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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers
Autoren: Markus Heitz
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in die Vergangenheit?« Grigorij polierte den Griff seines Stocks. »Und ich frage mich: Wenn zaubernde Drachen ein magisches Organ im Kopf haben, wie verhält es sich mit zaubernden Menschen?«
    »Das kann ich nicht beantworten. Dazu hätte man Madame Sàtra finden müssen, Knjaz.« Der Horch hielt neben dem Eingang zum Bahnhof an, Grigorij wurde die Tür geöffnet. »Wir sind da.«
    »Vielleicht sind es meine schlimmsten Ängste. Und wir wissen beide seit der Schlacht am Triglav, dass meine Visionen sich nicht immer erfüllen müssen.« Er schwang sich ins Freie und winkte einen Träger herbei. »Hören Sie doch auf, mich Knjaz zu nennen, Oberst Litzow.«
    Der Mann grinste, fuhr sich über den Schnurrbart und zwirbelte die Enden in die Höhe. »Es gebührt Ihnen. Ich halte es nur für sehr höflich. Außerdem haben Sie viel für einen alten Soldaten getan.«
    »Und ich bin geehrt, dass Sie bei mir mitmachen.« Grigorij lächelte ihn an und klopfte ihm auf die Schulter. »Kommen Sie, unser Zug wartet. Ihnen wird Ihre neue Aufgabe gefallen. Ich habe einen Luftschiffhangar in Cardington aufgetan, in dem Sie Zigarren bauen können, die doppelt so groß wie die Cadmos sind.«
    Der Hauptmann strahlte. »Das werde ich, Knjaz.«
    Sie schritten den Bahnsteig entlang, wandelten durch weißen Wasserdampf und stiegen in die Wagen der ersten Klasse, wo Grigorij zwei Abteile gemietet hatte. Er wünschte Litzow eine gute Fahrt und verschwand in seinem Abteil.
    »Du bist spät dran.« Silenas Stimme klang vorwurfsvoll. Sie saß neben dem Fenster, vor dem die Vorhänge zugezogen waren. »Ich dachte schon, das Officium hätte dich doch auf seine Seite gezogen.« Sie stand auf. In dem weißen Kleid sah sie unglaublich elegant aus. Der breitkrempige, geschwungene Hut in Beige verdeckte ihr Gesicht bis zum Kinn. Eine bessere Maskerade für sie, die Frau, die man ansonsten nur in Hosen gesehen hatte, gab es nicht.
    »Mich? Wo die schönste, klügste und beste Frau der Welt auf mich wartet?« Er nahm sie in die Arme, ihre Lippen trafen sich zu einem langen, liebevollen Kuss. Er öffnete die Augen und sah die Narbe an ihrem Hals, das Andenken an Pratiwin. »Niemals. Auch wenn ich sie in dieser Aufmachung kaum erkannt hätte.«
    Silena lachte. »Das geht hoffentlich allen so.« Sie nahm den Hut ab und legte ihn auf die Ablage.
    Grigorij löste sich von ihr und schlüpfte aus dem Gehrock, dann streifte er die Schuhe ab. »Ah, das wird eine lange Fahrt.«
    »Wir werden uns die Zeit schon vertreiben.« Silena grinste vieldeutig. Sie fühlte sich unglaublich erleichtert, das Officium verlassen zu haben. Es war kein Ort mehr, an dem sie sich geborgen gefühlt hätte. Das bedeutete für sie jedoch nicht, dass sie das Schlachtfeld verließ. Eine dritte Front wurde eröffnet, abseits von Drachentötern und Drachenjägern.
    »Nicht doch«, meinte Grigorij gespielt entsetzt. »Der gute Litzow ist direkt nebenan.« Er lockerte den Hemdkragen, öffnete den obersten Knopf und warf sich gegen sie; zusammen landeten sie auf dem weichen Polster. »Aber ich denke, er hört sowieso nicht mehr gut.« Wieder küssten sie sich. »Du siehst unbeschreiblich glücklich aus.«
    »Und es täuscht dich nicht.« Sie lächelte. »Es war eine gute Idee, mich auf dem Triglav sterben zu lassen.«
    Er hob den Zeigefinger. »Wir haben sie im Glauben gelassen, dass du gestorben bist. Ein feiner Unterschied«, verbesserte er ernst. »Wie gut, dass mir in Kiew noch einige Leute einen Gefallen schuldeten.« Grigorij fuhr mit dem Finger über ihren Nasenrücken. »Bereust du es nicht, das Officium verlassen zu haben?«
    »Ich habe kein Vertrauen mehr. Lieber jage ich die Drachen auf eigene Rechnung und im Namen meines Vorfahren.« Silena betrachtete liebevoll sein Gesicht. Dann schluckte sie, denn sie spürte etwas Furcht vor der Frage, die sie ihm zu stellen gedachte. »Willst du mich heiraten, mein Fürst?«
    Er lachte auf. »Du bist unglaublich. Das wollte ich dich fragen.«
    »Ich weiß. Deshalb bin ich dir zuvorgekommen.« Sie schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn zu sich herab. »Deine hellseherischen Fähigkeiten färben auf mich ab.«
    »Ach ja?«
    »Ja«, neckte sie ihn. »Ich sage dir voraus, dass wir viele Kinder haben werden. Lauter kleine Drachentö… Drachenvernichter.«
    Er lächelte. »Natürlich will ich, Silena. Dann bekommst du endlich einen Nachnamen. Und einen fürstlichen Titel.« Grigorij küsste zärtlich ihre Narbe, und sie erschauderte, fuhr
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