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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers
Autoren: Markus Heitz
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keine Gebeine mehr auf dem Triglav. Die Bomben der Cadmos haben alles pulverisiert. Spätestens nach dem Abwurf der Brandbomben sind die Toten zu Asche verbrannt.« Er bekreuzigte sich. »Mögen sie Frieden finden.«
    »Amen«, sagte Grigorij aufrichtig. »Eines noch: Wie passt in all die Selbstlosigkeit und Aufrichtigkeit der Drachentöter denn der Verrat der Großmeisterin, die mit Gorynytsch in Edinburgh gemeinsame Sache machte? Wie hat die Öffentlichkeit darauf reagiert, nachdem die Zeitungen berichteten?«
    »Es stellte sich heraus, dass es sich dabei nicht um die echte Großmeisterin handelte. Wir haben Leas Leichnam an anderer Stelle gefunden. Gorynytsch benutzte gern seine eigenen Gefolgsleute, wie auf dem Michael's Mount, um die Umgebung zu täuschen.« Kattla sprach, als hätte er die Erklärung schon tausendmal abgegeben, sie klang eingeübt und leidenschaftslos. »Wir nehmen an, dass er Leida Havock absichtlich am Leben ließ, damit sie den scheinbaren Verrat mit anhörte und davon berichtete. Das Officium sollte in Misskredit geraten.«
    Die Tür öffnete sich. Ein langer, hagerer Mann betrat das Zimmer und wurde als Kleinhuber vorgestellt.
    »Haben Sie sich entschieden, Fürst?« Kattlas Zeigefinger legte sich auf den Deckel. »Sie müssen begreifen, dass Sie quasi eine moralische Verpflichtung haben, uns bei der Suche zu helfen. Stellen Sie sich vor, der Weltenstein fällt wieder in die Hände eines Mediums, wie es diese Sàtra war. Alles begänne von vorne.«
    Grigorij betrachtete das Kästchen. »Sie vergessen, dass die Formel mit ihr untergegangen ist.«
    »Aber sie wurde zuvor ausgesprochen. Vielleicht genügt es, wenn man den Weltenstein mit neuer Energie füttert? Und wir reden eben nicht nur von Gargoyles. Wir reden von Magie.« Kleinhuber legte die Hände zusammen und musterte ihn wie ein Lehrer seinen aufsässigen Schüler. »Das darf nicht sein. Und was, wenn er in die Hände eines Drachen geriete?«
    Grigorij sah über den Glasrand und fing Kleinhubers Blick. »Die Altvorderen sind doch vernichtet worden. Die rote Drachin wurde von einem Ihrer Gargoyles erschlagen, wenn ich richtig gehört habe?«
    Der Sekretär nickte – und wirkte dabei erschrocken.
    »Schauen Sie ihm nicht in die Augen«, mahnte Kattla scharf und leise.
    »Dann ist doch alles in bester Ordnung.« Grigorij stand auf. »Meine Herren, ich empfehle mich.«
    Der Erzbischof erhob sich. »Fürst, Sie müssen uns helfen!« Kleinhuber sprang auf und stellte sich vor die Tür.
    Langsam wandte sich der Russe um und betrachtete Kattla. »Oder sonst tun Sie was, Exzellenz? Hetzen Sie die Inquisition auf mich?«
    »Wenn es sein muss, ja.« Kattla reckte das Kinn. »Entweder sind Sie für oder gegen uns.«
    »Dann bin ich wohl gegen Sie.« Er drehte sich zu Kleinhuber, hob den Gehstock und schob den Mann mit dem Griff zur Seite. »Zu schade, dass ich dem Officium immer einen Schritt voraus sein werde.« Er drückte die Klinke hinab. »Sie wissen ja: Ich bin ein Hellseher.« Grigorij tippte sich an den Zylinderrand und spazierte hinaus, durchquerte die Halle und trat hinaus in die Frühlingssonne.
    Auf dem Marienplatz tummelten sich viele Menschen. Einheimische und Fremde streiften umher, saßen in den Cafés, liefen um die aufgebauten Marktstände und betrachteten die Auslagen. Man flanierte und genoss den Frühling.
    Grigorij setzte sich in Bewegung und verschmolz mit dem Strom. Wie er dahintrieb, so flossen auch seine Gedanken, bis er seinen schwarzen Horch am Straßenrand geparkt sah; er setzte sich in den Fond des Stadtcoupes. »Zum Bahnhof.«
    Das Automobil setzte sich in Bewegung.
    Er sah aus dem Fenster, nahm den Flachmann hervor und goss die grüne Flüssigkeit aus. Gefärbtes Wasser. Die anderen sollten ruhig denken, dass er sich immer noch von Absinth und Haschisch ernährte.
    »Es ist nach wie vor die Vision, Knjaz?«, wurde er gefragt.
    »Ja. Sie hat mich einfach sehr beunruhigt.« Er konzentrierte sich auf die Bilder, um jede Einzelheit zu erkennen. »Da war Arsenie, von ihren Brandwunden genesen, in einem dunklen Zimmer. Sie hat mit Auberts Schädel gespielt. Und gleich darauf habe ich diesen einäugigen, silbrigweißen Wurmdrachen gesehen, der einem seiner Sklaven eine Einladung an die Französin diktiert hat, sie doch einmal zu besuchen.«
    »Nichts Neues, Knjaz?«
    »Nein.« Er grübelte. »Aber seitdem frage ich mich, was diese Bilder sollten. Arsenie ist tot, nichts ist den Bomben entkommen – vielleicht ein Blick
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