kräftige Steinmetz grinste. »Deshalb schickt Ihr mich doch. Die hauen mich nicht übers Ohr. Einmal haben sie es versucht, aber meine Fäuste haben ihnen schon klargemacht, dass das keine gute Idee war …« Mit geübtem
Griff klemmte er einen kleinen Krug unter den freien Arm und ging ins Haus.
    »Guter Mann, ich bin froh, dass ich ihn habe. Tomaso hat drei Steinmetze mitgebracht, die mir nicht gefallen. Aber was soll ich machen …« Armido schlug mit seinem Stock gegen den Karren. »Ich bin ein Krüppel. Letzten Endes bin ich auf Hilfe angewiesen.«
    Der bittere Tonfall traf Luisa bis ins Mark. »O Bruder, sprich nicht so. Alle haben dich gern, und ohne dich würde die Werkstatt nicht funktionieren! Das weißt du ganz genau!«
    »Leistet Tomaso denn wenigstens gute Arbeit?«, fragte Armido, während sie quer über den Hof auf ein Nebengebäude zugingen, aus dem ihnen Düfte von Gebratenem entgegenwehten.
    Die Werkstatt der Paserini bestand seit vielen Generationen, und die Gebäude waren über die Jahre mitgewachsen, was sich in den nach und nach angestückten Wohnräumen zeigte. Das Kernstück war die Werkstatt, flankiert von zwei wenig ansehnlichen, aber zweckmäßigen einstöckigen Gebäuden. Auf der linken Seite lebten Pietro, Luisa und Simonetta mit Tomaso und den Kindern. Gegenüber waren der Stall, ein Lager und kleine Schlafräume für die Lehrlinge. Giuffredo wohnte zwei Straßen weiter mit seiner Frau, deren Eltern und fünf Kindern.
    Luisa machte eine vage Handbewegung. »Seine Entwürfe sind solide, aber nicht originell.«
    Sie standen vor der offenen Tür zum Wohnhaus der Paserini. Luisa nahm die Kappe ab und steckte sie in ihren Hosenbund. Über den weiten Hosen und einem unförmigen Hemd und Weste trug sie eine lange Lederschürze, die jegliche weibliche Form vor neugierigen Blicken verbarg. Simonetta rümpfte ständig die Nase über Luisas Verkleidung, und Tomaso ignorierte sie, soweit es möglich war. Augenblicke
wie heute Morgen, als Piccolominis Verwalter ihre Entwürfe gelobt hatte, machten Luisa glücklich und ließen sie die missgünstigen Blicke ihres Schwagers und Frotzeleien seiner Gesellen ertragen, die sie fast täglich über sich ergehen lassen musste.
    Aus dem schmalen Korridor vor ihnen ertönte Kindergeschrei, gefolgt von Fußgetrappel auf der Holztreppe. »Kommt sofort zurück, wir sind noch nicht fertig!«
    Luisa hörte den
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